Der Deutsche Bundestag hat heute mit 360 von 602 abgegebenen Stimmen
ein Verbot der sogenannten "geschäftsmäßigen Sterbehilfe" beschlossen.
"Ein schwarzer Tag für Deutschland, insbesondere für schwerstleidende
Menschen!", kommentierte dies der Berliner Arzt und Sterbehelfer
Uwe-Christian Arnold. Die Giordano-Bruno-Stiftung, in deren Beirat sich
Arnold engagiert, kündigte direkt nach der Abstimmung eine Klage an, die
man im Notfall auch auf der europäischen Ebene führen werde. "Dieses
Gesetz wird vor Gericht keinen Bestand haben!", gab sich gbs-Sprecher
Michael Schmidt-Salomon optimistisch, wobei er auf die Resolution der deutschen Strafrechtslehrer verwies, die sich bereits vor Monaten entschieden gegen ein Verbot der professionellen Freitodbegleitung ausgesprochen hatten.
Nach am
6.11. beschlossenen Gesetz, das unter der Hand auch die
Bezeichnung "Lex Arnold" trägt, wird Uwe-Christian Arnold
schwerstleidenden Menschen künftig nicht mehr die Unterstützung geben
können, die er in seinem Buch "Letzte Hilfe - Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben" ausführlich
beschrieben hat. Die "Kampagne für das Recht auf Letzte Hilfe" hatte
das Buch schon im vergangenen Jahr allen Bundestagsabgeordneten
zugeschickt. "Es kann also niemand behaupten, er hätte nicht gewusst,
was auf dem Spiel steht", sagte Schmidt-Salomon. "Durch das heute
beschlossene Gesetz werden schwerstleidende Menschen noch größere
Hemmungen haben, mit ihrem Arzt oder ihren Angehörigen über ihre
Sterbenswünsche zu sprechen. Daher müssen wir damit rechnen, dass
künftig noch mehr Menschen in harte Verzweiflungssuizide getrieben
werden, sich erhängen, vergiften, erschießen oder vor Züge werfen. Für
viele, die von ihren Ärzten vor Ort alleingelassen wurden, waren
Sterbehelfer wie Uwe-Christian Arnold ein Hoffnungsschimmer. Allein die
Aussicht, selbstbestimmt sterben zu können, half ihnen, mit ihrem Leid
besser zurechtzukommen. Diese Hoffnung hat der Deutsche Bundestag den
Menschen nun genommen."
Schmidt-Salomon bezeichnete die beschlossene Regelung,
Angehörigen Freitodbegleitungen zu erlauben, Sterbehilfeorganisationen
und ärztlichen "Wiederholungstätern" jedoch zu verbieten, als
"juristisch absurd": "Es gibt kein vernünftiges Argument, das eine
solche Abgrenzung rechtfertigen könnte. Normalerweise verlangen wir ja
gerade in Situationen, in denen es um Leben und Tod geht, die
Anwesenheit von Experten, die genau wissen, was sie tun. Nur bei der
Sterbehilfe soll es exakt umgekehrt sein. Hier sollen ausgerechnet Laien
ohne Fachwissen und ohne Transparenzkriterien das tun dürfen, was
Experten verboten ist. Offenbar hat die Mehrheit der Parlamentarier
überhaupt keine Ahnung, in welche Notsituationen sie schwerstleidende
Menschen und ihre Angehörigen damit bringen! Ausgerechnet im Moment der
größten existentiellen Bedrängnis sollen sie alleingelassen werden und
sich nicht an professionelle Helfer wenden dürfen! Dadurch steigt nicht
nur die Wahrscheinlichkeit von Kurzschlussreaktionen, es ist auch zu
befürchten, dass die Betroffenen völlig ungeeignete und weiteres Leid
verursachende Mittel wählen werden, um ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Wer solch hohe menschliche Kollateralschäden für ein völlig unnötiges
Gesetz, dessen Fehlen in den letzten 140 Jahren niemand bemerkt hat, in
Kauf nimmt, handelt ethisch und politisch unverantwortlich!"
Schmidt-Salomon wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass durch
das neue Gesetz gleich zwei Beiräte der gbs direkt betroffen seien -
neben Uwe-Christian Arnold auch Ludwig A. Minelli, der Gründer und
Vorsitzende von Dignitas Schweiz
und Dignitas Deutschland. "Wir werden uns zusammensetzen und die
geeigneten juristischen Schritte besprechen.
Die Mehrheit des Parlaments
hat sich gegen 80 Prozent der deutschen Bevölkerung und zugunsten einiger weniger Lobbyisten, nämlich der Großkirchen, der Pharmaindustrie und der Klinikbetreiber, entschieden. Dies ist ein politischer Skandal, den wir nicht widerstandlos hinnehmen werden."