Zum österreichischen Integrationsplan

Presseaussendung der Initiative Religion ist Privatsache vom 19-10.2015

50-Punkte Integrationsplan:
Populistische Schikanen, alte Hüte und noch mehr Religion

Als pro-religiös, diskriminierend und vor allem unsachlich beurteilt die "Initiative Religion ist Privatsache" breite Teile des von Integrationsminister Sebastian Kurz präsentierten "50-Punkte Plan" zur Integration von Asylberechtigten.

Kurz' späte Erkenntnis, dass von Religion auch Gefahren ausgehen, ist zwar zu begrüßen, verfassungsrechtlich bedenkliche Strafmaßnahmen, die hauptsächlich dem Stimmenfang im rechten Lager dienen sollen, werden aber strikt abgelehnt. Insbesondere die Forderung von Kurz, ausgerechnet Jugendliche, die KEINEN Religionsunterricht besuchen, mit einem verpflichtenden Besuch eines Ethikunterrichts zu bestrafen, stößt bei der Initiative auf Unverständnis.

"Wenn Kurz vor dem Hintergrund der verheerenden Anschläge in Paris die Einführung eines Strafethikunterrichtes für Religionsverweigerer als Mittel gegen Radikalisierung präsentiert, so segelt er natürlich unter falscher Fahne. Er missbraucht nämlich die weitverbreitete Verunsicherung um der besorgten Öffentlichkeit alte ÖVP-Hüte unterzujubeln. Religion ist mittlerweile aber nicht die Lösung sondern ein Teil des Problems. Nur ein flächendeckender Ethikunterricht für alle Schüler, ungeachtet ihrer Herkunft oder Weltanschauung, wäre dazu geeignet, einen Beitrag zur Integration zu liefern", meint Initiative-Sprecher Eytan Reif.

Sehr verwundert zeigt sich Reif auch hinsichtlich der Mitarbeit von Heinz Faßmann am präsentierten Papier: "Von Integrationsminister Kurz, der nebenbei auch Schutzpatron des saudischen König-Abdullah-Zentrums ist, ist man schon einiges an leeren Worthülsen und Scheinprojekten gewöhnt. Dass ein angesehener Universitäts-Vizerektor aber allen Ernstes meint, dass Kinder und Jugendliche muslimischer Herkunft ausgerechnet über den islamischen Religionsunterricht Werte wie Menschenrechte, Toleranz und Demokratie vermittelt bekommen sollten, ist erschreckend. Kann es sein, dass sowohl Kurz als auch Faßmann entgangen ist, dass in Brüssel, wo der radikale Islamismus wie vermutlich in keiner anderen europäischen Stadt zuhause ist, die überwiegende Mehrheit der Schüler längst ihre 'ethische Erziehung' über den islamischen Religionsunterricht bezieht?".

Wenig beeindruckt vom heute präsentierten Programm zeigt sich auf Anfrage auch Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen: "Der Ruf nach Werteschulungen ist eine populistische Beruhigungspille, die Scheinaktivität vortäuscht. Kurz suggeriert, es gäbe spezielle österreichische Werte, an die sich Zugewanderte halten müssten. Dabei geht's um allgemeine zivilisatorische Werte und Errungenschaften wie Menschenrechte, Gleichstellung Mann und Frau, Demokratie, etc. Kurz täte gut daran, auf deren Umsetzung im eigenen Land und in den eigenen Reihen zu schauen, anstatt Flüchtlinge mit Pseudoschulungen zu schikanieren. Als Mittel zur Förderung der Integration fordern wir schon seit Jahren die flächendeckende Einführung eines überkonfessionellen Ethik- und Religionenunterrichts für alle SchülerInnen. Dieses Vorhaben wurde bisher aber stets seitens der ÖVP blockiert. Eine seriöse Integrationspolitik sieht definitiv anders aus."