15 Jahre Afghanistan-Einsatz

Aussendung von Dr. Thomas Tartsch vom 3.10.2017

Wie der Westen den "Krieg gegen den Terrorismus" verliert.
Lehren aus 15 Jahren Afghanistan-Einsatz - Krieg gegen Taliban et al. auf absehbare Zeit nicht zu gewinnen

Der erste SIGAR-Bericht (10 MB!!) überhaupt, der sich mit den Lehren aus 15 Jahren Afghanistan-Einsatz beschäftigt.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Aber keine Überraschung für diejenigen, die die Lage vor Ort kennen. Und realistisch einschätzen.:
Bis auf die Afghan Special Forces (Ktah Khas) sind die übrigen afghanischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage, genügend militärische Schlagkraft zu entwickeln, um Taliban und  dschihadistische Kräfte offensiv und erfolgreich zu bekämpfen.
Vielmehr besitzen die Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF), bis auf die urbanen Gegenden Afghanistans, gar nicht die militärische Stärke, um in den Provinzen offensiv vorzugehen, da etwa die Afghan National Army (ANA) von 2013 - 2016 jeden dritten Soldaten verloren hat. Zudem bestehen keine engen Vertrauensverbindungen zwischen der afghanischen Bevölkerung und den ANDSF, die als korrupt gelten, womit die ANDSF gar nicht als Schutzmacht anerkannt werden.
Damit konnten sich die Taliban und andere dschihadistische Kräfte seit Jahren in den Provinzen ungestört ausbreiten.
Derzeit besitzen die Taliban und dschihadistische Kräfte in Afghanistan die Kontrolle über 41 Provinzen. 118 Provinzen sind umkämpft. Und bei 24 Provinzen ist nicht geklärt, ob die Taliban dort die Kontrolle besitzen. Das bedeutet, rund 45% der Provinzen in Afghanistan sind für die afghanische Regierung verloren oder derzeit umkämpft.'
Damit wird der Konflikt in Afghanistan, ungemindert und ungehindert von den afghanischen Sicherheitskräften, weitergehen, bis Taliban und dschihadistische Kräfte die meisten Provinzen unter ihre Kontrolle gebracht haben, während die schwache afghanische Regierung nur noch die Umgebung von Kabul unter ihre Kontrolle behalten wird. Und das auch nur mit Hilfe westlicher Truppen und "privater Dienstleister" (Söldner).
Was ein altbekannter Zustand ist, da bislang in der Historie Afghanistans keine Regierung eine fest verankerte und von der Landbevölkerung anerkannte Autorität in den Provinzen besessen hat.
SIGAR fordert langfristige Strategien, was bedeutet, die westlichen Mächte müssen wieder mehr Geld und noch mehr eigene militärische Kräfte nach Afghanistan entsenden. So wie es die Vereinigten Staaten vorgemacht haben.

Zwei Fragen stellen sich damit.:
Welches westliche Land will in den "vergessenen Krieg Afghanistan" noch über Jahrzehnte intervenieren, da dieser Konflikt schon mit Beginn Ende 2001, nach militärischen Maßstäben, aufgrund vollkommen falscher Strategien, gescheitert ist?
Und auch nie zu gewinnen war, weil man sich viel zu wenig und viel zu kurz engagiert hat?

Dr. Thomas Tartsch - www.thomastartsch.org