Abgemeldeter Kirchensteuerzahler!

Darüber schrieb schon am 16.10.2018 (entdeckt wurde die Meldung erst am 24.10.!) kath.net unter dem Titel "Von der staatlichen Vereinigung der Kirchensteuerzahler abgemeldet!"

Einleitend heißt es: "Ein Katholik aus der Diözese Linz zahlt keine Kirchensteuer mehr - Linzer Generalvikar droht mit 'rechtlichen Konsequenzen' beim Sakramentenempfang, doch selbst die eigenen Priester ignorieren die Drohung - Offener Brief von N.N. an den Generalvikar"

Kirchensteuer gibt's allerdings in Österreich nicht, die gibt's in Deutschland,
dort wird die Kirchensteuer auf dieselbe Weise wie die Lohn- und Einkommenssteuer eingehoben. In Österreich heißt das "Kirchenbeitrag" und den müssen alle zahlen, die getauft sind und nicht rechtzeitig bei der Bezirkshauptmannschaft oder beim Magistrat den Kirchenaustritt kundgetan haben, vom Austritt verständigt die Behörde dann das Wohnsitzpfarramt und die Diözesanfinanzkammer.

Hier der offene Brief des Nichtmehrkirchensteuerzahlers:

Meine Abmeldung von der staatlichen Vereinigung der Kirchensteuerzahler

Hochwürden, sehr geehrter Herr Generalvikar Lederhilger, vielen Dank für Ihr Schreiben im Auftrag unseres Hochwürdigsten Herrn Diözesanbischofs Dr. Manfred Scheuer. Ich bin zwar beileibe kein Jurist, habe aber versucht, Ihren Brief, gespickt mit Verordnungen der Österreichischen Bischofskonferenz, zu verstehen.
Soweit ich das herauslese, ist also nunmehr auch die österreichische Kirchenleitung - wohl auf Druck der römischen "Zentrale" - inzwischen zu der Auffassung gelangt, dass eine Abmeldung von der staatlichen Vereinigung der Kirchensteuerzahler niemals der Grund für eine Exkommunikation sein kann, zumal ich ja ausdrücklich erklärt habe, dass ich Mitglied der Heiligen Römisch Katholischen Kirche bleibe.
Ich möchte hier nur darauf hinweisen, dass meine Familie schon Jahrhunderte lang römisch-katholisch war, bevor die Diözese Linz überhaupt ins Leben gerufen wurde. Und selbstverständlich leiste ich auch meine Beiträge, wie das im Kirchenrecht (can. 222 CIC) gefordert ist. Zu meinen Gewissensgründen, dass die Kirchenbeiträge in der Diözese Linz missbräuchlich verwendet werden, z.B. im "Bildungshaus" Puchberg, nehmen Sie in Ihrem Brief ja leider nicht Stellung. Darf ich das so deuten, dass diese Gründe auch von Ihrer Seite außer Zweifel stehen?
Zu der offenbar von der ÖBK so definierten "schweren Sünde", für die "Untat", dass sich jemand bei der weltlichen Behörde von der staatlichen Vereinigung der Kirchensteuerzahler abmeldet, mache ich mir so meine Gedanken: Z.B. gibt es heute starke Bestrebungen, bisherige Todsünden salonfähig zu machen. Man denke nur an Ehebruch, Homosexualität, Abtreibung uam. Diese Sünder werden sogar oft genug dezidiert z.B. zur Hl. Kommunion eingeladen (Beichte ist heutzutage eh‘ nicht mehr notwendig). Man hört oder liest praktisch nirgendwo mehr (sei es Predigt oder Kirchenzeitung) von einer Sünde, geschweige denn von einer schweren.
Tatsächlich führt jedoch z.B. jede Beteiligung an einer Abtreibung automatisch zur Exkommunikation, aber wer von den Gläubigen weiß das schon? Und jene, die es wissen, verschweigen das, obwohl es ihre heilige Pflicht wäre, ihre Schäfchen zu warnen. In der öffentlichen Wahrnehmung scheint somit die einzige noch verbliebene "schwere Sünde" zu sein, wenn jemand - auch wenn er es begründet - der Diözese die Kirchensteuer verweigert.
Nachdem die Heilige Katholische Kirche das Geld ja jedenfalls erhält (wenn auch nicht über die Kirchenbeitragsstelle), besteht diese "schwere Sünde" eigentlich allein darin, sich bei der staatlichen Behörde von der Vereinigung der Kirchensteuerzahler abzumelden? Hochwürdiger Herr Generalvikar, das soll eine "schwere Sünde" sein? Mit Verlaub, das kann ich Ihnen (und auch der ÖBK) einfach nicht glauben! Oder nehmen Sie das Beispiel der klerikalen Kinderschänder, also jener homosexuellen Priester, die sich an den ihnen anvertrauten kleinen Buben vergehen: Diese werden von der kirchlichen Hierarchie einfach in eine andere Pfarre versetzt, wo sie ihr schändliches Treiben fortführen können (vgl. Mt.18,6f u.a.)
Solche Taten werden sogar von den staatlichen Gerichten schwerstens verurteilt! Aber auch sie werden nicht exkommuniziert. Jedoch mich wollen Sie von der Kirche ausschließen, weil ich mich beim Staat vom Club der Kirchensteuerzahler abgemeldet habe???
Erlauben Sie mir noch ein Wort zu dem beigelegten Merkblatt "Der Kirchenaustritt und seine Folgen":
1. Schon der Titel ist irreführend, weil es sich ja im Falle der Abmeldung bei der politischen Behörde tatsächlich eben um KEINEN Kirchenaustritt handelt.
2. Es heißt dann gleich im zweiten Satz, wenn eine solche Abmeldung nicht "innerhalb einer bestimmten Frist" (welcher Frist eigentlich?) widerrufen wird, wird sie doch als bewusste Trennung von der katholischen Kirche gewertet!?!
Also doch eine Exkommunikation? Ich habe doch ausdrücklich erklärt, ich bin und bleibe in der Kirche und hier heißt es, ich hätte mich "bewusst" getrennt!? Hochwürdiger Herr Generalvikar, was soll ich davon halten? Nach meinem bescheidenen Dafürhalten widerspricht dieses "Merkblatt" damit doch wieder den weltkirchlichen Vorschriften! Aber, in der österreichischen Kirchenhierarchie scheint dieser Widerspruch niemanden zu stören - auch keinen Kirchenrechtler. Es geht halt ums liebe Geld, und da hört sich die Freundschaft eben auf.
3. Zu den angedrohten Sanktionen:
- Empfang der Sakramente: Das soll also heißen, man lädt landauf, landab etwa Ehebrecher und Homos zum Empfang der Hl. Kommunion ein, aber ein "schwerer Sünder", der sich bei der staatlichen Behörde vom Club der Kirchensteuerzahler abgemeldet hat, darf nicht einmal mehr zur Beichte gehen?
- Übernahme des Patenamtes: Damit kann ich leben, das muss dann halt jemand anderer übernehmen.
- Wahlrecht bei der PGR-Wahl: Nun, damit kann ich sogar sehr gut leben, ich bin eh‘ kein Gschaftlhuber.
- Dienst in der Liturgie: Dafür sind ohnehin die Priester zuständig.
- Recht auf kirchliches Begräbnis: Auch wenn mir die österreichische Kirchenhierarchie dieses Recht verweigert, findet sich hoffentlich noch ein gläubiger Priester, der mir diesen letzten Dienst erweisen wird.
Trotzdem nochmals vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gegeben haben, mir zu schreiben!

Soweit der Brief!
Da es in fast allen Staaten solche Einrichtung wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht gibt, also staatliche eingehobene Kirchensteuern oder einklagbare Kirchenbeiträge, sind das in der katholischen Weltkirche ausgesprochene Sonderfälle. Auf dieser Site wurde 2010 eine PDF mit dem Titel "Kirchenfinanzierungsmethoden" platziert mit einer Übersicht zu den international üblichen Methoden der Kirchenfinanzierung, das geht von der staatlichen Finanzierung über Kultursteuern bis zur Eigenfinanzierung aus freiwilligen Beiträgen und Spenden.

Die obige Vorgangsweise mittels staatlichen Austritt und dem weiteren Bekenntnis zur Mitgliedschaft, den Kirchenbeitrag einzusparen und trotzdem katholisch zu bleiben, ist kirchenrechtlich durchaus möglich, was auf dieser Site auch schon zu lesen war.

Kirchenrechtlich wird der Glaubensabfall nämlich so geregelt, gemäß Actus Formalis Defectionis Ab Ecclesia Catholica, Geschäftszahl N. 10279/2006 gilt:
1. Der Abfall von der katholischen Kirche muss, damit er sich gültig als wirklicher actus formalis defectionis ab Ecclesia darstellen kann, auch hinsichtlich der in den zitierten Canones vorgesehenen Ausnahmen, konkretisiert werden in:
a) einer inneren Entscheidung, die katholische Kirche zu verlassen;
b) der Ausführung und äußeren Bekundung dieser Entscheidung;
c) der Annahme dieser Entscheidung seitens der kirchlichen Autorität.
2. Der Inhalt des Willensaktes muss bestehen im Zerbrechen jener Bande der Gemeinschaft - Glaube, Sakramente, pastorale Leitung -, die es den Gläubigen ermöglichen, in der Kirche das Leben der Gnade zu empfangen. Das bedeutet, dass ein derartiger formaler Akt des Abfalls nicht nur rechtlich-administrativen Charakter hat (das Verlassen der Kirche im meldeamtlichen Sinn mit den entsprechenden zivilrechtlichen Konsequenzen), sondern dass er sich als wirkliche Trennung von den konstitutiven Elementen des Lebens der Kirche darstellt: Er setzt also einen Akt der Apostasie, Häresie oder des Schisma voraus.

Der obige N.N. hat das genau so gemacht: Amtlich den Austritt bekannt geben und der Kirche mitteilen, man sei nicht vom Glauben abgefallen, sondern habe sich nur staatlich abgemeldet.

Unter dem Titel "Kirchlich katholisch, staatlich bekenntnisfrei" wurde im Jahre 2012 auf dieser Site darüber berichtet und dazu sogar für Leute wie den Herrn N.N. eine diesbezügliche Austrittsvorlage auf der Info "Kirchlich katholisch, staatlich bekenntnisfrei" zum Downloaden angeboten! Weil Atheisten sind ja hilfsbereite Leute!

In Österreich hat sich die Bischofskonferenz seinerzeit darauf geeinigt, dass so eine Vorgangsweise tatsächlich kein Abfall vom Glauben ist, aber eine schwere Sünde. Also brauchen Leute wie der Herr N.N. nur einen Priester, der ihnen die schwere Sünde vergibt, ohne ihnen eine staatliche Wiederanmeldung in der Glaubensgemeinschaft vorzuschreiben...

Und überhaupt! Was geht den Staat die Kirchenmitgliedschaft an? Die jetzige Regelung wurde im 19. Jahrhundert deswegen eingeführt, weil die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit (Artikel 14 im Staatsgrundgesetz von 1867) von der katholischen Kirche nicht akzeptiert wurde, wer getauft ist, der sei für immer ein Katholik, darum gab's dann diesen Umweg über staatliche Behörden.

Da es ja inzwischen auch eine kirchliche Regelung über den Kirchenaustritt (Glaubensabfall) gibt, siehe oben "Actus Formalis Defectionis Ab Ecclesia Catholica" (Formaler Akt des Abfalls von der katholischen Kirche), müsste ja der Austritt aus der katholischen Kirche auch direkt bei der Kirche möglich sein! Damit wäre auch die obige Vorgangsweise des Herr N.N. nimmer möglich!