Die Europaabgeordneten drängen die EU-Kommission dazu, neu zu bewerten,
welche Länder auf die schwarze Liste für unkooperative Geldwäsche-Staaten
aufgenommen werden. In einer gemeinsamen Abstimmung der Ausschüsse für
Wirtschaft und Währung (ECON) sowie bürgerliche Freiheiten (LIBE)
hat am Mittwoch eine Mehrheit der Mitglieder eine entsprechende Resolution angenommen.
Um Rechtskraft zu erlangen, muss die Resolution noch vom Plenum verabschiedet
werden.
Die vierte Anti-Geldwäsche-Richtlinie aus dem Jahr 2015
ermächtigt die EU-Kommission, hoch riskante Drittländer zu ermitteln.
Für diese Staaten gelten dann verstärkte Sorgfaltspflichten bei der
Kundenidentifizierung. Die erste und noch gültige schwarze Liste der Kommission
vom Juli 2016 umfasste elf Länder. Im Januar 2017 hatte das Europäische
Parlament einen delegierten Rechtsakt der Kommission zum Streichen des Staates
Guyana zurückgewiesen. Nun schlägt die Kommission vor, Guyana durch
Äthiopien zu ersetzen. Damit vollzieht die Kommission lediglich die Empfehlungen
der Financial Action Task Force (FATF) nach, dem internationalen Forum gegen
Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Das haben ECON und LIBE heute zurückgewiesen.
Die
Abstimmung kommentiert der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion
im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
"Die schwarze Liste
von Geldwäsche-Staaten der EU-Kommission ist lächerlich. Kein einziges
wichtiges Offshore-Finanzzentrum findet sich auf der Liste. Auf der wirkungslosen
Liste Guyana durch Äthiopien zu ersetzen, ist ein Witz. Die Kommission
macht keine Anstalten, die Bedenken des Parlaments ernst zu nehmen.
Die
EU braucht eine echte schwarze Liste von Geldwäsche-Staaten. Angesichts
der jüngsten Leaks zu Geldwäsche und Steuerflucht ist inakzeptabel,
dass Panama und andere wichtige Steueroasen immer noch nicht auf der schwarzen
Liste der Kommission stehen.
Anstatt nur den Empfehlungen der Financial
Action Task Force (FATF) zu folgen, muss die Kommission eine eigenständige
Bewertung vornehmen und dringend mehr Personal für die Bekämpfung
von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einsetzen. Mit einer armseligen
Anzahl von nur sechs Mitarbeitern, die sich mit der Bekämpfung der Finanzkriminalität
im Keller der Generaldirektion Justiz und Verbraucherschutz beschäftigen,
kann die EU-Kommission ihre Aufgaben nicht erfüllen. Personal und Ressourcen
müssen kurzfristig auf mindestens 20 Mitarbeiter aufgestockt werden."
Die
schwarze Liste für hochriskante Geldwäsche-Staaten der EU-Kommission
vom Juli 2016 umfasste folgende elf Länder: Afghanistan, Bosnien, Guyana,
Irak, Laos, Syrien, Uganda, Vanuatu, Jemen, Nordkorea und Iran. Durch den delegierten
Rechtsakt soll Guyana von der schwarzen Liste gestrichen und durch Äthiopien
ersetzt werden. Die Liste enthält keinen einzigen der wichtigen Offshore-Finanzplätze.
Am 19. Januar 2017
verabschiedete Resolution
des Europäischen Parlaments zur Ablehnung des delegierten Rechtsakts der
Kommission vom 24. November 2016
Delegierter Rechtsakt
der EU-Kommission vom 24. März 2017 zur Änderung der Liste unkooperativer
Geldwäsche-Drittstaaten
Brief
der EU-Justizkommissarin Vera Jourova an die Ausschussvorsitzenden von ECON,
LIBE und PANA
Resolution
der Ausschüsse ECON-LIBE zur Zurückweisung des delegierten Rechtsakts
der Kommission vom 24. März 2017
Änderungsanträge
zur Resolution der Ausschüsse ECON-LIBE zur Zurückweisung des delegierten
Rechtsakts der Kommission vom 24. März 2017
Kriterien der vierten
Anti-Geldwäsche-Richtlinie zur Erfassung von Ländern auf der schwarzen
Liste (Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2015/849):
Vorgehen gegenüber
Drittländern - Artikel 9
(1) Zum Schutz des reibungslosen Funktionierens
des Binnenmarkts wird ermittelt, welche Drittländer in ihren nationalen
Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
strategische Mängel aufweisen, die wesentliche Risiken für das Finanzsystem
der Union darstellen (im Folgenden ?Drittländer mit hohem Risiko?).
(2)
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 64
delegierte Rechtsakte zu erlassen, um Drittländer mit hohem Risiko unter
Berücksichtigung der strategischen Mängel zu ermitteln, die insbesondere
Folgendes betreffen:
a) den rechtlichen und institutionellen Rahmen für
die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in dem
Drittland, insbesondere
i) die Einstufung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung
als Straftatbestand,
ii) Maßnahmen in Bezug auf Sorgfaltspflichten
gegenüber Kunden,
iii) Anforderungen an die Führung von Aufzeichnungen
und
iv) die Pflicht, verdächtige Transaktionen zu melden;
b) die
Befugnisse und Verfahren der zuständigen Behörden des Drittlands für
die Zwecke der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung;
c)
die Effektivität des Systems zur Bekämpfung der Geldwäsche und
der Terrorismusfinanzierung des Drittlands beim Vorgehen gegen die entsprechenden
Risiken.
(3) Die delegierten Rechtsakte nach Absatz 2 werden innerhalb
eines Monats nach Ermittlung der in jenem Absatz genannten strategischen Mängel
erlassen.
(4) Die Kommission berücksichtigt bei der Ausarbeitung
der in Absatz 2 genannten delegierten Rechtsakte gegebenenfalls einschlägige
Evaluierungen, Bewertungen oder Berichte internationaler Organisationen und
Einrichtungen für die Festlegung von Standards mit Kompetenzen im Bereich
der Verhütung von Geldwäsche und der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung
hinsichtlich der von einzelnen Drittländern ausgehenden Risiken.