Die
Target-Salden sind das Erbe des Dilettantismus', mit dem die Euro-Zone eingerichtet
wurde. Es findet kein Salden-Ausgleich statt, und dieser schwere Fehler öffnet
die Tür für ungerechte Transfers und unbeschlossene Subventionen (Bild:
pixel2013, pixabay).
Wenn in der Eurozone Verhandlungen anstehen, wird
über neue Subventionsforderungen gesprochen (Bankenunion, Finanzunion),
ohne dass zunächst einmal die Korrektur der Target-2-Schieflage eingefordert
würde. Das wäre vordringliche Aufgabe der deutschen und Luxemburger
Verhandler, denn Deutschland und Luxemburg haben zusammen mehr als eine Billion
Euros Forderungen aus dem Target-System. Der aktuelle deutsche Saldo ist 914
Mrd. Forderung der Deutschen Bundesbank an die EZB, der höchste jemals
dagewesene Betrag.
Die beste Erklärung zu den Target-2-Problemen kommt von Prof. Hans-Werner
Sinn (Siehe Medien-Links 3, 4, 5)). Target 2 ist demnach "ein gigantisches
Umschuldungsprogramm" geworden. Wenn z.B. die italienische Notenbank italienische
Staatsanleihen von deutschen Banken kauft (und das macht sie ständig dank
QE-Programm = EZB-Geldschwemme), gibt es entsprechende Nettoüberweisungen
von Italien nach Deutschland im Target-System. Die Banca d'Italia hat dann die
Staatsanleihen, die Deutsche Bundesbank hat Forderungen an die EZB. So verwandeln
sich zinstragende, verbriefte und mit einer Fälligkeit ausgestattete Schulden
in eine Buchschuld beim Eurosystem und damit indirekt bei der Bundesbank.
Diese
Buchschuld kann niemals fällig gestellt werden und bringt nur einen Zins
in Höhe des Zentralbankzinses, und der ist (seit Jahren) Null.
Kredite,
die keine Zinsen bringen und nicht zurückgezahlt werden, sind aber nichts
wert.
Target2 heißt Trans-European
Automated Real-time Gross Settlement System. Das System spiegelte früher
die Kapitalflucht von den “Club-Med”-Staaten in Südeuropa (Griechenland,
Spanien, Italien) in die Banken der nördlicheren Euro-Staaten. (Da kaufte
ein Italiener einen Porsche in Deutschland, und am Ende besaß er das Auto,
der Verkäufer das Geld, aber die Deutsche Bundesbank bloß eine Forderung
an die EZB und die EZB eine Forderung an die Banca d'Italia, nach der Logik,
das gleicht sich durch Käufe in der umgekehrten Richtung aus – tut es aber
nicht, wie die Kurven zeigen.) Jetzt spiegelt das Target-System die Geldflüsse
des QE-Programms – beides führt zu immer größeren Salden (Deutschland
und Luxemburg positiv, d.h. "Kreditgeber", Italien und Spanien negativ,
d.h. "Kreditnehmer").
(Bild:
Universität Osnabrück, 1.) Die deutschen Zahlen der letzten 3 Monate:
31.
Dezember 2017, Betrag: 906.941.417.444,22 Euro
31. Januar 2018, Betrag:
882.051.841.960,72 Euro
28. Februar 2018, Betrag: 913.989.050.687,57
Euro
Was in dem Bild auffällt, ist der Saldo der EZB selber. Nach
Italien (-450 Mrd. Saldo) und Spanien (-380 Mrd.) ist die EZB mit -220 Mrd.
der drittgrößte "Kreditnehmer" im System, Tendenz noch
mehr Kredit. Nebenbei hat die Bundesbank auch Mrd.-Verbindlichkeiten aus dem
Bargeldumlauf an das Eurosystem, weil Deutschland fast 50% der umlaufenden Banknoten
emittiert, während es nach dem Kapitalschlüssel nur 27% sein sollten.
Das
ändert aber nichts an der gewaltigen Schieflage. Nach Prof. Sinn besteht
die Hälfte des durch die Exportüberschüsse akkumulierten Auslandsvermögens
aus bloßen Target-Forderungen der Bundesbank.
Das heißt, die Bundesbank hat einen Teil der Autos kreditiert, die wir
ins Ausland liefern, und sie bekommt dafür bloß unverzinsliche Buchforderungen
gegen das Eurosystem, die sie nicht fällig stellen kann.
Da ist
hintenrum eine Umverteilung eingeführt worden. Die Vermögensverlagerung
läuft von den Ländern mit positivem Saldo zu denen mit negativem Saldo.
Die Kurven oben und die Zahlen unten zeigen, dass die Salden immer weiter auseinanderdriften.
Am Anfang galt noch die Behauptung, das würde sich von selber ausgleichen,
aber das hat nur 8 Jahre lang gestimmt. Jetzt wird vielfach behauptet, das wäre
ganz egal, solange keiner aus dem Euro-System austritt, würde ja nicht
Kasse gemacht.
Die Zeit ist aber reif für die Erkenntnis, dass unverzinsliche, nicht
fällig zu stellende Forderungen an die EZB am Ende nicht mal erzwungene
Kredite sind, sondern bloß erzwungene Geschenke. Die deutsche Geschenkpackung
ist bald 1 Billion groß. Am bedenklichsten ist, dass das anscheinend niemanden
in der Regierung bekümmert (Bild:
EZB).
Medien-Links
zu Target2:
1. Euro Crisis
Monitor (Universität Osnabrück)
2. Target
2 Historical Data (EZB)
3. "Europe’s
Secret Bailout" (Hans-Werner Sinn 28.11.16): While the world worries
about Donald Trump, Brexit, and the flow of refugees from Syria and other war-torn
countries, the European Central Bank continues to work persistently and below
the public radar on its debt-restructuring plan – also known as quantitative
easing (QE) – to ease the burden on over-indebted eurozone countries.
4.
Target2
& Secret Bailouts: Will Germany Be Forced Into Fiscal Union With Rest
Of Eurozone? (Mish Talk 23.4.17): For the GIPS countries [Greece, Italy, Portugal,
and Spain], these transactions are a splendid deal. They can exchange interest-bearing
government debt with fixed maturities held by private investors for the (currently)
non-interest-bearing and never-payable Target book debt of their central banks
– institutions that the Maastricht Treaty defines as limited liability companies
because member states do not have to recapitalize them when they are over-indebted.
5.
"Flüchtlinge
kosten 450 Milliarden Euro!" (The European 29.12.17): In Italien liegen
die faulen Kredite der Banken bei etwa 90 Prozent des gesamten Eigenkapitals
des italienischen Bankensystems. … Die Hälfte des durch die Exportüberschüsse
akkumulierten Auslandsvermögens besteht aus bloßen Target-Forderungen
der Bundesbank, das heißt die Bundesbank hat einen Teil der Autos, die
wir ins Ausland liefern, kreditiert. Sie bekommt dafür bloße unverzinsliche
Buchforderungen gegen das Eurosystem, die sie nicht fällig stellen kann.
6.
Populäre
Irrtümer: Die Rolle der Target-Salden (Die Piraten 6.6.13). (Dort wird
alles als harmlos beschrieben, anders im Folgenden)
7. Target-2-Salden
– ruinös für Deutschland (5.3.17): Die Target-2-Salden sind also
symptomatisch für die Subventionierung der Euro-Krisenländer durch
die EZB auf Kosten der Euro-Länder, die einen Target-2-Saldo ausweisen.
Die immensen Target-2-Forderungen, die Deutschland aufgebaut hat, sind durch
keinerlei Sicherheiten gedeckt.