Im September letzten Jahres kam eine Studie der Universität Princeton
zu dem Ergebnis, dass die USA von starken Wirtschafts-Organisationen sowie einer
kleinen Zahl einflussreicher Amerikaner regiert wird und die Mehrheit der Amerikaner
nur geringen bis gar keinen Einfluss auf die US-Politik hat. Die Studie
mit dem Titel "Testing Theories of American Politics: Elites, Interest
Groups, and Average Citizens" von Martin Gilens und Benjamin I. Page widerlegt,
dass die US-Politik nach dem Willen des Volkes handelt und steht in Widerspruch
zu den US-geführten Kriegen unter dem Label der Demokratie.
Anders
gesagt: die USA sind keine Demokratie (mehr?), sondern eine Oligarchie, eine
Staatsform in der eine kleine Gruppe die politische Herrschaft ausübt.
Diese Erkenntnis drang auch bis zu Ulf Röller, Auslandskorrespondent und
verantwortlicher Leiter des ZDF-Studios in Washington DC, durch. Am 07. August
2015 sendete das heute-journal seinen kritischen Beitrag "Gekauft: Die
Milliardäre und der US-Wahlkampf" über den Einfluss der Oligarchen
Charles und David Koch auf die US-Politik. Eine knappe Milliarde Dollar wollen
die beiden Brüder für den bereits angelaufenen Präsidentschaftswahlkampf
2016 ausgeben, "um einen Republikaner im Weißen Haus zu platzieren",
heißt es in dem dreiminütigen Bericht von Ulf Röller. Und "natürlich
zahlen sich die Spenden aus", sagt Norm Ornstein von der US-Denkfabrik
"American Enterprise Institute" in einem Ausschnitt des Beitrags.
Insgesamt brachte der Bericht dem ZDF im Nachgang wohl zu viele kritische
Fakten über das US-System und die Kochs, die hunderte US-amerikanischer
Politiker finanzieren sollen, denn der Beitrag wurde aus der ZDF-Mediathek gelöscht,
genauer gesagt herausgeschnitten und durch eine Einspielung über Flüchtlinge
vom Balkan ersetzt. Ulf Röller schreibt auf twitter, dass das ZDF keine
Internetrechte für das "fox-news-material" hatte. Dreißig
Sekunden waren die Bilder von Fox zu sehen. Das ZDF hätte die entsprechende
Stelle ausblenden oder die Rechte von Fox erwerben können. Die Behauptung
ist fragwürdig, da dass ZDF diverse andere Beiträge mit Material von
Fox, wie in dem Bericht "TV-Duell - oder die große Trump-Show?"
vom 06. August 2015 in seiner Mediathek listet. "Möglicherweise ist
die ganze Begründung jedoch auch nur vorgeschoben, denn Zitatrecht und
Fair Use-Regeln erlauben normalerweise das Einbetten von Videoschnipseln anderer
Sendeanstalten in eigene Beiträge", schreibt RTDeutsch.
Im
Fall um den Beitrag von Ulf Röller besteht der Eindruck, dass das ZDF eine
rote Linie überschritten und kurz darauf, ob von sich aus oder auf Druck
von außen, politische Selbstzensur begangen hat. Bemerkenswert ist,
dass kein anderes deutsches Leitmedium die US-Oligarchie als solche bezeichnet
oder über die ZDF-Zensur berichtet. In seinen besseren Zeiten, im Mai 1965,
zitierte der Spiegel Paul Sethe, Journalist und Mitgründer der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung, mit den Worten: "Pressefreiheit ist die Freiheit von
zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten."
Da sich
die Umstände durch Kommerz und Medienkonzentration seither eher verschlechtert
haben, hat der geschickte, um seinen Arbeitsplatz bangende und in der Regel
der letzten Jahre zu den "working poor" zählende Journalist -
nach Kurt Tucholsky - eine Waffe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern: "das
Totschweigen". Für Karrieresprünge bleibt die Möglichkeit
sich zu verkaufen. Noch deutlicher drückte sich John Swinton, ehemaliger
Journalist der New York Times aus: "Die Aufgabe der Journalisten ist
es, die Wahrheit zu zerstören, gerade heraus zu lügen, zu verdrehen,
zu verunglimpfen, vor den Füßen des Mammons zu kuschen und sein Land
und seine Rasse um sein tägliches Brot zu verkaufen. Sie wissen es
und ich weiß es. Was für eine Narrheit ist dieses Trinken auf eine
unabhängige Presse!"
Im Kampf um die öffentliche Meinung
steht - das noch immer besetzte - Deutschland, und mit ihm das öffentlich-rechtliche
ZDF, als eine der größten Sendeanstalten Europas, wie die Erfahrungen
aus der NSA-Überwachung zeigen, bedingungslos an der Seite des US-Imperiums.
Ein Beitrag über die antidemokratischen Strukturen in den USA geht im Kampf
um die Köpfe offensichtlich zu weit in die falsche Richtung. Die US-Botschaft
veröffentlichte in diesem Monat eine Stellenausschreibung zur "Unterstützung
der Public Relations". Genauer gesagt geht es um "die Entwicklung
von Kampagnen in den Sozialen Medien zu verschiedenen Themenbereichen sowie
die Beobachtung externer Blogs und Plattformen sozialer Medien".
Auf
Stellenbeschreibungen dieser Art kann sich jeder seinen eigenen Reim machen.
Der Philosoph René Descartes meinte jedenfalls: "Wenn auch die
Fähigkeit zu täuschen ein Zeichen von Scharfsinn und Macht zu sein
scheint, so beweist doch die Absicht zu täuschen ohne Zweifel Bosheit oder
Schwäche."