Ein Weckruf für Europa!

Madimak, der Film nach einer wahren Begebenheit zeigt das Spannungsverhältnis zwischen säkularen und islamistischen Lebensentwürfen - Ein Weckruf für Europa!

Wer das Spannungsverhältnis zwischen säkularen und islamistischen Lebensentwürfen besser verstehen möchte, sollte sich den Film Madimak, welcher nach einer wahren Begebenheit handelt, in den österreichischen Kinos ansehen. Bei einem Kulturfestival zu Ehren des Dichters Pir Sultan Abdal im Sommer 1993 in Sivas erklärte der türkische Schriftsteller Azia Nesin öffentlich, er halte einen Großteil der türkischen Bevölkerung für "feige und dumm", da sie nicht den Mut hätten, für die Demokratie einzutreten.

Dies und die Übersetzung und teilweise Veröffentlichung des für Muslime ketzerischen Romans "Die satanischen Verse" von Salman Rushdie führten dazu, dass sich vor allem islamistisch-faschistische Kreise provoziert fühlten. Am 2. Juli 1993 versammelte sich eine aufgebrachte Menschenmasse (die Anzahl der Personen wird auf 20.000 geschätzt) nach dem Freitagsgebet vor dem Madımak-Hotel in Sivas, in dem Aziz Nesin, aber auch alevitische Musiker, Schriftsteller, Dichter und Verleger logierten. Mitten aus der wütend protestierenden Menschenmenge wurden schließlich Brandsätze gegen das Hotel geworfen. Da das Hotel aus Holz gebaut war, breitete sich das Feuer schnell aus. Dabei verbrannten 35 Menschen; der Autor Aziz Nesin, dem laut einigen Angaben der Anschlag in erster Linie gegolten hatte, überlebte jedoch leicht verletzt. Wegen der wütenden Menschenmenge draußen vor dem Hotel konnten die Bewohner des Hotels nicht ins Freie, bis sie schließlich vom Feuer eingeschlossen waren.

Der Film Madimak skizziert die Tage vor dem Brandanschlag und das Zusammenspiel mit Teilen der Politik, der Behörden und der Sicherheitskräfte, welche durch ihre bewusste Untätigkeit, die Menschen dem aufgebrachten Mob und dem sicheren Feuertod überließen.

Bezeichnend ist, dass selbst zwanzig Jahre danach die türkische Politik noch immer nicht soweit ist, die schrecklichen Ereignisse aufzuarbeiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Was die gegenwärtige Politik jedoch, innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, die Diskussion darüber zu entfachen, ob der Film in der Türkei überhaupt flächendeckend gezeigt werden soll.

Konkret zum Film und seiner Handlung: 1993: Madimak - Carinas Tagebuch:

Carina Cuanna ist eine 22-jährige junge Holländerin und Anthropologie-Studentin. Im Juli 1993 fliegt sie in die Türkei, um an ihrer Arbeit über "Die gesellschaftliche Stellung der türkischen Frau’" zu schreiben. Zusammen mit ihrer Freundin Maryze recherchiert sie über türkische Frauen in Holland, um innerhalb der nächsten fünf Monate die gesammelten Daten miteinander zu vergleichen und die Arbeit vorzubereiten. Sie lernen Herrn Rahmi kennen, Beauftragter der Ausländerbehörde, und erklären ihm ihr Vorhaben. Herr Rahmi bespricht diese Situation mit seiner Familie und schickt Carina zu ihr nach Ankara. Da auch seine Familie zuvor in Holland gelebt hat, konnte sich Carina schnell dort einleben und für sie beginnt eine schöne Zeit. Ein paar Tage später lernt sie seine Nichten Yasemin und Asuman kennen. Die beiden Geschwister bereiten sich auf das 4. Pir Sultan Abdal Festival in Sivas vor, das in zehn Tagen stattfinden soll.
Da Carina die Projekte von Yasemin und Asuman interessant findet, beginnt sie viel Zeit mit ihnen zu verbringen. Sie macht Notizen und beginnt mit ihren Interviews. Alles verläuft so, wie sie es sich gewünscht hat. Als der besagte Tag endlich kommt, begibt sich Carina mit ihren Freunden auf den Weg nach Sivas. Am ersten 1. Juli erreichen sie Sivas. Carina macht Fotos und lernt die Besucher des Festivals kennen.
Am nächsten Tag, am 2. Juli, beginnt die Stimmung zu kippen. Eine fundamentalistische Gruppe behauptet, am Festival von Aziz Nesin teilnehmen zu wollen, beginnt stattdessen aber zu demonstrieren. Zunächst versammeln sie sich am Festivalplatz, dann vor dem Gouveneursgebäude und anschlieβend begeben sie sich zum Hotel Madimak. Stundenlang erhitzt sich die Stimmung, immer mehr Menschen versammeln sich und anschlieβend wird das Hotel in Brand gesetzt. Nach einem langen Überlebenskampf sterben die sich dort befindenden Studierenden, Berichterstatter, Journalisten, Künstler, Intellektuellen, und die holländische Besucherin Carina, deren einzige Schuld es war, die Türkei in ihr Herz geschlossen zu haben.

Regie: Ulaş Bahadır, mit Denise Ankel, Füsun Demirel, Rıza Akın u.v.a.
Trailer: