Was tun gegen Populismus?

Darüber schrieb Mag. Michael Radhuber aus Steyregg am 2.8.2016 in einem Leserbrief in den OÖNachrichten. Dass er dabei so argumentierte wie seiner Meinung nach die Rechtspopulisten agieren würden, ist ihm leider nicht aufgefallen. Darum der Leserbrief mit pluralistischen Anmerkungen:

Radhuber: Populisten erheben den Alleinvertretungsanspruch für alle Bürger und erklären dem Pluralismus offener Gesellschaften den Krieg.
Jeder, der anders denkt, wird aus der Gesellschaft ausgegrenzt und als Volksverräter oder Staatsfeind abgestempelt. Siehe Viktor Orban in Ungarn, Jaroslaw Kaczynski in Polen oder Erdogan in der Türkei. Auch die im Zuge des Wahlkampfes von freiheitlichen Unterstützern thematisierte Affäre um vermeintliche iPhones für Asylanten vom "Verräterverein Caritas" (sic!) ist bezeichnend.
Pluralistische Anmerkung: Und was macht Herr Radhuber? Grenzt er niemanden aus? Ist eine Gesellschaft, die Populisten ausgrenzt, pluralistisch? Und muss die Frage nicht lauten: warum wählen Menschen populistische Parteien und Personen? Die Frage kann nicht sein, was macht der Orban, sondern, warum wählen soviele Ungarn den Orban?

Radhuber: Populisten sind demokratiefeindliche Bewegungen. Sie wettern sowohl gegen das "Establishment" als auch gegen Menschen, die nicht ihrer Meinung sind. Sobald sie an die Macht kommen, biegen sie die Gesetze zu ihren Gunsten, um die Opposition so weit wie möglich zu lähmen. Populisten belassen oft die demokratische Fassade, höhlen die Demokratie jedoch durch Ausschaltung der Opposition und Abschaffung der Medienfreiheit aus. Wenn nach der Machtergreifung durch die Populisten doch nicht alles so funktioniert, wie man es versprochen hatte, schafft man Sündenböcke. Sobald einmal die Medienfreiheit ausgeschaltet ist, funktioniert das recht gut.
Pluralistische Anmerkung: Der Herr Radhuber tut sowas nicht, der wettert nicht gegen Menschen, die nicht seiner Meinung sind. Klar, wenn seine Meinung verpflichtender Standard ist, dann wettert er doch! Wenn er in obigem Absatz die Politik des Herrn Erdogan beschreibt, dann soll er den Herrn Erdogan auch mit dem Namen nennen. Die FPÖ hat in der Schüssel-Regierung eine sehr fatale Rolle gespielt, der Jörg Haider hat in Kärnten den Neoliberalismus voll entfaltet, aber das hat damals auch die Schüssel-ÖVP gemacht. Und die Opposition wurde nicht gelähmt, die hat sogar mit dem Gusenbauer die Wahl gewonnen. Weil der war zwar kein Populist, aber die Alternative zu ÖVP/BZÖ zu sein, das schaffte sogar der Gusenbauer.

Radhuber: Damit stellt sich die Frage: Was tun gegen Populisten? Dass Ausgrenzung die falsche Strategie ist, haben die Erfahrungen bewiesen. Durch Ausgrenzung begibt man sich auf die gleiche Ebene.
Pluralistische Anmerkung: aha, weil man sich durch Ausgrenzung auf dieselbe Ebene begibt, darum versucht sich Herr Radhuber als Ausgrenzer aller Populisten?

Radhuber: Auch die These der "Entzauberung" durch populistische Regierungen ist problematisch: Holt man Populisten als Koalitionspartner in die Regierung, riskiert man, von diesen selbst ausgeschaltet zu werden. Und sobald Populisten einmal an den Schalthebeln der Macht sitzen, wird man sie auch nicht mehr einfach los.
Pluralistische Anmerkung: In Zeiten von ÖVP/FPÖ/BZÖ wurde die ÖVP ausgeschaltet? Oder waren es FPÖ und BZÖ? Weil es die dortigen Anführer gar nicht begriffen hatten, warum in den 1990ern die FPÖ plötzlich zweitstärkste Partei war. Darum hatten dann 2006 die FPÖ nur noch elf Prozent und das BZÖ nur noch vier. An den Schalthebeln der Macht saßen sie nicht und der ÖVP-Schüssel auch nimmer. Man bringt sie also wieder los! Ein "Ermächtigungsgesetz" wie beim Hitler wird sich heutzutage maximal in der Türkei beschließen lassen, aber nicht in Europa

Radhuber: Damit bleibt nur eines: Politiker und Bürger müssen klarmachen, was es bedeutet, wenn eine politische Gruppierung von sich behauptet, das "Volk" zu sein. Nämlich, dass alle anderen nicht dazugehören. In einem nächsten Schritt muss erklärt werden, warum es für die Demokratie wichtig ist, große Bevölkerungsteile, ja oft sogar die (schweigende) Mehrheit eben nicht aktiv auszugrenzen.
Pluralistische Anmerkung: Parteien wie die FPÖ werden nicht deshalb als "populistisch" bezeichnet, weil dort behauptet würde, sie wäre das Volk, sondern weil im Volk die Meinung zunimmt, um sie kümmert sich niemand mehr. Die ÖVP kümmert sich um die Konzerne, Banken und Großagrarier, die Grünen kümmern sich um die Willkommenskultur und abgeschrägte Gehsteigkanten, die SPÖ kümmert sich darum, dass der Bundeskanzler ein SPÖ-Politiker ist, um ihre Klientel kümmert sich die Partei nimmer. Wenn dann bei der aufgehobenen Bundespräsidentenwahl 86 % der Arbeiter den FPÖ-Kandidaten gewählt haben, dann liegt das nicht am Populismus der FPÖ, sondern an der politischen Unfähigkeit der SPÖ, sich wahrnehmbar für die Klasse der arbeitenden Menschen einzusetzen, dafür war die Partei seinerzeit zwar gegründet worden, aber im Neoliberalismus geht das nimmer. Und darum geben immer mehr Leute Proteststimmen an die Partei ab, die z.B. auch der Herr Radhuber ausgrenzt: der Herr Radhuber sagt in seinem Leserbrief, FPÖ zu wählen, gehöre sich nicht. Immerhin deutet er dann noch sanft an, man dürfe auch die schweigende Mehrheit nicht ausgrenzen. Bei der Bundespräsidentenstichwahl hatte die von den anderen Parteien ignorierte riesige Wählergruppe gerade einmal 30.000 Stimmen weniger als die Gemeinschaft der Unpopulisten. Wenn man den Populismus bekämpft, indem man die Protestwähler ausgrenzt, dann sichert man dem FPÖ-Hofer bei der heurigen Wahlwiederholung den Posten des Bundespräsidenten und schafft die Basis für eine absolute Mehrheit für Straches FPÖ bei den Nationalratswahlen 2018.
Nicht vergessen: bei den aktuellen Wahlumfragen liegt die FPÖ bei 35 %! Bei den Umfragen vor der ersten Runde der Bundespräsidentenwahlen lag Hofer bei ca. 21 %, bei der Wahl erhielt er 35 %. Somit haben die Befragten gelogen. Wenn sie bei den jetzigen Umfragen - um sich nicht ausgegrenzt fühlen zu müssen - wieder lügen, dann wären diese aktuellen 35 % schon deutlich über 50 %...
Alles klar wie man den Populismus bekämpft? Man muss sich um die Leute kümmern, die sich als zurückgesetzt, vernachlässigt, ignoriert und zurückgewiesen sehen, also den Fluss der Proteststimmen zur FPÖ dadurch stoppen, dass Proteststimmungen als Anliegen wahrgenommen und politisch behandelt werden. Verdammt noch einmal!