Ein Tag, an dem Erinnerungen wiederkehren!

Zum 90. Geburtstag von Fidel Castro am 13.8.2016 erinnerte sich Walter Bornholdt - Offizier der DDR-Marine a.D. - an das folgende Geschehen:

Im November 1977 wurden 4 Küstenwachboote moderner Bauart aus der DDR nach Kuba überführt. Die Waffenträger waren demontiert, die Torpedoausstoßrohre verplombt - ganz wie es das Seerecht in solchen Fällen verlangt. Einer dieser Schlickrutscher wurde von mir befehligt und der Auftrag an alle Besatzungen lautete: Einweisung der neuen Besatzungen - Zeitraum 3 Monate!

Da alle zukünftigen Besatzungsmitglieder Seeleute waren, wurde diese Zeit zu einem ungeplanten Erholungsurlaub auf der ‚Perle der Karibik’. Einmal standen wir sogar am Zaun zur US-Enklave Guantanamo. Der Standort war zu diesem Zeitpunkt nur schwach frequentiert und wenig interessant.

Eines Nachmittags - im Jugendferienlager bei Mantanzas auf der Atlantikseite - nach ein paar Tauchausflügen im Atlantik, teilten die Kameraden uns mit, dass gleich der Maximo Lider kommt, der auch ein gewaltiger Taucher vor dem Herrn sei. Die Spannung stieg als sich aus einer Staubwolke ein Willis-Jeep herausschälte und der Beifahrer seine überlangen Beine aus dem Beutejeep der Schweinebucht-Affäre hervordröselte. Das war Fidel Castro in Lebensgröße. Auch mit meinen 1,82m kam ich mir recht klein vor, vor allem als uns Kuchenblechgroße Hände begrüßten und ein militärisches Zeremoniell überflüssig machten.
(Bild: Screenshot YouTube, Castro anno 1977)

Sein Fahrer schleppte eine Schachtel des leckeren Havanna Club heran und ein sagenhaft langer Abend begann.

Am nächsten Morgen gegen 12 erwachte ich nahe der Brandungszone und ein gutes Dutzend Panzer fuhren in meinem Kopf im Rückwärtsgang herum. Jede Bewegung wurde zur Qual und so hielt ich es für angebracht, in aller Ruhe vor allem bewegungslos mein Ende abzuwarten.

Seltsame Geräusche ließen mich langsam wieder ins Leben zurückkommen. Ein wuffwuff wuff und wieder Ruhe, wenig später das gleiche noch einmal…

Der Versuch des Kopfes in die Richtung der Geräusche zu drehen endete jedes Mal in einem Feuerwerk vor den Augen. Plötzlich ertönte ein lautes Klatschen und ein infernalisches Gelächter schallte über den Strand. Kein Grund noch länger den toten Mann zu spielen … irgendetwas ging vor.

Ja, um mich herum hatten einige Geier ihren Platz gesucht und sich mit leichten Flügelschlägen - das wuffwuffwuff - an mich herangeschlichen. Das Klatschen hatte sie gebremst und einer nach dem anderen startete zum Abflug. (Bild: Wikimedia, Geier mit Beute)

Als ich dann in leicht onduliertem Gang auf den Bungalow zuging, sah ich dass dort Fidel, sein Fahrer und meine gewissenlosen Kameraden schon wieder - ohne mich - die Schäden der Nacht mildern wollten und die Reste des Rums ihrer vorgesehenen Bestimmung zuführten. Fidel reichte mir sein halbleeres Glas und nachdem ich den Inhalt unten hatte, konnte ich wenig später unter dem gleichen Gelächter kontrollieren, was ich zur Nacht so alles zu mir genommen hatte. Schade, diese Brühe versickerte zu schnell im Sand.

Die hatten sich gegenseitig scharf gemacht, wie lange es dauern könnte und die ersten Geier mich probieren wollten. OK, der Tag wurde dann auch wieder lang, viele gute Gespräche und ein Tauchgang, wo uns Fidel unseren ersten (richtigen) Hai zeigte.

Unsere aller Eindruck war, dass unsere Partei- und Staatsführung im Umgang mit ‚normalen’ Bürgern noch viel zu lernen hätte.