Tanmoy K. ist Freidenker, Atheist und Humanist. Weil er über seine
Überzeugungen bloggt, bedrohen religiöse Extremisten ihn in seiner
Heimat Bangladesch mit dem Tod. Mit Hilfe des Humanistischen Verbandes Bayern
gelangen ihm und seiner Frau nun rechtzeitig die Ausreise nach Deutschland.
"Auf
dem Papier ist Bangladesch ein säkularer Staat", sagt Tanmoy K., "doch
in der Realität zählt das wenig." Gerade in Chittagong, der großen
Hafenstadt, in der K. zuletzt als Ingenieur arbeitete, wimmelt es vor religiösen
Fundamentalisten. Und die nahmen K. bald ins Visier. Warum? Seit 2009 schrieb
der 31-Jährige regelmäßig auf seinem Blog über Wissenschaft
und Technik, Humanismus, Demokratie und ein säkulares Gemeinwesen. Er schrieb
über islamisches Bankwesen, das für ihn nur ein Etikettenschwindel
ist, er trat ein für die Gleichberechtigung von Frauen und das Ende religiöser
und ethnischer Diskriminierung.
Wegen seiner so geäußerten
Überzeugungen gelangte K. auf eine Todesliste des berüchtigten jihadistischen
Ansarullah Bangla Team (ABT). Demokratie und Meinungsfreiheit gelten dem
mittlerweile verbotenen ABT wenig, gegen die Freiheit des Wortes setzen es und
andere, nicht minder gefährliche Gruppen wie Ansar ul-Islam die "Freiheit
unserer Macheten". Was sie damit meinen, ist nichts anderes als blanke,
brutale Gewalt. Insgesamt zwölf Morde an säkularen Bloggern hat es
seit 2013 gegeben. Manche wie der prominente Avjit Roy wurden auf offener Straße
mit Macheten zu Tode gehackt. Ein Ende der Mordserie scheint nicht in Sicht.
In
den vergangenen Monaten spitzte sich die Bedrohungslage immer weiter zu.
K. fühlte sich unter ständiger Beobachtung, konnte sich als einziger
Verdiener der Familie aber auch nicht völlig zurückziehen. "Die
ständige Angst, jemand könnte dich plötzlich von hinten mit Macheten
angreifen, ist grauenhaft. Das ist kein Leben." An die Polizei wenden wollte
er sich nicht, denn diese gibt sich kaum Mühe, säkular und offen humanistisch
denkende Bürgerinnen und Bürger zu schützen. In offiziellen Erklärungen
betonen Beamte stattdessen immer wieder, dass auch die Blogger in ihren Augen
"Extremisten" seien, gegen die sie vorgehen wollten.
Ende
Oktober gelang Tanmoy K. in einem Zustand größter Gefahr mit seiner
Frau endlich die Ausreise - mit Hilfe bayerischer Humanisten, die sich für
das Paar einsetzten und mithalfen, Visa zu besorgen sowie eine erste Wohnung
anzumieten. "Tanmoy K. hat von uns ein Forschungsstipendium erhalten.
Dadurch war es rechtzeitig möglich, ihm die Ausreise nach Deutschland zu
ermöglichen", so der Vorstand des Humanistischen Verbandes Bayern,
Michael Bauer. "Wir freuen uns sehr, dass er inzwischen auch eine Einladung
in das niederländische Parlament erhalten hat, um über seinen Fall
und die schlimme Situation für säkulare Publizisten in Bangladesch
zu berichten", so Bauer.
In Deutschland fühlt sich K. "völlig
sicher", er ist dankbar für alle Hilfe, die er bislang erhalten hat.
Und doch bleibt die Angst. Angst davor, dass religiöse Fanatiker seine
Familie bedrohen könnten. Irgendwann möchte er zurück nach Bangladesch,
das schon, aber er sieht keine Möglichkeit: "Bangladesch entwickelt
sich zu einem zweiten Pakistan, mit einer autoritären Regierung und religiösen
Extremisten auf der Straße. Im Moment glaube ich nicht, dass ich jemals
zurückgehen kann."