Bis spätestens 29. Februar 2016 soll eine neuerliche Pensionsreform
zwischen den Koalitionspartnern ausverhandelt sein. Wieder einmal droht eine
weitere Verschlechterung der Altersabsicherung für die Bürger unseres
Landes. Und wieder einmal fordern die so genannten Pensionsexperten eine
Anhebung des Pensionsalters - sowohl bei den Frauen als auch des faktischen
Pensionsantrittsalters bei den Männern - und eine Angleichung der bestehenden
Pensionssysteme nach unten. Begründet wird das fälschlicher Weise
mit der demografischen Entwicklung und den hohen Staatszuschüssen zu den
Pensionen.
Wir müssen davon ausgehen, dass die Regierung eine weitere
Schwächung des staatlichen Umlagesystems plant. Die Masse der Arbeitnehmer
wird somit noch deutlicher als bisher in Richtung einer Privatvorsorge, also
zu kapitalgedeckten Pensionssystemen, gedrängt werden.
Gerade seit der Finanzkrise offenbaren sich die Schwächen der privaten
Pensionsvorsorge. Die Kapitalstöcke der Pensionskassen werden ständig
nach unten revidiert, die derzeitige Zinspolitik der Notenbanken führt
zu einer massiven Entwertung der zu erwartenden Pensionen. Bei zahlreichen Staatsanleihen,
so etwa in Dänemark, der Schweiz, aber auch in Deutschland, in welche Pensionskassen
gerne investieren bzw. teilweise gezwungen sind zu veranlagen, gibt es bereits
einen Minuszins, der am Kapital knabbert. Selbst Schuldtitel von großen
Konzernen sind bereits mit Strafgebühren behaftet, der Aktienmarkt ist
so unsicher, wie selten zuvor.
Wenn aber die Rendite der Pensionskassen
nur um 2% sinkt, muss ein heute 30-Jähriger seine Sparleistung um 50% steigern,
um am Ende der Laufzeit die gleiche Ansparsumme zu erhalten, wie zum Abschluss
der Versicherung. Mit einer Änderung der derzeitigen Zinspolitik ist
in den nächsten Jahren in keiner Weise zu rechnen. Im Gegenteil, auf Grund
der hohen Verschuldung der Staaten ist mit einer Verschärfung der Situation
und damit auch zu einer weiteren Reduktion der für die Pension angesparten
Pensionssummen zu rechnen.
Es ist höchst bedenklich, wenn unter
diesen Bedingungen die Erwerbstätigen weiterhin gedrängt werden in
dieses höchst riskante Pensionssystem zu investierten. Gerade in der
derzeitigen Situation müsste die Regierung alles daransetzen, um das staatliche
Pensionssystem zu fördern. Es ist nicht nur riskant, wenn man die für
die Pension notwendigen Ansparsummen dem Finanzkapital zur Verfügung stellt,
man schwächt damit auch das staatliche Umlagesystem. Letzteres hat über
Jahrzehnte hervorragend funktioniert. Schließlich ist es auch wesentlich
effizienter. 1,8% Verwaltungsaufwand stehen ca. 15% Verwaltungsabzüge bei
den privaten Pensionskassen gegenüber. Allerdings kann nicht verschwiegen
werden, dass bei sinkender Erwerbsquote auch in diesem System Probleme entstehen
können und Anpassungen vorgenommen werden müssen. Dabei geht es um
sinnvolle Steuerungsmechanismen, um einer eventuell sinkenden Erwerbsquote entgegenwirken
zu können.
Ein Mittel dazu ist die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe.
Die Nettolohnquote am Volkseinkommen ist in den letzten Jahrzehnten deutlich
gesunken, während die Gewinne davongaloppiert sind. Kein Wunder, wenn
die Sozialversicherungsbeiträge dann hinter dem Wachstum des volkswirtschaftlichen
Reichtums hinterherhinken. Gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation,
in welcher immer mehr Betriebe und Konzerne auf Automatisierung setzen und Personal
entlassen, um ihre Renditen zu steigern, ist es wichtig von der Lohnsummenbesteuerung
auf die Besteuerung der gesamten Wertschöpfung umzustellen. Personalintensive
Betriebe würden davon profitieren, die "Personalabbauer" würden
durch eine Wertschöpfungsabgabe ihren Beitrag zur Absicherung des staatlichen
Pensionssystems leisten, und Beträge für das Pensionssystem wäre
weniger vom Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Pensionisten abhängig,
sondern wesentlich gerechter von dem, was wir als Gesellschaft erwirtschaften.
Wenn
man der Bevölkerung immer wieder irreführend erklärt, die Pensionen
müssten sinken, wenn die Menschen älter werden bzw. weniger Erwerbstätige
auf einen Pensionsbezieher kommen als derzeit, so ist dies grundlegend, mitunter
aber auch absichtlich falsch und neoliberal gedacht. Einerseits können
wir keine genauen Voraussagen darüber treffen. Was ist im Falle eines Krieges
oder etwa der derzeitigen Zuwanderung von Flüchtlingen? Andererseits
jedoch wissen wir, dass die Höhe der Pensionen einzig und allein davon
abhängig sein soll, was eine Gesellschaft volkswirtschaftlich gesehen erwirtschaftet.
Daher hat sich eine Pensionsdebatte - wie im übrigen auch die um Löhne
und Gehälter - an einer Verteilungsdiskussion zu orientieren. Wie viel
erwirtschaften wir, ist die entscheidende Frage. Sodann muss man überprüfen,
in welchem Verhältnis dazu die eingezahlten Sozialbeiträge stehen
und hier notfalls nachbessern.
Unsere Regierungen führen jedoch
seit Jahren eine Scheindiskussion, indem sie die Pensionsfrage an das zu erwartende
Lebensalter bzw. an die Zahl der Beitragszahler koppeln. Dabei nutzen sie diese
falsche Argumentation für Maßnahmen (Hinaufsetzen des Pensionsalters,
Durchrechnungszeiträume, Angleichung von Pensionskassen, Erschweren der
Invaliditäspensionen, Pensionsabzüge ...) um eine Angleichung aller
Pensionen auf einem möglichst niedrigen ASVG-Niveau zu erreichen. Diese
Senkung der Pensionshöhen bewirkt natürlich - gemessen an der tatsächlichen
Wertschöpfung - auch eine permanente Senkung der Sozialbeiträge und
eine Schwächung der staatlichen Pensionskassen. Gut für gewinnorientierte
Unternehmen, schlecht für die Arbeitnehmer, die sich - sofern sie dazu
finanziell in der Lage sind - zunehmend den riskanten Spekulationen der Finanzmärkte
unterwerfen müssen, um wenigstens auf eine materielle Absicherung ihres
Lebensabends hoffen zu können.
Die "Steuerinitiative im ÖGB" fordert daher die Bundesregierung auf, die Finanzierung des staatlichen Pensionssystems endlich zu überdenken und die Berechnung der Sozialbeiträge von der Lohnsummenbesteuerung auf Wertschöpfungsbasis umzustellen.