… oder panem et circenses, wie es schon im alten Rom hieß und
schon damals von staatstragender Bedeutung war. Aber weder damals noch
heute lebt der Mensch vom Brot allein. Bei uns gehört
gegenwärtig zum Brot auch das Auto usw., und die Spiele finden
überwiegend auf einem Bildschirm statt. Bei den Römern war das Regieren
noch nicht so einfach wie heute, denn es gab noch nicht so gute
Möglichkeiten zur nachhaltigen Beeinflussung der Bürger wie heutzutage
die unauffällige aber wirksame Propaganda per TV und Qualitätsmedien.
Zwischen den Medien und ihren Konsumenten hat es außerdem in den
letzten Jahrzehnten eine Art Ko-Evolution gegeben: Ihr Angebot, fast
ausschließlich optimiert im Hinblick auf Auflage bzw. Einschaltquote,
und das Konsumverhalten der Bürger hat sich gegenseitig in einer
rückgekoppelten "Spirale abwärts" zu einem immer trivialeren und
einseitigerem Niveau verstärkt. Dies wird zunehmend bestimmt durch
Sensationen, professionalisierten Sport (das moderne Opium für das Volk nach Terry Eagleton),
Neugier auf Prominente, kommerzielle Werbung u.ä. Die letzten Freiräume
zum Nachdenken und zur Besinnung des Einzelnen werden durch die
ständige Benutzung von Smart Phones u.ä. "zugemüllt". Die meisten
Menschen lassen sich inzwischen rund um die Uhr davon abhalten, selbst
zu denken.
In dieser Wüste der schwindenden Individualität haben die ideologischen
Botschaften der etablierten Parteien leichtes Spiel, die Menschen durch
geschickte, wenig auffällige Desinformation und Propaganda in ihrem
Sinne zu beeinflussen und zu lenken. Durch die Medien wird eine
Rückkopplung zwischen der angemaßten politisch korrekten
Ideologie der Herrschenden und der Meinungsbildung ihrer Untertanen
aufgebaut und, wie bei jeder Rückkopplung, nachhaltig stabilisiert. Eine
tragende Rolle spielen dabei das überwiegend von den regierenden
Parteien dirigierte und von den Bürgern zwangsfinanzierte ÖRR-Fernsehen
und die von großen Medienkonzernen beherrschte Presse. Solange sich der
gewohnte Wohlstand der Bürger nicht spürbar verschlechtert, können die
Regierenden deshalb inzwischen machen, was sie wollen.
Sie werden vielleicht fragen, ob ein stabiler Zustand nicht etwas
Positives und Gutes ist? Die Antwort ist abhängig von der Art der
Gesellschaftsordnung, die dadurch stabilisiert wird. Im Westen sind das
gegenwärtig der neoliberale Fundamentalismus und die repräsentative
Demokratie. Letztere ist gekennzeichnet durch die Herrschaft der Kaste
der regierenden Parteien. Der Wohlstand kann dabei seit der
Euro-Einführung und den Bankenkrisen nur noch mühsam mit einer immensen,
ständig wachsenden Staatsverschuldung erhalten werden, die zu einer
enormen "Krötenwanderung" von unten nach oben geführt hat.. Die Schulden
sind und bleiben aber die Schulden der Bürger. Sie sind derart riesig,
dass sie nur noch durch irgendeinen Crash aus der Welt geschafft werden können; nach Thomas Piketty etwas zwischen galoppierender Inflation, Währungsreform (oder eine andere Form der Zwangsenteignung) oder … Krieg.
Je weiter sich Ideologie und Propaganda der Regierenden von der
Realität entfernen, umso mehr sind Maßnahmen nötig wie die Verteufelung
jeglicher Opposition, die Unterdrückung der Meinungsfreiheit usw. Eine
unabhängige Meinungsbildung und Berichterstattung durch soziale
Netzwerke und andere Medien im Internet wird deshalb inzwischen mit
Strafen bedroht. Populistisch begründet mit dem Schlagwort Hassparolen
usw., wobei aber die Regierung im Einzelfall bestimmt, was das ist. Die
Freiheit der Desinformation der regierungsamtlichen Propagandamedien
bleibt dabei natürlich unangetastet.
Die Entwicklung einer Diktatur der etablierten Parteien ist schon weit
fortgeschritten. Vorbei und vergessen ist das Ideal von den Medien als
Vierte Gewalt in der Demokratie (z.B. Jürgen Habermas). Entscheidend
wichtig dafür wäre nämlich eine fundierte kritische Haltung und
Berichterstattung gegenüber den anderen Gewalten statt – wie gegenwärtig
– der Rolle des Propaganda-Sprachrohrs. Selbst der investigative Journalismus ist inzwischen schon fast etwas Anrüchiges an der Grenze zum Geheimnisverrat.