Deutsche Bank retten! In Volkseigentum überführen!

Uli Gellermann am 3. Oktober 2016 auf www.rationalgalerie.de

Natürlich haben sie miteinander gesprochen, die Merkel und der Chef der Deutschen Bank, John Cryan. Je heftiger die Dementis werden, um so sicherer darf man sein: Die schwere Krise der Deutschen Bank, seit Tagen und Wochen schreit sie aus allen Wirtschaftsblättern und Börsennachrichten, zwingt das Monster unter den deutschen Banken auf den Schleichweg ins Bundeskanzleramt. Denn die Straf-Forderungen der US-Justiz wegen der kriminellen Vergehen der Bank mit Hypothekenpapieren aus den Zeiten vor der Finanzkrise 2008 in Höhe von 14 Milliarden US-Dollar, die hochtoxischen 50 Billionen Euro in ihrem Derivatebuch und die nicht enden wollenden Gerüchte über die Fäulnis der Bank bringen den Laden ins Wanken. Sie sei nur noch halb so viel Wert wie die von westlichen Sanktionen betroffene russische Sberbank, sagen die Börsianer. Und der Wirtschaftsberater des türkischen Präsidenten, Yigit Bulut, denkt via Twitter darüber nach, bei der Deutschen Bank einzusteigen: "Würde es Sie nicht glücklich machen, wenn aus der Deutschen Bank die Türkische Bank würde?" fragt er öffentlich seinen Sultan.

Der SPIEGEL, das Organ für Verlautbarungen aus der Umgebung des Throns, titelt: "Warum die Bundesregierung die Deutsche Bank retten sollte". Die ZEIT weiß "Bundesregierung bereitet Notfallplan für Deutsche Bank vor". Und Andreas Utermann, Chief Investment Officer der Allianz Global Investors AG, ist sich sicher: "Ich glaube kein bisschen, dass Deutschland letztlich nicht aushelfen wird, wenn die Deutsche Bank in Schwierigkeiten steckt. Sie ist zu bedeutend für die deutsche Wirtschaft." Sicher spricht hier auch das Eigeninteresse: Die Allianz hält so viele Hedgefonds und Vermögenswerte für Privatanleger, dass sie mit der Deutschen Bank den Bach runter gehen könnte. Und wer so weit oben an den Hebeln der Finanzindustrie sitzt wie die Allianz, der kann weit gucken. Aber, sagen die Stammtisch-Auguren der SÜDDEUTSCHEN Zeitung: "Rettung der Deutschen Bank wäre das Ende von Merkels Kanzlerschaft". Na und, sagen die Kapitalseigner, was ist eine Kanzlerin gegen eine Bank? Doch die Wirtschaftsredaktion der SÜDDEUTSCHEN hält sich ein Anzeigenkunden-Hintertürchen auf: "Auch wenn es die Bundesregierung zu verschweigen versucht: Die Krise der Deutschen Bank kann leicht zu einer Krise wachsen, die alle Bürger betrifft."

Natürlich haben sie miteinander gesprochen, die Merkel und der Chef der Deutschen Bank. Und natürlich hat John Cryan zumindest um politische Hilfen gegenüber den Forderungen in den USA gebeten. Und ebenso natürlich hat sich Frau Merkel sehr genau angehört, was der Bank-Chef zu sagen hat. Einem Gebilde von mehr als 100.000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von 1,6 Billionen Euro hört man aufmerksam zu, wenn man sich für eine Staatenlenkerin hält. Zwar sagt Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) voraus, dass eine staatliche Stützungsaktion für die Deutsche Bank für Merkel der "Supergau" wäre: "Und wenn sie jetzt auch noch Steuergeld verschleudert, um wieder einmal eine marode Bank freizukaufen, dann braucht sie zur Wahl nicht mehr anzutreten." Aber am jüngsten Tag der Deutschen Einheit hat die Kanzlerin bereits einen sachdienlichen Hinweis auch und gerade für die drohende Bankpleite gegeben: "Alle sind das Volk" behauptete die Frau aus der Uckermark und natürlich bemühte sie damit auch die Wir-sitzen-alle-in-einem Boot-Metapher, die Otto Normalo ebenso einschließt wie die Deutschen Bank. Diese Perma-Lüge, die den Widerspruch zwischen Unten und Oben verwischen soll und die da Unten in Schuldhaftung für die da Oben sehen will, soll den ideologischen Teppich für die Bankenrettung ausrollen. Wie in der Finanzkrise 2008 als der Staat beinahe täglich eine andere Bank mit Haushaltsgeld vor der Pleite rettete. Der staatliche Anteil an der Commerzbank ist der sichtbarste Erinnerungsposten aus dieser Zeit.

Sicher, die Arbeitsplätze bei der Deutschen Bank müssen gerettet werden. Ja, die internationalen Handelsverbindungen der Deutschen Bank sollte man sichern. Aber nach einer geordneten Insolvenz:
Eine Pleite, bei der die Aktionäre alles verlieren.

Im Marketing-Sprech nennt man das ein "unternehmerisches Risiko". Na, bitte. Aber danach, wenn übrig bleibt was von Wert ist - die Kenntnisse der Mitarbeiter, die Immobilien, die Dienstwagenflotte - danach darf man das verbliebene Vermögen nicht wieder in die Hände privater Profitvollstrecker geben. Die fangen doch nur wieder von vorne an. Und auch nicht in die Hände eines Staates, der sich längst in die Hände der Privaten begeben hat. Es gibt bei der Bank einen kenntnisreichen Betriebsrat, der schon mal den Rücktritt eines Vorstandes gefordert hat, es gibt eine Gewerkschaft, und es gibt das schöne deutsche Genossenschaftsrecht, mit dem die Angestellten der Bank zu Eigentümern werden könnten. Und es gibt den fast vergessenen Artikel 14 im Grundgesetz: "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig". Ja, wenn das kein Fall für die Allgemeinheit ist.