2016: Gläubiger haften für Krisenbanken

Aussendung von Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher
der Grünen im Europaparlament vom 29.12.2025

Zeitenwende zum Jahresanfang:
Gläubiger haften für Krisenbanken

Die Bankenunion nimmt zum 1.1.2016 wichtige Hürde:
Die EU-Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD wird nun in allen Teilen wirksam. Damit dürfen Staaten Banken nicht mehr retten, ohne zunächst die Gläubiger mit mindestens 8% der Bilanzsumme zur Haftung heranzuziehen. Das klingt wenig, hätte aber bei den Bankensanierungen der letzten Jahre in aller Regel gereicht, um weitere Kosten für die Steuerzahler zu vermeiden. Diese scharfe Vorschrift tritt nun überall in Kraft. Einlagen bis 100.00 Euro pro Kunde und Bank sind geschützt. Weitere Einlagen von Privatpersonen oder Betriebskapital von kleinen und mittleren Unternehmen werden nur als letzte Option herangezogen. Gleichzeitig übernimmt der Ausschuss für die einheitliche Abwicklung
(SRB) in der Eurozone die Zuständigkeit für die Abwicklung von Großbanken. Die Zeit von Subventionswettläufen bei der Sanierung von transnationalen Banken durch die Mitgliedsländer ist damit Vergangenheit. Außerdem wird beim SRB ein Bankenabwicklungsfonds aufgebaut, der von den Banken gefüllt werden muss.

Dazu erklärt Sven Giegold:
"Der Jahresanfang bringt eine Zeitenwende für die subventionsverwöhnte Bankenbranche. In Zukunft müssen die Gläubiger der Banken haften, bevor der Bankenabwicklungsfonds oder gar die Steuerzahler einspringen dürfen. Das ist ein Grund zum Feiern für die Steuerzahler und eine gute Nachricht für fairen Wettbewerb zwischen Kreditinstituten.

Eine Garantie, dass es niemals mehr Bankenrettungen auf Kosten der Steuerzahler geben wird, bringt jedoch auch die Jahreswende nicht. Denn eine umfassende Krise des Kreditgeldsystems kann keine noch so konsequente Gläubigerhaftung auffangen. Die Eigenkapitalausstattung vieler Großbanken ist immer noch gefährlich niedrig und gefährlich kurzfristig. Zudem ist ein stabiles Geldsystem nur in einer stabilen Gesamtwirtschaft zu haben. Die Niedrigzinsen durch die ungleiche Verteilung der Einkommen, die niedrige Investitionsdynamik und die lockere Geldpolitik der Zentralbanken führt zu weiterhin hohen Risiken für die Finanzmarktstabilität. Wir brauchen daher einen Europäischen Green New Deal, der die reichlich vorhandene Liquidität in zukunftsfähige Investitionen lenkt.

Ein schwerer Fehler ist die Verweigerung der Finanzminister der Eurozone, eine Übergangsfinanzierung für den Bankenabwicklungsfonds zu vereinbaren. Das widerspricht dem EU-Recht und schwächt die Glaubwürdigkeit des ganzen Abwicklungsregimes. Denn die Mitgliedsstaaten müssen nun noch für Jahre für mögliche Kosten der Abwicklung ihrer Banken haften. Gerade die deutsche Bundesregierung hat hier die Vollendung der Bankenunion blockiert.

Ärgerlich ist, dass einige Mitgliedsländer die Abwicklungsrichtlinie immer noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben. Es ist richtig, dass die EU-Kommission hier ? wenn auch spät? Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Am Kern der Vorschriften zur Gläubigerhaftung ändert diese Verzögerung jedoch nichts, da die EU-Kommission sie über die Genehmigungspflicht möglicher Staatsbeihilfen durchsetzen kann.

Der neue europäische Abwicklungsfonds ist für die Steuerzahler zwar eine gute Nachricht, stellt aber einen dreisten Griff in die Taschen soliderer Banken dar. Risikoreiche Kreditinstitute zahlen zu wenig und konservativ wirtschaftende Banken zahlen zu viel in den Fonds. Das widerspricht sogar den Prinzipien der Abwicklungsrichtlinie und lädt daher zu verständlichen Klagen der betroffenen Banken ein."

Hintergrundinformationen:
Zur unzureichenden Brückenfinanzierung für den einheitlichen Abwicklungsfonds
Zum verspäteten Vertragsverletzungsverfahren gegen sechs Mitgliedsländer
Zur unfairen Berechnung der Beiträge zum Abwicklungsfonds