Liebe Regensburger Domspatzen

Seit 20.7.2017 zieht dieses Briefchen durchs Internet, ein ehemaliger Domspatz schreibt anlässlich des Schlussberichtes über die katholische Behandlung der Regensburger Domspatzen durch die Domherren an seine Leidensgefährten:

Liebe Regensburger Domspatzen,
ich war einer von Euch, habe mit Euch in unserem gotischen Dom in Regensburg gesungen. Wir trugen unsere Chorkleider, rot, weiß.
Wenn das Licht durch die Fenster auf den Altar schien, versuchte ich, wie ein Engel zu singen.
Natürlich hatte einer von uns ein blaues Auge. In den 50er-Jahren schlugen Erwachsene Kinder. Mich schlug ein Präfekt, ein Priester mit so einer Wucht, dass ich auf den Gang in der Klasse fiel.
Ich weiß nicht, was ich angestellt habe. Was für ein Verbrechen kann ein elf-, zwölfjähriger Junge verüben? Hat er zu laut gelacht, störte er den Unterricht?
Woran ich mich erinnere, ist die Erleichterung, die ich empfand, als ich ins Gesicht geschlagen wurde. Es war die Erleichterung, dass ich nicht ein zweites Mal ins Gesicht geschlagen wurde.
Ich nahm das als Strafe.
Der Schmerz des Schlages ist nicht schlimm, einen Tag später spürt man nichts mehr.
Ich war damals ein Kind. Ich wollte ein singender Engel sein. Wenn ich den Ton nicht traf, bekam ich eins auf die Fresse.
Meine Eltern schickten mich auf ein normales Gymnasium. Gott sei Dank. Sie haben gesehen, wie verstört ich war.
Herzlichst, Euer alter Domspatz