Da speicheln die Vorstände der Immobilien-Konzerne: Eine Million
Flüchtlinge sollen am Ende des Jahres in Deutschland angekommen sein. Und
alle brauchen auf Dauer eine Wohnung. Während die Groß-Koalitionäre
noch Scheingefechte um "Transitzonen" oder "Einreisezentren"
führen, kämpfen in der ökonomischen Wirklichkeit die Miethaie
um die fetten Happen: Der Immobilienkonzern "Vonovia SE" (370.000
Wohnungen) hat seinen Aktionären einen Gewinnsprung angekündigt, auch
weil er eine feindliche Übernahme der "Deutsche Wohnen AG" (140.000
Wohnungen) plant. Mehr als eine halbe Million Wohnungen sollen in einem Profit-Center
zusammengeführt werden. Schon seit Jahren steigen die Mieten in den großen
Städten. Bald werden die Städte noch größer sein. Und die
Mieten höher. Und noch höher die Profite.
Begonnen hatte
alles mit der als genial verkauften Idee, nach der die Privaten alles besser
können als der Staat. Denn die "Vonovia" war mal die "Deutsche
Annington". Die wiederum ist eine deutsche Ausgeburt der britischen "Annington
Homes", einer Geld-Scheffel-Anlage, die 1969 im Zuge der Privatisierung
vom britischen Verteidigungsministerium rund 40.000 Häuser und Wohnungen
der Streitkräfte erwarb. So begann dann auch der deutsche Zweig seinen
Aufstieg mit staatlichen Wohnungen: Man erwarb 11 Eisenbahn-Wohnungsgesellschaften
des Bundeseisenbahnvermögens mit insgesamt 65.000 Wohnungen. Wer jetzt
denkt: Eisenbahnerwohnungen, da war doch was mit der CDU? Der denkt nur halb
falsch. Zwar hat die Hamburger Familie Ehlerding mal 5,9 Millionen-Mark an die
CDU gespendet und fast zeitgleich 112.600 Eisenbahnerwohnungen für ihre
Firma WCM günstig kaufen können. Aber dieser Laden ging erst später
in den Besitz eines "Vonovia"-Vorläufer über.
Nach
den ersten Eisenbahnerwohnungen ging es bei der späteren Vonovia mit staatlichem
oder halbstaatlichem Eigentum munter weiter: 2003 kaufte man die Heimbau AG
in Kiel mit rund 10.000 Wohnungen. Im Dezember 2004 wurden 4.500 ehemalige Werkswohnungen
von RWE gekauft. Und im Mai 2005 übernahm der Konzern die Viterra AG mit
152.000 Wohnungen. Zumeist wechselten solche Wohnungen den Besitzer, die einst
über die staatliche Wohnungsbauförderung erbaut wurden, oder, wie
bei der Viterra AG, vormals einem staatlichen Konzern, zum Beispiel der VEBA
gehörten. Die Vonovia will jetzt ausgerechnet mit der "Deutsche Wohnen
AG" fusionieren. Die wurde 1998 von der Deutschen Bank AG gegründet.
Den Grundstock bildeten Wohnimmobilien, die vom Bundesland Rheinland-Pfalz erworben
wurden. Die profitabelste Erwerbung war dann später die Berliner GSW Immobilien
AG die rund 61.000 Wohneinheiten besaß. Dieser Schnellverkauf kommunalen
Eigentums wurde 2004 von der SPD-PDS-Koalition über die Bühne gebracht.
Spätestens mit diesem Verkauf verlor der Vorläufer der Linkspartei
seine Unschuld und das Land Berlin ein wesentliches Element zur Steuerung der
Wohnungspolitik.
Schon oberflächliches Kratzen an deutschen Konzerngeschichten
führt regelmäßig auf die braune Spur: So steckt in der Vonovia-AG-Schachtel
auch die GAGFAH. Deren Wohnungen waren vor 1933 im Gewerkschaftsbesitz und gingen
nach der Machtübernahme des NS-Regimes und dem Verbot der Gewerkschaften
in den Besitz der Deutschen Arbeitsfront (DAF) über. Nach dem Krieg scheiterten
alle Versuche der Gewerkschaften, im Zuge der Restitution von beschlagnahmten
Gewerkschaftsvermögen diese wertvolle Gesellschaft zurückzuerhalten.
Die WCM - hinter deren Namen sich ebenso günstig erworbene Eisenbahnerwohnungen
wie eine saftige CDU-Parteispende verbergen - ist zwar heute im Besitz der Vonovia,
gehörte aber in der Nazi-Zeit den I. G. Farben, jenem Monster-Konzern,
der den Nazis den Weg an die Macht ebnete und der dann folgerichtig auch Zyklon
B produzierte: Das praktische Gift zur Ermordung von KZ-Insassen.
Angesichts
der Fusion der beiden größten deutschen Wohnungsbaukonzerne sorgt
sich Stefan Kofner, Professor für Immobilienwirtschaft im Deutschlandradio
recht vornehm: "Man kann eigentlich sagen, dass alle börsennotierten
Wohnungsunternehmen oder auch die von Finanzinvestoren gesteuerten Wohnungsunternehmen
Mieterhöhungsspielräume, die der Markt und das Mietrecht bieten, auch
ausnutzen."
Sie wollen ja nur spielen, ihre Spielräume
ausnutzen, die Konzerne, die nicht am Wohnen, nur am Profit aus Wohnungen interessiert
sind. Unter der Merkelschen Fahne vom "Wir schaffen das", bewegen
sich längst die Anschaffer, die Profiteure, die auf staatliches Geld für
die dringend nötigen Neubauten spekulieren. Und der aktuelle Staat
wird sich diesem Kreislauf nicht verschliessen: Mit Schleuderverkäufen
von staatlichem Wohneigentum hat es begonnen, mit frischem Staatsgeld für
die neuen Wohnhäuser soll es weitergehen. Denn der Markt, so wissen seine
Apologeten, braucht nur eine schöne Anschubfinanzierung aus Steuergeldern,
dann klingelt es in der Kasse. So haben die Kriege in den Fluchtstaaten auch
eine produktive Seite: Was dort zerstört wird, kommt dem Bau in den Verursacher-Staaten
zugute. Ach ja: Der Name "Vonovia" soll "neues Wohnen" bedeuten.
Für "Neues Geld" hat sich in der Schnelle keine lateinische Übersetzung
finden lassen.