Mit der schrittweisen Senkung der AUVA-Beiträge um 40 % drohen
Leistungskürzungen, Lohndumping und Privatisierung. Unter dem Applaus
von Industriellenvereinigung und EU-Kommission beschleunigt die
türkis-blaue Regierung die bereits unter rot-schwarz beschlossene
"Deckelung" der Gesundheitsausgaben.
Sozialministerin Hartinger-Klein hat nun die Regierungspläne zur AUVA
auf den Tisch gelegt. Es soll zwar keine Zerschlagung geben, eine
Demontage der Unfallversicherung droht jedoch allemal. Die
Unfallversicherungsbeiträge sollen schrittweise um 40% von 1,3% auf 0,8%
gesenkt werden. Da die Ausgaben für die Unfallrenten gesetztlich
vorgegeben sind, bedeuten die geplanten Einsparungen in der Höhe von 430
Millionen Euro, dass von den anderen AUVA-Leistungen – von den
Heilmitteln überRehabilitation bis zur Prävention – über 55% gekürzt
werden müssten. Auch wenn nun angekündigt wird, dass AUVA-Leistungen in
die Krankenversicherung verschoben werden, bedeutet das keine
Entwarnung, weil dort ja auch nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen.
Löcher, die in einem System gestopft werden, werden im anderen wieder
aufgerissen.
Die
Beteuerungen von Hartinger-Klein, es werde zu keinen Leistungskürzungen
kommen, sind unter dieser Vorgaben keinen Pfifferling wert.
Insbesondere drohen Privatisierungen im Gesundheitsbereich. So hat der
Betriebsratschef Erik Lenz vor wenigen Wochen von einer internen Sitzung
berichtet: "Der Obmann (Anton Ofner) hat uns einen Sparplan
präsentiert und erklärt, dass es der ausdrückliche Wunsch der Ministerin
ist, Rehazentren und Unfallkrankenhäuser zu privatisieren." (Kurier, 17.7.2018)
Angekündigt ist bereits ein massiver Personalabbau in der AUVA: So
sollen rund 20% der Beschäftigten abgebaut werden, indem von 1.500
MitarbeiterInnen 300 Arbeitsplätze in den kommenden 6 Jahren nicht
nachbesetzt werden. Die geplante Umwandlung der AUVA in eine GmbH könnte
das Einstiegstor für massives Lohndumping sein, da dann die
AUVA-MitarbeiterInnen in einen schlechteren Kollektivvertrag gezwungen
werden könnten. Rudolf Silvan, Chef der AUVA-Landesstelle Wien: "Wenn
sich die Form des Dienstgebers ändert - eben in Richtung
100-Prozent-Tochter, kann ich Änderungskündigungen durchführen und die
derzeit rund 4400 Mitarbeiter der Unfallkrankenhäuser und
Rehabilitationszentren somit vor die Wahl stellen: Wollt ihr weiter für
uns arbeiten? Ja? Dann unter diesem KV." Dieser KV, so Silvan weiter, ergebe "über alle Beschäftigtengruppen eine monatliche Einbuße von über 400 Euro brutto oder rund 6000 Euro jährlich". Das würde in etwa 11% weniger Gehalt bedeuten. (Quelle: Die Presse, 30.7.2018).
Die Umwandlung der AUVA in eine GmbH könnte darüber hinaus dazu
dienen, die Privatisierung der gesamten Unfallversicherung auf Schienen
zu bringen, auch wenn das jetzt noch heftig dementiert wird. Damit würde
die gesamte Unfallversicherung unter den Hammer der Profitmaximierung
kommen.
Nicht nur ArbeitnehmerInnen kommen unter die Räder der
türkis-blauen Pläne. Durch den möglichen Entfall der Entgeltfortzahlung
drohen auch Klein- und Mittelbetriebe empfindliche Belastungen, die für
manche existenzgefährdend werden können. Gewinner ist ausschließlich
die Großindustrie, der eine halbe Milliarde geschenkt wird. Die
Millionen, die die Industriellen in den türkisen Wahlkampf gepumpt
haben, kommen also mit einer fabelhaften Rendite zurück. Entsprechend
lautstark begrüßt die Industriellenvereinigung die AUVA-Demontage, will
diese ausdrücklich aber nur als "Start notwendiger Reformen" sehen.
Im Frühjahr haben bereits viele Menschen gegen diesen Anschlag auf
die AUVA protestiert. Wir müssen diesen Widerstand gegen den Kahlschlag
im Gesundheitsbereich fortsetzen. Eine Möglichkeit dafür sind im August
die
Gewerkschaftsproteste.
Ebenso
wichtig aber ist es, die neoliberalen Rahmenbedingungen aufzubrechen,
die seit vielen Jahren zu einem sich beschleunigendem Sozialabbau
geführt haben. Im Jahr 2012 beschloss die damalige SP/VP-Regierung die "Deckelung" der Gesundheitsausgaben.
Erzwungen wurde diese "Gesundheitsreform" durch die EU-Kommission. Denn
der EU-Fiskalpakt und eine Reihe von EU-Verordnungen geben der
EU-Kommission seit 2010/2012 eine Reihe von Instrumenten in die Hand,
Druck auf die Nationalstaaten in der Budgetpolitik auszuüben. Ziel ist
es, "den Sozialstaat zu einem Auslaufmodell" zu machen, wie
EZB-Chef Mario Draghi offen eingestand (Wallstreet-Journal, 22.2.2012).
Die Regierung unter Kanzler Christian Kern hat diese "Deckelung" der
Gesundheitsausgaben 2017 nochmals verschärft.
Bemerkbar macht sich diese "Deckelung" durch lange Wartezeiten auf
Behandlungen und Therapien, immensen Arbeitsdruck auf den Beschäftigten
in den Gesundheitseinrichtungen, wachsende Zwei-Klassen-Medizin. Mit dem
Frontalangriff auf die Krankenkassen und die AUVA will die
VP/FP-Regierung diese Ausgabendeckelung im Gesundheitsbereich
beschleunigt umsetzen. Sie bekommt dabei ausdrückliches Lob von der
EU-Kommission im Rahmen des "europäischen Semesters".
Verträge wie der EU-Fiskalpakt geben dem Establishment die Mittel in
die Hand, Schritt für Schritt den Sozialstaat zu demontieren. Unter
diese Bedingungen sind wir ausschließlich damit beschäftigt, mit dem
Rücken zur Wand stehend die schlimmsten Angriffe abzuwehren. Die
dringende Wende in Richtung demokatischem und sozialem Fortschritt
erfordert die Befreiung von diesem neoliberalen EU-Korsett. Eine
Botschaft, die wir am 26. Oktober 2018 unter dem Motto "Für ein lebenswertes Österreich! Nein zur Regierung der Industriellenvereinigung!" deutlich machen sollten.