Wie hier schon mehrfach geschrieben, ist die FPÖ ein besonders
gefährlicher Feind der FPÖ! 2016 bei der Bundespräsidentenstichwahl
erreichte der FPÖ-Kandidat Hofer in der ersten Variante knapp 50 % der Stimmen,
dann setzte man in der Wahlwiederholung weniger auf die Themen, die die Stimmen
gebracht hatten, sondern glaubte offenbar mit dem Slogan "so wahr mir Gott
helfe" ÖVP-Stimmen lukrieren zu können, vertrieb damit aber wohl eher religiöse
Wähler, weil das war für diese bestimmt ein Verstoß gegen das 2. Gebot, "Du
sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen". 2017 standen die Aktien der FPÖ
lange Zeit weiterhin hoch im Kurs, bis 35 % FPÖ-Wähler wurden
umerfragt.
Dann kam der Sebastian Kurz, der hatte wahrgenommen, was
SPÖ und Grüne nicht wahrnehmen dürfen: nämlich Missstimmungen im Wählervolk, die
von den politischen Parteien ignoriert wurden. Der Kurz ernannte sich zum
Charismatiker und nahm diesen Themenbereich auf, er hatte es erkannt, dass man
Wähler am sichersten verscheucht, wenn man über den Rechtspopulismus wettert und
selber möglichst unpopulistisch agiert, er änderte das, stieg blitzschnell in
seiner Popularität empor, im Mai 2017 kletterten die Zahlen für die ÖVP in den
Wahlumfragen in den ersten drei Wochen von 21 auf 35 %, so einen Riss nach oben
hat es wohl in Österreichs Politik noch nie gegeben! Die FPÖ fiel im selben
Bereich von 32 auf 26 %, die SPÖ von 29 auf 26%, die Grünen stagnierten seit dem
Sager des Herrn Bundespräsidenten über die Pflicht österreichischer Frauen aus
Solidarität mit Kopftuchträgerinnen, auch Kopftücher tragen zu müssen, da waren
sofort ein Drittel Grünwähler weg.
Kurz wurde wegen seines
Rechtspopulismus gerügt, die FPÖ wusste nicht, was sagen oder machen sollte.
Zwar hatte sich der Kurz bereits anfangs 2016 mit seiner taktisch sehr geschickt
organisierten Blockierung der Balkanroute im FPÖ-Sinne betätigt, aber die FPÖ
war zu dämlich gewesen, das Offensichtliche jeden Tag laut zu wiederholen: der
Kurz macht das, weil die FPÖ das will und die FPÖ will das, weil die
Österreicher in größter Mehrheit (laut Umfragen: 85%) den enormen
Asylantenzustrom von 2015 ablehnten.
Und als nun der Kurz zum alleinigen
ÖVP-Handlungsbevollmächtigten ernannt wurde, war es dafür zu spät, zudem
kündigte der frustrierte Grüne Peter Pilz an, der kein Anhänger der
Unpopulismus-Politik seiner Partei gewesen war, selber kandidieren zu wollen.
Die neue grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek erklärte ja ganz
unmissverständlich, welche Ansprüche Menschen zu erfüllen hätten, damit sie grün
wählen dürfen, weil die GrünenInnen sind die LehrerInnen, die die WählerInnen
erzieherInnen!
Und so wird dem Sebastian Kurz der Wahlsieg wohl nicht
mehr zu nehmen sein, die FPÖ liegt bei den aktuellen Umfragen im
Zwanzigprozentbereich, etwa gleich auf mit der SPÖ, der Umfrageerste von 2016
und 2017 kann auch Dritter werden. die Grünen werden wohl die Hälfte ihrer 12,4
% von 2013 einbüßen und Pilz hat nun am 27.7.2017 seine Ankündigung fix gemacht, er tritt mit
der "Liste Pilz" an und mit selbstausgewählten Kandidaten, die auch einen Sinn
dafür haben, populär sein zu wollen, indem man den in großen Teilen der
Bevölkerung herrschenden Unmut in verschiedenen Bereichen zum Thema und zum
politischen Anliegen macht. Wenn die Pilzischen diesbezüglich einen vernünftigen
Wahlkampf gestalten, müssten sie auch in der Lage sein, von der FPÖ frustrierte
ehemalige SPÖ-Wähler zurückzugewinnen, da die FPÖ ja bis heute nicht den
geringsten Versuch gemacht hat, sich beispielweise mit den 85% Arbeiter, die den
Hofer gewählt hatten, politisch zu befassen.
Wenn Kurz nach der Wahl
eine Koalition mit der FPÖ macht, was ja zu erwarten ist, hat er dasselbe
Problem wie anno 2000 der Schüssel: die FPÖ ist keine Partei mit klugen
Köpfen, sie hat nicht einmal Schlauköpfe in ihren Reihen. Die politische
Situation in Österreich sieht somit nicht gut aus, die SPÖ hat ihre Klientel
schon lange Jahre im Stich gelassen, das hat man von Vranitzky und Klima gelernt
und nie revidiert, die NEOS sind noch mehr eine Partei des Neoliberalismus als
die ÖVP, die Grünen sind selbstherrliche Moralisierer, die von der
Lebensrealität der Masse der Menschen in Österreich nicht einmal eine ansatzweise
Ahnung haben und der Pilz wird zwar wahrscheinlich Grüne und NEOS überholen,
aber eine politische Umkehrung wird er auch nicht verursachen.
Leider.
Anmerkung zum obigen Titel "Die FPÖ macht sich selber schwach",
die übliche politische Auseinandersetzung mit der FPÖ läuft über die Schiene
"Rechtspopulismus", man moralisiert also gegen die FPÖ, statt sich konkret
inhaltlich mit ihr auseinanderzusetzen. Wenn einem FPÖler wieder einmal ein
traditioneller Sager auskommt, wie dem Abgeordneten Johann Hübner über den
Ersteller der österreichischen Bundesverfassung, Hans Kelsen, den er wegen
seiner jüdischen Herkunft mit dem verbreiteten jüdischen Namen "Kohn"
versah, dann befasst man sich natürlich
ausführlich damit und dem Hübner blieb letztlich nichts anderes übrig, als seine
Kandidatur für die heurige NR-Wahl zurückzunehmen, die ÖVP hat nun keinen Grund
mehr, keine ÖVP-FPÖ-Koalition zu machen. Aber dass man die Frage stellt, was die
FPÖ zu einer Wahlpartei für die große Masse der Arbeiter macht, tut niemand: weil
dadurch würde die SPÖ bis auf die Knochen bloßgestellt, die FPÖ tut heute nichts
für die Arbeiter, aber die SPÖ hat das die ganzen Jahre her ebenfalls so gemacht
und kann daher das Thema gar nicht mehr öffentlich behandeln. Die SPÖ hat
sich durch ihre Privatausgleich mit dem Neoliberalismus ebenfalls selbst enorm
geschwächt...