Giftgas: Was geschah in Idlib?

Gewinnt Assad jetzt den syrischen Bürgerkrieg, weil etliche Dutzend Zivilisten durch Giftgas gestorben sind? Die Berichterstattung über einen Giftgasangriff in Syrien ist zwar stellenweise formal so ausgerichtet, dass auch Stellungnahmen der "anderen Seite" zitiert werden. Aber es wird ständig so dargeboten, als wäre die westliche Wahrheit gesichert und Syrien und Russland würden lügen. Dabei sollte man dazu die Frage der Kriminalistik nicht aus den Augen verlieren: "Cui bono" - für wen ist es gut, wem nützt ein Giftgaseinsatz? Der syrischen Regierung kann das keinerlei Vorteil bringen, wie der inzwischen erfolgte Angriff der US-Luftwaffe gegen eine Stellung syrischer Regierungstruppen zeigt, nutzen tut das Giftgas nicht dem Assad, sondern seinen Gegnern. Denn schließlich ist der Sieg Assads über die seinerzeit von westlicher Seite motivierten Bürgerkrieger bereits absehbar, also braucht man eine Eskalation...

Darum hier als Gegenbild ein Artikel von Karin Leukefeld, der am 6.4.2017 auf www.jungewelt.de veröffentlicht wurde:

Syrien-Konferenz in Brüssel von vermeintlichem Giftgasangriff überschattet. Westen verurteilt Regierung - ohne Beweise


Ein Mann aus Idlib wird am Dienstag in ein Krankenhaus im türkischen Grenzort Reyhanli gebracht Foto: Ferhat Dervisoglu/Dogan News Agency via REUTERS

Eigentlich sollte es am Dienstag und Mittwoch in Brüssel darum gehen, wie Syrien und seine Nachbarländer in Zukunft unterstützt werden können. Eingeladen hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, »Kovorsitzende« waren Deutschland, Norwegen, Großbritannien, Katar und Kuwait sowie die Vereinten Nationen, die von dem Syrien-Beauftragten Staffan De Mistura vertreten wurde. Vertreter von insgesamt 70 Staaten und internationalen Hilfsorganisationen waren in die belgische Hauptstadt gereist, um darüber zu beraten, wieviel Geld für welche Gebiete in Syrien und in den Nachbarländern aufgebracht werden soll - und unter welchen Bedingungen.

Doch noch bevor die ersten Gespräche beginnen konnten, bestimmte ein Luftangriff in dem syrischen Ort Khan Scheikhun (Provinz Idlib) die Tagesordnung. Mehr als 70 Menschen waren dabei am Dienstag getötet worden, Hunderte wurden verletzt. Ein Krankenhaus, das die Verletzten versorgte, wurde mit einer Rakete beschossen.

Die Nachrichten über einen angeblichen Giftgasangriff war von der bewaffneten Opposition in Khan Scheikhun verbreitet worden. Verantwortlich seien entweder »russische oder syrische Kampfjets«. Die »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte« in Großbritannien sorgte für die weltweite Verbreitung der Nachricht, die »Nationale Koalition« (Etilaf) in Istanbul forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Unmittelbar darauf verurteilte Mogherini den Angriff und machte den syrischen Präsidenten verantwortlich. Frankreich, Großbritannien und die USA legten in Windeseile einen Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat vor. US-Außenminister Rex Tillerson forderte Russland auf, den syrischen Präsidenten »zu stoppen«. Der UN-Beauftragte De Mistura forderte eine internationale Untersuchung und warnte vor vorschnellen Schuldzuweisungen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das russische Verteidigungsministerium bereits mitgeteilt, zu dem besagten Zeitpunkt keine Angriffe im betroffenen Gebiet geflogen zu haben. Die syrische Luftwaffe habe dort ein Waffenlager bombardiert, in dem vermutlich Giftgas produziert oder gelagert worden sei. Die russische Luftüberwachung habe ergeben, dass »die syrische Luftwaffe zwischen 11.30 und 12.30 Uhr am östlichen Rand von Khan Scheikhun einen Luftangriff auf ein zentrales Munitions­lager und militärisches Material« durchgeführt habe, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenko. »Auf diesem Gebiet waren auch Werkstätten, in denen Geschosse mit giftigem Material gefüllt wurden.« Die Symptome, die auf dem aus Khan Scheikhun verbreiteten Videomaterial zu sehen gewesen seien, entsprächen denen, die man auch in Aleppo nach Angriffen mit chemischen Waffen beobachtet habe, so der Sprecher weiter. Russland habe seine Untersuchungen der UN-Organisation zum Schutz vor chemischen Waffen (OPCW) übergeben, die das Material prüfe.

Die syrische Armeeführung verurteilte ebenso wie das syrische Außenministerium das mit Giftgas verübte »Verbrechen an der Bevölkerung« von Khan Scheikhun und machte die bewaffneten Gruppen verantwortlich. Die Armee habe »nie chemische Waffen gegen die Bevölkerung eingesetzt und werde es nie tun«, so ein Armeesprecher. Die Angriffe bei Khan Scheikhun seien mit Suchoi Su-22-Kampfjets durchgeführt worden, die keine Chemiewaffen transportieren könnten. Syrien habe die Chemiewaffenkonvention 2013 unterzeichnet und alle Bestände seien von der UNO abtransportiert und vernichtet worden, sagte der stellvertretende syrische Außenminister Feisal Mekdad im Interview mit dem Sender Al Mayadeen.

Soweit aus der "Jungen Welt"

Und nun noch die Ansichten des Nahostexperten Michael Lüders am 5.4.2017 im ZDF über Giftgas in Syrien:


Wenn dann wieder von der "Lügenpresse" die Rede ist, dann ist das eine böse Hetze gegen alleinseligmachende US- und NATO-Wahrheiten...