Betriebliche Altersvorsorge in Existenznot

Das berichtete am 26.1.2016 der deutsche grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold:

EIOPA-Stresstest:
Betriebliche Altersversorgung in Existenznot.
In Deutschland fehlen mindestens 33 Milliarden Euro

Heute hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen
und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) ihren Stresstest für die
betriebliche Altersvorsorge veröffentlich.
Lobbyorganisationen und auch
Deutschland hatten lange versucht, den Test abzusagen oder zumindest
abzuschwächen.
Die nun veröffentlichten Ergebnisse zeichnen ein düsteres Bild. Die
betrieblichen Altersversorgungssysteme mit garantierten Pensionszusagen
leiden unter dramatischer Unterdeckung.
Die Rückstellungen der
Unternehmen reichen bei weitem nicht aus, um die Pensionen zu
finanzieren. Besonders in Großbritannien und den Niederlanden aber auch
in Deutschland und Irland müssten dann die Unternehmen einspringen.
Ganz finster wird es, wenn die Zinsen weiter niedrig bleiben.

Sven Giegold, Sprecher der Grünen im Ausschuss für Wirtschaft und
Währung:

Der Stresstest hat die Unterdeckung der betrieblichen
Altersversorgungssysteme offengelegt.
EIOPA hat nun die schlimmsten
Befürchtungen mit Zahlen bestätigt. In den Kassen der betrieblichen
Alterversorgungssysteme fehlen bei einem Stressszenario 773 Milliarden
Euro an Rückstellungen. Selbst wenn sich das Zins- und
Vermögenspreisniveau stabilisieren sollte, fehlen 428 Mrd. Euro. In
Deutschland fehlen mindestens 15 Mrd. Euro. Die nationalen
Buchhaltungsvorschriften verdecken die Deckungslücke in den Bilanzen
vieler Unternehmen. Nach dem härteren Stressszenario fehlen in den
Kassen der deutschen betrieblichen Alterssicherung sogar 33 Milliarden
Euro. Dabei sind nur 57% des deutschen Marktes erfasst.

Die Vogel-Strauß-Politik bei Lebensversicherungen und betrieblicher
Altersvorsorge muss jetzt beendet werden. Wir brauchen im
Europaparlament wie im Bundestag eine offene und ehrliche Diskussion
über die Deckungslücke durch die niedrigen Zinsen. Es ist nicht
akzeptabel, die Probleme einfach in die Zukunft zu verschieben. Das
wäre ein Griff in die Taschen der jüngeren Generation. Noch ist
genügend Zeit um gegenzusteuern. Unsere Unternehmen dürfen nicht zu
Pensionssicherungsgesellschaften werden. Sie müssen auch in Zukunft in
der Lage sein, in Zukunftsjobs zu investieren. Unverantwortlich wäre
auch, insgeheim auf eine Staatshaftung zu setzen. Vielmehr wird es
Zeit, Pensionäre und Unternehmen durch effektive europäische
Regulierung zu schützen.

Die Lage der betrieblichen Altersversorgung ist noch dramatischer als
der Stresstest zeigt. Denn ein realistisches Szenario mit langfristig
niedrigen Zinsen und längeren Lebenserwartungen wurde gar nicht erst
gerechnet.
Zudem wäre die Unterdeckung schon im Basisszenario viel höher
ausgefallen, wenn mit realistischen Zinssätzen auch gerechnet worden
wäre. Nach wie vor geht EIOPA im Referenzszenario von risikofreien
Zinssätzen von 4,2% bei langen Laufzeiten aus ("ultimate forward
rate").

Die Präsentation des Stresstests finden Sie hier:
http://gruenlink.de/13cz
Den ausführlichen Stresstest hier:
http://gruenlink.de/13d1
Die verharmlosende Pressinformation von EIOPA finden Sie hier:
http://gruenlink.de/13d2