Gipfel der Heuchelei: "Staatsakt für Heimkinder"

Als die massenhaften Sexualdelikte in der katholische Kirche an Kindern und Jugendlichen 2010 unaufhaltbar an die Öffentlichkeit gelangten, war die katholische Kirche rasch zur Stelle, um das ihr dadurch widerfahrene Unglück zu mildern. In Komplizenschaft mit der Republik Österreich stellte man eine "unabhängige" kirchliche Kommission unter dem Vorsitz der früheren ÖVP-Politikerin Klasnic auf und schaffte es auf diese Weise, Opfer dieser Verbrechen kostensparend abzufertigen.

Die meisten Straftaten wurden als verjährt angesehen, mit Hilfe der Republik Österreich gelang es weitgehend, das wirksam durchzubringen.
Denn der Umstand, dass die katholische Kirche jahrzehntelang generalstabsmäßig organisierte Vertuschungen inszenierte, fand keine Beachtung, die Republik Österreich schändete mit ihrem schändlichen Stillschweigen zum Ablauf der Verbrechen und der damit institutionell verbundenen Vertuschung die Opfer nochmals.

Dass die katholische Kirche faktisch als kriminelle Organisation handelte, die auf päpstliche Weisung die Aufdeckung dieser Straftaten bis zum endgültigen Zusammenbruch des Vertuschungssystems im Jahre 2010 wirksam verhindern und sich danach bezüglich eines großen Teils der Opfer auf "Verjährung" ausreden konnte, war nur mit staatlicher Beihilfe möglich. Eine juristische einwandfreie Aufarbeitung der Straftaten wäre nur möglich gewesen, wenn die Republik Österreich den rechtlichen Standpunkt durchgesetzt hätte, die Verjährungsfristen würden erst ab dem Zusammenbruch des katholischen Vertuschungssystems, also erst ab 2010 beginnen. Aber auch der Rechtsstaat Österreich ließ sich von der katholischen Kirche in den Arsch ficken und überließ die Opfer der Organisation, der die Tätern angehörten.

Ganz gelungen ist es den katholischen Lügnern, Heuchlern und Beihelfern der Kinderschänder nun aber doch nicht, eine als "Staatsakt" betitelte Veranstaltung unter der Bezeichnung "Geste der Verantwortung" praktisch als Abschluss einer gar nicht geschehenen Bewältigung der zölibatären Verbrechensserie zu präsentieren. Betroffene wehrten sich gegen diese neue, die Opfer nochmals entwürdigende Gemeinheit.

Und sogar der sonst immer so katholisch-rücksichtsvolle ORF konnte das nicht verschweigen, wie die hier folgende Meldung vom 11.11.2016 vom ORF-Wien belegt:

Im Parlament findet in knapp einer Woche ein Staatsakt als Geste der Verantwortung gegenüber ehemaligen Heimkindern statt, die Opfer von Gewalt und Missbrauch wurden. Viele von ihnen halten die Veranstaltung offenbar für eine Politshow.
Auf Initiative von Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) wollen Staat und Kirchen kommenden Donnerstag mit dem Staatsakt im Parlament eine Geste der Verantwortung setzen - mehr dazu in Versöhnungsgeste im Parlament.

Doch Betroffene üben gegenüber Ö1 Kritik. "Der Staatsakt ist eigentlich eine Heuchelei, weil tausende Opfer herumlaufen, die nicht entschädigt worden sind, oder angehört worden", sagt ein Mann. Ein anderer meint im Ö1-Morgenjournal: "Es ist ja überhaupt nichts abgeschlossen. 'Geste der Verantwortung', das ist eine 'Show der Verantwortung'."

"Ich werde das nicht akzeptieren"
Eine zentrale Befürchtung lautet, dass die Veranstaltung im Parlament als Schlusspunkt der Aufarbeitung gemeint sein könnte.
Dabei seien Täter nicht ausreichend verfolgt und Opfer nicht ausreichend versorgt worden, meinen Kritiker. Von 7.000 Betroffenen werden nur rund 140 Platz finden im historischen Sitzungssaal des Parlaments. "Ich selbst bin anerkanntes Missbrauchsopfer, bekomme aber keine Einladung. Ich werde das nicht akzeptieren. Geste und Symbolik gibt es nicht bei diesem Thema", sagt ein Betroffener - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Dieser Ö1-Sendungsmitschnitt kann hier abgehört werden:


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Film zeigt Missbrauch in Kirche
Am Donnerstagabend hatte in Wien der Film "Die Kinder lassen grüßen" Premiere. Er wurde von der Plattform "Betroffener kirchlicher Gewalt" unterstützt. Neun Opfer hatten den Mut und die Kraft, in dem Dokumentarfilm ihre Kindheitsgeschichte zu erzählen und Tatorte aufzusuchen. Sie zeigen die Tragik und viele Facetten physischer und sexueller Gewalt durch Kirchenverantwortliche auf.

Selber bin ich kein Betroffener, aber meine Eltern haben mir eine entsprechende Geschichte über priesterliche Kinderschändungen aus den 1920er-Jahren aus einem Mühlviertler Dorf erzählt, sie spiegelt sozusagen die massenhafte katholische Praxis bis 2010 wider:

Der versetzte Mädchenschänder

Die Volksschule am Ort hatte Abteilungsunterricht, was bedeutet, dass mehrere Schulstufen gleichzeitig unterrichtet wurden. Den Religionsunterricht hielt der Pfarrer selber ab. Der Pfarrer war berüchtigt wegen seiner Gewalttätigkeit. Das war allerdings nichts besonderes, aus kleinlichen Gründen wild auf Kinder eindreschende Pfaffen waren das Übliche.

Das zweite Übel dieses Klerikers war sein Hang zu heranreifenden Mädchen. Er stolzierte in seiner weiten Soutane durch die Klasse, betatschte dabei mit der einen Hand prüfend und sich aufgeilend schon gerundete Mädchen der oberen Schulstufen, während er mit der anderen Hand unter der Soutane heftig wichste. Knaben, die selber diese "Sünde" schon kannten, hatten in der Pause was zu wispern und zu lachen.

Der Pfarrer hatte jedoch einmal schlecht gewählt, als er einem der im Religionsunterricht ausgegriffenen Mädchen noch näher trat. Es war diesmal nicht die Tochter eines Kleinbauern oder Handwerkers, die sich nie trauten, das Hobby des Pfarrers zu thematisieren, es war die Tochter eines Großbauern, der kein ängstlicher Tropf war, sondern einer, der seine Interessen durchzusetzen vermochte. Der Bauer fuhr nach Linz zum Bischof und legte ihm den Fall in aller Deutlichkeit klar. Die bischöfliche Reaktion war die bis ins 21. Jahrhundert weltweit übliche: Stillschweigen bewahren und den Pfarrer versetzen. Alle im Dorf wussten, warum der Pfarrer plötzlich weg war.

Aber offiziell war überhaupt nichts passiert. Sein Nachfolger hatte keine solchen Probleme. Er freundete sich mit einer alleinstehenden Lehrerin an. Im Dorf wusste jeder, der neue Pfarrer vögelt die Lehrerin, offiziell nahm niemand daran Anstoß, es gab bloß anzüglichen Spott am Wirtshaustisch und man war froh, dass die Schulkinder nun vom Pfarrer in Ruhe gelassen wurden.

Das war durch Jahrhunderte die übliche Vorgangsweise, sexuell öffentlich auffällig gewordene Zölibatäre wurden versetzt und ansonsten wurde darüber geschwiegen, zumindestens offiziell.

Und in Österreich gibt's einen Staatsakt, wo möglicherweise die katholische Kirche für ihre Mitarbeit beim sparsamen Umgang mit den Opfern gelobt werden könnte, wenn's keinen Widerstand dagegen geben täte...