Im
November 1977 wurden 4 Küstenwachboote moderner Bauart aus der DDR nach
Kuba überführt. Die Waffenträger waren demontiert, die Torpedoausstoßrohre
verplombt - ganz wie es das Seerecht in solchen Fällen verlangt. Einer
dieser Schlickrutscher wurde von mir befehligt und der Auftrag an alle Besatzungen
lautete: Einweisung der neuen Besatzungen - Zeitraum 3 Monate!
Da alle
zukünftigen Besatzungsmitglieder Seeleute waren, wurde diese Zeit zu einem
ungeplanten Erholungsurlaub auf der ‚Perle der Karibik’. Einmal standen wir
sogar am Zaun zur US-Enklave Guantanamo. Der Standort war zu diesem Zeitpunkt
nur schwach frequentiert und wenig interessant.
Eines Nachmittags -
im Jugendferienlager bei Mantanzas auf der Atlantikseite - nach
ein paar Tauchausflügen im Atlantik, teilten die Kameraden uns mit, dass
gleich der Maximo Lider kommt, der auch ein gewaltiger Taucher vor dem Herrn
sei. Die Spannung stieg als sich aus einer Staubwolke ein Willis-Jeep herausschälte
und der Beifahrer seine überlangen Beine aus dem Beutejeep der Schweinebucht-Affäre
hervordröselte. Das war Fidel Castro in Lebensgröße. Auch mit
meinen 1,82m kam ich mir recht klein vor, vor allem als uns Kuchenblechgroße
Hände begrüßten und ein militärisches Zeremoniell überflüssig
machten.
(Bild: Screenshot YouTube, Castro anno 1977)
Sein
Fahrer schleppte eine Schachtel des leckeren Havanna Club heran und ein sagenhaft
langer Abend begann.
Am nächsten Morgen gegen 12 erwachte ich nahe
der Brandungszone und ein gutes Dutzend Panzer fuhren in meinem Kopf im Rückwärtsgang
herum. Jede Bewegung wurde zur Qual und so hielt ich es für angebracht,
in aller Ruhe vor allem bewegungslos mein Ende abzuwarten.
Seltsame Geräusche
ließen mich langsam wieder ins Leben zurückkommen. Ein wuffwuff wuff
und wieder Ruhe, wenig später das gleiche noch einmal…
Der Versuch
des Kopfes in die Richtung der Geräusche zu drehen endete jedes Mal in
einem Feuerwerk vor den Augen. Plötzlich ertönte ein lautes Klatschen
und ein infernalisches Gelächter schallte über den Strand. Kein Grund
noch länger den toten Mann zu spielen … irgendetwas ging vor.
Ja,
um mich herum hatten einige Geier ihren Platz gesucht und sich mit leichten
Flügelschlägen - das wuffwuffwuff - an mich herangeschlichen. Das
Klatschen hatte sie gebremst und einer nach dem anderen startete zum Abflug.
(Bild: Wikimedia, Geier mit Beute)
Als
ich dann in leicht onduliertem Gang auf den Bungalow zuging, sah ich dass dort
Fidel, sein Fahrer und meine gewissenlosen Kameraden schon wieder - ohne mich
- die Schäden der Nacht mildern wollten und die Reste des Rums ihrer vorgesehenen
Bestimmung zuführten. Fidel reichte mir sein halbleeres Glas und nachdem
ich den Inhalt unten hatte, konnte ich wenig später unter dem gleichen
Gelächter kontrollieren, was ich zur Nacht so alles zu mir genommen hatte.
Schade, diese Brühe versickerte zu schnell im Sand.
Die hatten sich
gegenseitig scharf gemacht, wie lange es dauern könnte und die ersten Geier
mich probieren wollten. OK, der Tag wurde dann auch wieder lang, viele gute
Gespräche und ein Tauchgang, wo uns Fidel unseren ersten (richtigen) Hai
zeigte.
Unsere aller Eindruck war, dass unsere Partei- und Staatsführung
im Umgang mit ‚normalen’ Bürgern noch viel zu lernen hätte.