Die Facetten der Religion sind vielfältig. Sie hat philosophische, ideologische, politische und spirituelle Aspekte, und sie basiert auf diversen Schwächen der menschlichen Natur. In der Praxis leisten Menschen im Namen der Religion Hilfe. Dabei kommt ein unterschätztes Feature der Religion zum Vorschein. (Bild: Der Peanut-Gott mit Rock hoch und Heiligenschein ist in Wirklichkeit ein Schnuller von ClkerFreeVectorImages, pixabay)
Nach der Aufklärung und dem Höhenflug der Wissenschaft hat die Religion
eigentlich abgewirtschaftet. Religiöse Gefühle sind materiell begründet
und können durch Hirnstimulation ausgelöst werden. Götter sind als
Ausgeburten menschlicher Phantasie erkannt, benannt und gebannt. Nichts
von den Gottesbeweisen und -offenbarungen hat einer objektiven
Überprüfung standgehalten. Die Religion hat null Erklärungskraft, ihre
Schöpfer-Argumentation ist ein logischer Widerspruch. Nichts kann
aus sich selbst heraus entstehen, also hat ein Schöpfer die Welt gemacht
– aber wer schuf den Schöpfer? Und falls doch etwas aus sich selbst
heraus entstehen kann - etwa ein Schöpfer -, dann kann das auch die
Welt.
1) Philosophischer Grund: Welterklärung
Wie man's auch dreht und wendet, in den Gefilden von Vernunft und
Verstand haben Götter und Religionen als Welterklärung ausgedient. Sie
liefern ein Fundament so fest wie Zuckerwatte, sie sind so wahr wie
Werbung und haben soviel Sinn wie Wahnsinn. Der erste Grund für den
Glauben ist damit obsolet geworden. Trotzdem hält sich die Religion zäh
am Leben. Unsere Regierung*) ist komplett religiös kontaminiert, der
Bundestag in überwiegenden Teilen. Über den Menschenrechten, die dort
eigentlich vertreten werden sollen, steht klar der Gottesgehorsam. Oft
ist's der Gott Mammon; bei der Sterbehilfe war's der liebe Foltergott.
*)
Anm. atheisten-info: die BRD-Regierung ist tatsächlich um 50% religiöser
als die BRD-Bevölkerung - bei der Regierungsangelobung der BRD-Minister
2013 haben alle Regierungsmitglieder einen Meineid schworen, sie sagten nämlich "ich gelobe,
so wahr mir Gott helfe", wahr ist es aber, dass ihnen kein Gott hilft.
2) Ideologischer Grund: Repressionsinstrument
Im Mittelalter wurde der Glaube zur Repression instrumentalisiert, und
wo das noch der Fall ist, herrscht noch das Mittelalter. Ansonsten wurde
die Unterdrückung durch Verdummung abgelöst. In der modernen Welt
entfällt damit der zweite Grund für die Religion großteils, denn um das
Verdummungsmonopol wird von allen Seiten her gerangelt, von Politik,
Werbung, Kunst, Kommerz, Sport …
3) Politischer Grund: mir san mir
Nun ist der dritte Grund für die Religion auch am Wegbrechen.
Traditionellerweise dient die Religion zum Ausgrenzen Andersgläubiger.
Doch der mir-san-mir-Effekt lässt nach – warum? Aus Nächstenliebe kann's
eigentlich nicht sein, wo doch Regierung und Parlament höchstens
Bankenliebe bewiesen haben. Dass es Fremdenliebe ist, sei den
Wohlmeinenden zugestanden, aber dahinter schimmert doch politisches
Kalkül durch: Dass das Ausgrenzen Andersgläubiger nicht mehr gilt,
dürfte ein Zeichen dafür sein, wie schlimm der Unglaube eingeschätzt
wird. Also der Zusammenschluss mit Andersgläubigen gegen die Freidenker
und das Säkulare. Lieber anders verdummt als vernünftig.
4) Sonstige Gründe: menschliche Features
Der vierte Grund ist eine Sammlung von menschlichen Eigenarten:
1.
die menschliche Einbildungskraft. Wenn der Mensch glaubt, es ist ein
Wirkstoff drin, kann die Täuschungskraft des Placebo-Effekts Wirkung
erzeugen, wo gar kein Wirkstoff ist. Genauso können Götter wirken, ohne
zu existieren.
2. der menschliche Denkfehler, den Zufall als Absicht zu missdeuten. So,
wie der Mensch in den Wolken Gesichter erkennt, so meint er in
zufälligen Abfolgen kausale Zusammenhänge zu sehen. Was der Mensch nicht
erklären kann, hat eben Gott gemacht.
3. das menschliche Verlangen nach einer schützenden Hand. Wen die Last
des Lebens schwer drückt, der mag sich nach einer Vatergestalt sehnen,
die ihn wieder zum unbelasteten Kind werden lässt. Das kann bis zur
masochistischen Unterwerfung und zum Sklaventum führen; die Bedürfnisse
sind weit gefächert.
4. das menschliche Streben nach Gerechtigkeit, wenn schon nicht auf Erden, dann wenigstens im Himmel.
5.
die menschliche Liebe zum Spirituellen, Sakralen und Weihevollen.
Viele Menschen mögen Kirchenmusik, auch ohne gläubig zu sein. Dasselbe
gilt für religiösen Pomp & Zeremonien, da weint es sich so schön.
6. das menschliche Bedürfnis nach Gemeinsamkeit und Miteinander, gerade
in einer Zeit, wo die Familien schrumpfen. Dafür leisten die Kirchen
das, was auch Clubs und Vereine leisten.
7. die menschliche Hilfsbedürftigkeit. Viele gläubige Menschen tun Gutes
und leisten echte Hilfe. Andere leisten Placebo-Hilfe, indem sie die
Hilfsbedürftigen zum Beten & Hoffen anstiften.
Unterschätztes Feature
Im letzteren liegt das meistunterschätzte Feature der Religion. Es
ermöglicht normalen Menschen, ohne viel Aufopferung viel Hilfe zu
leisten. Als Religionsfreie müssten sie sagen, hör mal, bloß weil ich nett zu dir war, mag ich nicht die ganzen Lasten übernehmen, die du nicht tragen kannst. Mit Religion sagen sie, bete zu Gott, und nach Gottes Willen wird dir geholfen. Dann hat nämlich der vermeintliche Gott die Hilfsbedürftigen an der Backe und nicht der Helfer.
Mit dem Gott kann er die Hilfesuchenden ruhigstellen. Gott als
Schnuller für Erwachsene. Das bringt's, denn es ist ein
Alleinstellungsmerkmal für die Götter- und Geister-Branche. Humanisten
verfügen nicht über solche Möglichkeiten und tun sich deshalb schwerer
mit Hilfeleistungen. Der Umstieg von religiös zu humanistisch ist auch
deshalb so schwer.
Links dazu:
Göttliches Ablaufdatum überschritten
Von der Notwendigkeit eines globalen menschlichen Ethos’
Religion richtet schweren Schaden an
Emanzipation von der Religion Überbau der Schuldzuweisungen
Das Ethosdefizit 1. Schuldzuweisung an die Religion
Die Lügenkultur 2. Schuldzuweisung an die Religion
Die Übervölkerung 3. Schuldzuweisung an die Religion