Werbung um Sympathien für Erdogan...

... betreibt der türkische Möchtegern-Osmanensultan selber, darüber schrieb am 10.7.2016 Dr. Thomas Tartsch und stellte die Frage, wer diese organisierte Erdogan-Sympathie im Auge behalte:

Wer prüft sie? Aufschluss gab die Erklärung des Ditib-Vorstands Zekeriya Altug, der anlässlich der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestags zu Protokoll gab, sein Verband fühle sich von den türkischstämmigen Abgeordneten, die für die Resolution gestimmt hatten, nicht mehr vertreten. Die Frankfurter Islamforscherin Susanne Schröter, die eine ausführliche Studie über Wiesbadener Moscheegemeinden durchführte und dabei auf eingeschränktes Entgegenkommen der Ditib stieß, hält den Verband für ein finanzielles und ideologisches Anhängsel des türkischen Staates, einen Transmissionsriemen des zunehmend islamistischen Kurses von Erdogan. Die in Ankara ausgebildeten Imame seien Missionare der türkischen Staatstheologie. Tatsächlich hat die Diyanet Vertreter in allen wichtigen Ditib-Gremien. Über Kontakte einzelner Ditib-Moscheen zu Dschihadisten und Salafisten wurde mehrfach berichtet. Siehe FAZ vom 9.7., "Missionare der türkischen Staatstheologie"

Der FAZ-Artikel leitet ein mit: "Kann der Islam im Westen Wurzeln schlagen? Für die Ausbildung deutschsprachiger Imame fehlt bislang ein klares Konzept. Dabei gibt es längst sinnvolle Modelle."

Aus den Erkenntnissen einer meiner früheren Tätigkeiten als Berater des Islambeirates beim CDU Kreisverband Dortmund (IB-KV), der als einer der einflussreichsten CDU Kreisverbände immer einen MdB in Berlin stellt, kann ich dem nur zustimmen, da die DITIB Zentrale in Köln keinerlei Bereitschaft zu einer kosntruktiven Zusamenarbeit bezüglich der Thematisierung der Rolle und Voraussetzung der nach Deutschland gesandten Hodschas zeigte, die damals schon über keine ausreichenden lingualen Kenntnisse der deutschen Sprache und der hier geltenden sozio-politischen und gesellschaftlichen Frames verfügten. Weiteres kann hier nicht ausgeführt werden, da für mich auch nach Beendigung der Tätigkeit 100% Verschwiegenheit gilt.

Insoweit ist die Situation Deutschland-Österreich vergleichbar, da die ATIB-Union Hodschas an den gleichen Universitäten und Iman-Hatip Lisesi in der Türkei studieren wie die Hodschas der DITIB, da das türkische Bildungssystem seit 2004 schleichend den Vorgaben der Erdogan-Partei AKP angepasst wird, wie verschiedenen Medien Berichten, beispielsweise in der "Berliner Zeitung", im Deutschlandradio, im SPIEGEL, in der ZEIT, im KURIER nachgelesen werden kann.

Damit werden auch die letzten Reste der autoriär durchgeführten Top-Bottom Modernisierungsprogramme, wie den "Kampf um den Körper der Frau", von Atatürk überwunden, der die Inhalte und Ausübung der Religion unter die Kontrolle des Staates stellte, da kemalistischer Laizismus (Laiklik) kein französischer Laizismus mit Trennung von politischer und religiöser Sphäre als Nachwirkung von 1798 war, was eine unausrottbare Fehleinschätzung darstellt, wie z.B. in einem Artikel im Kulturmagazin "Die Gazette" nachgelesen werden kann.

Die AKP-Türkei damit zu einer vom sunnitischen Islam in AKP-Auslegung durchdrungene 2. Republik mit einem autoritär regierenden Staatspräsidenten werden wird, womit sich der historische Kreis vollendet, weil unter Atatürk mit der 1923 gegründeten CHP als alleinige Partei (bis 1945) die gleiche Situation bestand.

Wenn auch ohne offizielles Mehrparteinsystem bis zur Wahl 1950, als der Kemalismus durch die Niederlage gegen die "Demokratische Partei" für immer seine politische Dominanz verlor, während die kemalistischen Reformen immer weiter zurückgedrängt wurden, während dieser sich nie gesellschaftlich weiterentwickelte, was einer der Gründe für den Aufstieg der islamistischen Kräfte seit 1969/70 (Milli Görüs Bewegung als Partei, Mitte 1996- Mitte 1997 Ministerpräsidentschaft des Milli Görüs Gründers Prof. Necmettin Erbakan, Anfang des 21. Jahrhunderts die AKP als reformistische Abspaltung von der Milli Görüs) ist, da sozial-politisch ausgerichteter Islamismus immer vor der Folie spezifischer Problemlagen innerhalb eines Landes heranwächst. Zumal die Oberbegriffe sunnitisch-arabischer (Antikolonialismus) und sunitisch-türkischer Islamismus (sozialer Konflik schwarze gegen weiße Türken und Abarbeitung am Kemalismus) ganz andere Voraussetzungen und Entwicklungsgeschichten in den jeweiligen Regionen umfasst.

Wobei im heutigen türkisch-parlamentarischen System bis auf die rechtsextreme-turanistische MHP (Milliyetçi Hareket Partisi, Partei der Nationalistischen Bewegung) die kemalistisch-sozialdemokratische CHP (Cumhuriyet Halk Partisi - Republikanische Volkspartei) und die links-kurdische HDP (Halkların Demokratik Partisi, Demokratische Partei der Völker) auf absehbare Zeit keine politische Rolle mehr spielen, während die türkische Gesellschaft so tief gespalten ist, wie noch nie in der jungen Geschichte der türkischen Republik.

Interessant wird es, falls die MHP-Abgeordnete Meral Aksener den Vorsitz der MHP übernehmen sollte, weil dann dem türkischen Staatspräsidenten ein ebenbürtiger Gegenspieler erwachsen könnte. Wie man aus der Türkei hört.

Insoweit der Kemalismus endgültig gescheitert ist. Mit entsprechenden Folgen für alle europäischen Ländern mit Diyanet Ablegern wie Deutschland (DITIB) und Österreich (ATIB Union).

Dr. Thomas Tartsch ist Berater der Initiative Liberaler Muslime in Österreich (ILMÖ), Politikberatung, Beratung Terrorism-Counterterrorism