Enthüllungen um Neelie Kroes

Herausragendes Negativbeispiel für die Beschädigung von Vertrauen in die Politik

Aussendung von Sven Giegold am 21.9.2016

In einer neuerlichen Enthüllung hat das "International Consortium of Investigative Journalists"(ICIJ)- mit Beteiligung von NDR und Süddeutsche Zeitung - aufgedeckt, dass die ehemalige EU-Kommissarin Neelie Kroes ihre Beteiligung an einer Briefkastenfirma auf den Bahamas im Rahmen der verpflichtenden Offenlegung von Vermögenswerten und finanziellen Interessen verschwiegen hat. ICIJ kam durch einen Whistleblower an das nichtöffentliche Handelsregister der Bahamas. Kroes war von 2004 bis 2010 EU-Wettbewerbskommissarin und von 2010 bis 2014 EU-Kommissarin für die Digitale Agenda.

Die Enthüllungen um Neelie Kroes kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament:
"Neelie Kroes ist ein herausragendes Negativbeispiel für die Beschädigung von Vertrauen in die Politik. Das Verschweigen ihrer Geschäftstätigkeiten auf den Bahamas war eine schwere Verletzung ihrer Amtspflichten. Die aktuellen Enthüllungen sind die unrühmliche Krone eines Lebenslaufs von Interessenkonflikten. Sie wechselte zwischen Politik und Wirtschaft hin und her. Ganz augenscheinlich lag ein Interessenkonflikt vor, als Kroes nach ihrem Amt als Digitalkommissarin zum Technologiekonzern Uber wechselte. Ein Schlag gegen die Steuergerechtigkeit war Kroes' Entscheidung, in der EU- Wettbewerbsbehörde das Referat zur Verfolgung von steuerlichen Beihilfen zu schließen. Das heißt: Kroes schützte Steuersümpfe, die sie selbst privat nutzte. Dank der amtierenden Wettbewerbskommissarin Vestager geht die EU-Kommission heute offensiv gegen Steuerdumping vor. Vestager bekämpft die Infrastruktur der Steuertricks, während Kroes sie selbst nutzte. Als europäische Bürger können wir froh sein, dass heute Gerechtigkeitskämpferin Vestager und nicht mehr Kroes am Ruder ist.
Der Fall Kroes zeigt erneut den Handlungsbedarf im Kampf gegen Steuerflucht und Geldwäsche: Damit nicht nur mutige Whistleblower sondern auch Regierungen Steuervergehen aufklären, brauchen wir öffentliche Unternehmensregister, das die wirtschaftlich Berechtigten transparent macht. Die EU-Kommission hat dazu einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, den die Bundesregierung bisher blockiert. Schäuble muss seine Blockade eines öffentliches Unternehmensregister in der EU endlich aufgeben. Wenn Europa hier vorangeht, sind wirtschaftlich Berechtigte von Unternehmen bald transparent, die heute oft nur von Whistleblowern aufgedeckt werden können.
Die Bahamas sind weltweit eine der undurchsichtigsten Steueroasen, die auch bei Geld aus kriminellen Quellen nicht zimperlich ist. Die Bahamas gehören neben Panama und Singapur zu den Steueroasen, die sich dem automatischen Austausch von Steuerinformationen der OECD verweigern. Die Regierung der Bahamas umschifft systematisch globale Regeln gegen Steuerflucht und Geldwäsche, um ihre Steueroase am Leben zu erhalten. Schätzungen zufolge machen Briefkastenfirmen 30% der Wirtschaft der Bahamas aus. Besonders perfide ist, wie offensiv die Regierung der Bahamas windige Geschäftsleute aus aller Welt zur Geldwäsche auf ihre Insel einlädt."

Siehe dazu:
Unterzeichnerstaaten des multilateralen OECD-Übereinkommen zum automatischen Austausch von Steuerinformationen
Bericht des Tax Justice Network zu den Bahamas
Informationen zum Verhaltenskodex für EU-Kommissare
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