ÖVP-Chef zurückgetreten

Das war eigentlich schon eine ganze Weile zu erwarten, am 10.5.2017 gab der ÖVP-Vorsitzende und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner mittags kurz nach halbeins seinen Rücktritt bekannt. Er wolle kein "Platzhalter" sein, ließ er wissen, was sich offenbar auf Außenminister Sebastian Kurz bezog, der schon einige Zeit bei allen Umfragen nach dem Vertrauen zu Politikern an der Spitze und weit vor Mitterlehner liegt.

Das hat sich daraus ergeben, dass einige ÖVP-Politiker beim Asylansturm 2015 erkannt hatten, dass man es nicht der FPÖ überlassen kann, sich mit der von über achtzig Prozent der Bevölkerung ablehnten "Willkommenskultur" auseinanderzusetzen.
Darum wurde dann im Jänner 2016 die Balkanroute geschlossen und die Regierung ergriff Maßnahmen, eine Wiederholung einer fast 90.000 Personen starke Flüchtlingswelle zu verhindern. Bei der SPÖ ist dazu Verteidigungsminister Doskozil auffällig, bei der ÖVP - neben den Innenministern - Außenminister Kurz, der auch thematisiert, dass sich die EU als Ganzes praktisch kaum um das Flüchtlingswesen kümmert und diesen Bereichen den willkommenskulturellen Staaten überlässt. Schweden hat im Dezember 2015 seine Grenzen geschlossen, in der BRD hat dies Kanzlerin Merkel zumindest verbal am CDU-Parteitag im Dezember 2016 versucht: "Eine Situation wie die des Sommers 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen. Das war und ist unser und mein erklärtes politisches Ziel." Dass sie den Ansturm 2015 selber ausgelöst hat, dazu sagte sie natürlich nichts.

Der ORF meldet zum Rücktritt: "Kern bietet Kurz 'Reformpartnerschaft' an. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) würdigt in seiner ersten Stellungnahme ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (..). Er biete 'der ÖVP und Sebastian Kurz' eine 'Reformpartnerschaft' an, so Kern offenbar in der fixen Annahme, dass Kurz neuer ÖVP-Chef wird. Die Konzepte befänden sich in den Schubladen, es gehe ausschließlich um den Willen. Kern machte neuerlich klar, dass er gegen Neuwahlen sei."

Was lernen wir daraus? Die Rechtspopulisten finden bei den Wählern immer dann Zuspruch, wenn sich Dinge ereignen, die von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt werden. Und die Zuwendung zu den Rechtspopulisten sinkt, wenn die Ängste und Befürchtungen der Menschen von den Regierenden wahrnehmbar ernst genommen werden. Wozu dann natürlich jeweils der Vorwurf aus dem Bereich der Moralisierer lautet, die Regierung wäre selber rechtspopulistisch. Aber es ist eben so, dass das erlebte Dasein bestimmt, was die Menschen als positiv oder negativ aufnehmen und nicht was Moralprediger vorpredigen. So ist die Islamophobie eben im Wortsinn die Angst vor dem Islam. Und daran sind nicht die Rechtspopulisten schuld, sondern eben die Islamisten und alle, die sich vor lauter Toleranz gegenüber einer altzeitlichen und unerbittlichen Weltanschauung hingebungsvoll zersprageln! Für den Islam werden eben keine Kopftücher umgebunden...

Gespannt kann man nun sein, wie es weitergeht. Die ÖVP als christliche Partei der Konzern- und Finanzwirtschaft hat ja keinen richtigen Widerpart, seit 20 Jahren gibt es in Österreich keine Reallohnerhöhungen mehr, aber die Abschaffung des von der Arbeiterbewegung im jahrzehntelangen Kampf errungenen Achtstundentages steht auf der Tagesordnung und vom Widerstand dagegen sind keine lauten Töne zu vernehmen.

Die Darstellung der Lage am Ausbeutungsmarkt durch die Arbeiterkammer OÖ wird seitens der Ausbeuterklasse und ihrer Partei weiterhin auf heftige Kritik stoßen, auch wenn der Clip inzwischen devot aus den Kinos zurückgezogen wurde:

Auf YouTube ist der Miesmacher Rap noch zu hören und zu sehen, meinereiner hat sich dazu vorsichtshalber einen Tonmitschnitt abgespeichert. Man weiß ja nie, wann die herrschende Klasse auch dort ihre Zensur einsetzen kann, denn Kritik am realen Neoliberalismus ist politisch höchst unkorrekt...