Spätestens seit der Giftgas-Lüge der USA zur Begründung
des Irak-Krieges kann man wissen: Wenn die US-Regierung Giftgas ins Spiel bringt
droht Krieg. Tagelang hatte Barack Obama vom syrischen Giftgas und von "Roten
Linien geredet" und pünktlich, am 21. August 2013, gab es dann in
der Region Ghuta östlich von Damaskus einen Giftgasangriff. Schnellsten
machte US-Präsident Barack Obama am 31. August bekannt, er habe sich zu
einem Angriff gegen Syrien entschlossen. Hätten die Russen nicht durchgesetzt,
die syrischen Kampfstoffe zu vernichten, wäre eine Ausweitung des Kriegs
unvermeidbar gewesen.
Inzwischen weiß man vom US-amerikanischen
Journalist Seymour Hersh, bestätigt durch eine Reihe von Geheimdienstleuten,
dass es innerhalb der Al-Nusra-Front eine Gruppe von Terroristen gab, die für
die Herstellung von Giftgas geschult wurden und dabei von Agenten der Türkei
und Saudi-Arabiens unterstützt worden sind. Auch die Abgeordneten des
türkischen Parlaments Eren Erdem und Ali Şeker bestätigen, dass die
türkische Regierung in den Schmuggel von Giftgas für syrische Terroristen
verwickelt war. Alle wissen es, alle können es nachlesen.
Auch die
Autoren einer 23seitigen Analyse des Giftgas-Anschlags in Ghuta - Richard
Lloyd, ein früherer UN-Waffeninspekteur, und Theodore Postol, Professor
am Massachusetts Institute of Technology (MIT) - kommen zum Ergebnis, dass dieses
Verbrechen nicht von Kräften der syrischen Regierung verübt worden
ist. Nur Dr. Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, will die Wahrheit nicht
wissen. Bis heute behauptet der Mann "Er (Assad) hat Giftgas eingesetzt."
Das
muss man eine schwere Lüge nennen. Wenn Gniffke nicht als Gewohnheitslügner
bezeichnet werden will, hat er zwei Möglichkeiten: Er nimmt die Lüge
öffentlich zurück oder er klagt gegen uns. Wetten, dass er nicht klagt?
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Dr. Gniffke hat sich nun endgültig unmöglich gemacht. In seinem
o.g. Blog-Eintrag behauptet er unter dem Titel "Darf man mit Assad reden?"
allen Ernstes: "Er hat Giftgas eingesetzt,
er hat Städte bombardiert, er lässt Menschen aushungern, in seinen
Gefängnissen wird gefoltert – und mit so jemandem führen wir ein Interview".
Daran knüpft Gniffke die rhetorische Frage: "Gibt es für Journalisten
eine moralische Grenze, mit wem man spricht? Darf man mit Baschar al-Assad reden?"
Dümmer - und für das Ansehen der wichtigsten Nachrichtensendung
im öffentlich-rechtlichen Rundfunk schädlicher – gehts nimmer. Gniffkes
nicht nur wegen ihrer geschichtsklitternden, fälschenden, moralisierenden
Prämissen, sondern für einen Journalistien geradezu idiotischer Frage
provoziert die Gegenfrage: Darf „man" mit US-Präsidenten wie Bush
und Obama reden? Schließlich steht fest, dass sie Drohnenüberfälle
auf Hochzeitsgesellschaften befahlen, Menschen entführen und foltern ließen,
Länder überfallen und Völkerrecht gebrochen haben, Städte
bombardieren ließen, verantwortlich für ungezählte Kriegsverbrechen
sind und UN-Resolutionen reihenweise mißachtet haben...
Mit seiner peinlichen Rechtfertigung des Interviews mit Präsident Assad
bestätigt Gniffke, was wir ihm laufend vorwerfen: Einseitigkeit und Parteilichkeit
(in der Syrien-Berichterstattung ebenso belegbar wie in der über die Ukraine
und darüber hinaus über den neuerlichen Ost-West-Konflikt) sowie eine
das Berufsethos verletzende Neigung zu propagandistischer und dämonisierender
Berichterstattung über Assad (und über Putin); das alles gipfelnd
in der Parteinahme für die Gegner des syrischen Präsidenten, selbst
wenn die zu den terroristischen Kopfabschneidern der Al Kaida zählen.
Dr. Gniffkes kindische Plattitüde, dass man mit einem Interview nicht
die Meinung des Interviewten teile, belegt exemplarisch, für wie wenig
urteilsfähig er das Publikum seiner Sendung hält und für wie
blind gegenüber der Tatsache, dass ARD-aktuell permanent nicht um Neutralität,
Unparteilichkeit und Objektivität bemüht, sondern gemäß
transatlantischer Sprachregelung "informiert".
Wenn Dr. Gniffkes Redaktion tatsächlich objektiv und den ARD-Programmrichtlinien
folgend berichtet hätte, dann wäre ihm möglicherweise auch selbst
ein Kommentar wie der hier in Rede stehende als überflüssig erschienen,
einen Rest an selbstkritischer Einsichtsfähigkeit beim ihm vorausgesetzt.
Dass über unterschiedliche Standpunkte schließlich möglichst
ausgewogen berichtet werden soll, ist eine bare Selbstverständlichkeit.
Seine Behauptung: "Wir sind ... kein Kriegsgegner Assads und nicht sein
Alliierter" zeigt hingegen völligen Realitätsverlust. Dieser
NDR-Mann ist offensichtlich nicht in der Lage, seine eindeutig parteiische Informationspolitik
zu erkennen, geschweige denn daraus Konsequenzen zu ziehen.
Fakten bewerten ist für den Journalisten das eine. Sich Fakten zurecht
zu biegen und fürs eigene Weltbild passend zu machen, wäre das andere
und ist Dr. Gniffke nur privatim unbenommen; als dem Chefredakteur von ARD-aktuell
ist ihm das untersagt. Dr. Gniffke erlag bei seinen Ausführungen offenbar
seiner eigenen Propaganda: Die wüste Story, Assad habe Giftgas gegen die
eigene Bevölkerung eingesetzt, ist zwar dank seines Zutuns auch von der
ARD verbreitet worden, gilt aber inzwischen zumindest in politisch halbwegs
aufgeklärten Kreisen als Propagandaprodukt aus westlichen Geheimdienst-Giftküchen.
Dass er sich vollkommen verstiegen hatte, als er diese Story adaptierte, hat
Gniffke dann wohl aufgrund der heftigen Zuschauerreaktionen bemerkt und versucht,
in seinem Blog zurückzurudern: "Mir ist bewusst, dass der Gifgaseinsatz nicht vollends belegt ist, da haben
Sie Recht. Nehmen Sie mir den polarisierenden Einstieg in dem persönlichen
Blogeintrag nicht übel, mir ging es um eine Sensibilisierung für die
Frage, ob man mit jemandem reden soll, von dem man annimmt, dass er für
solche Verbrechen verantwortlich ist. In einem Tagesschau-Beitrag würden
wir so nicht formulieren."
"Von dem man annimmt..." Gniffke behauptet also von sich selbst, er nehme an,
die Giftgasstory stimme - und macht damit seine Entgleisung endgültig zum
Skandal. Von den Zuschauern nimmt er offenbar an, sie seien vollkommen bescheuert
und er sowie ARD-aktuell müssten sie da abholen, wo er sie infolge seiner
bisherigen Propaganda vermutet: Aus dem Nebel US-konformer, transatlantischer
und pro-türkischer Verblödung. Ob ARD-aktuell je expressis verbis
den syrischen Präsidenten Assad des Giftgaseinsatzes bezichtigt hat, wissen
wir nicht. Darauf kommt es aber nicht an: Im Sommer 2013 haben Tagesschau und
Tagesthemen in unzähligen Beiträgen berichtet, dass fast alle Regierungen
der "westlichen Wertegemeinschaft" Assad für den Giftgasangriff
verantwortlich machten. Auf die Fragwürdigkeit und Faktenwidrigkeit dieser
Vorwürfe hat Gniffke damals wie heute nicht hingewiesen.
Wir fordern Sie auf festzustellen, dass der Blog-Eintrag des Herrn Dr. Gniffke
im Widerspruch zu den Programmrichtlinien steht und dass er wegen beweisloser
und höchstwahrscheinlich falscher Behauptungen sowie wegen seines selbstgefälligen
und unaufrichtigen Stils dem Ansehen von ARD-aktuell und dem des NDR Schaden
zugefügt hat.
Mit höflichen Grüßen - F. Klinkhammer und V. Bräutigam