Dönmez: Ein Hoch dem 1. Mai?

Efgani Dönmez, Mediator, Konfliktberater und Lektor.

Die Digitalisierung der Arbeitswelt schreitet mit rasanten Schritten voran, die Arbeitswelt, welche wir heute kennen, wird sich grundlegend verändern.

Mit ihr auch die Gesellschaft. Diese Veränderungen sind heute schon sichtbar. Jene, die eine gute Ausbildung besitzen, welche in Branchen angesiedelt ist, wo die Wirtschaft eine große Nachfrage verzeichnet, gehören jetzt schon zu den gefragten Experten. Von Arbeitslosigkeit und geringem Einkommen sind diese Berufsgruppen kaum betroffen. Was ist mit dem Rest? Mit der großen Masse an Personen, die aus welchen Gründen auch immer diese Leistung/Expertise nicht erbringen können?

Der Druck und der Verteilungskampf um die Ressource Arbeit werden immer größer. Der Verdrängungswettbewerb ist in gewissen Branchen nicht zu übersehen. Die Gastronomie und der Landwirtschaftssektor kommen aus dem Jammern nicht heraus, da gutes Personal schwer zu finden ist – auch, weil Verdienst und Arbeitszeiten nicht attraktiv sind. So muss das AMS teilweise bis in die Ukraine oder nach Norddeutschland ausrücken, um Mitarbeiter anzuwerben und gleichzeitig mehr als 490.000 Arbeitslose in Österreich verwalten.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte plus, mit der höher qualifizierte Migranten unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, deren Kontingente in den vergangenen Jahren kaum ausgeschöpft wurden, veranschaulichen das Dilemma, in dem Österreich steckt. Für besser und höher Qualifizierte ist Österreich trotz seiner hohen Lebensqualität, im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe der Welt, kein interessanter Standort. Die Zuwanderung nach Österreich erfolgte zuletzt primär über die Asylschiene. Die Bereitschaft, einer Arbeit nachzugehen, ist nicht bei allen, aber bei sehr vielen Flüchtlingen stark ausgeprägt.

Die entscheidende Frage ist, ob deren Qualifikationen ausreichend sind, um in einer hoch technologisierten Dienstleistungsgesellschaft die eigene Existenz aus der eigenen Arbeitskraft bestreiten zu können. Wenn man sich das unterschiedliche, jedoch meist geringe Bildungsniveau der Flüchtlinge genauer ansieht, dann wird es mit unserem lahmen Bildungs-, Integrationssystem noch Generationen dauern, bis wir einen Bruchteil der auf Dauer in Österreich bleibenden Migranten so weit haben, dass sie annähernd am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig werden. Die anerkannten Flüchtlinge mit guter Ausbildung verlassen jetzt schon Österreich Richtung Deutschland, da dort die Rahmenbedingungen attraktiver sind als bei uns.

Österreich muss lernen umzudenken, mit 1.-Mai-Aufmärschen oder Feiern zum Tag der Arbeitslosen und hitzigen Reden in Festzelten schafft man keine Arbeitsplätze. Arbeitsplätze werden durch Firmen geschaffen, die gute Rahmenbedingungen vorfinden!