Ansehen oder Nichtansehen...

...das ist keine Frage!

Alexander Van der Bellen am 2. November auf Facebook zum Beschluss der Regierung, dem UNO-Migrationspakt nicht beizutreten:

"Österreich hat sich als kleines, neutrales Land im Herzen Europas stets stark in internationalen Organisationen engagiert. Als einer von vier UNO-Amtssitzen weltweit hat sich unsere Republik in Fragen der Menschenrechte, der Abrüstung und beim Einsatz für eine nuklearwaffenfreie Welt den Ruf eines aktiven und verlässlichen Partners in der Weltgemeinschaft erworben. Diesen Ruf sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Die großen Herausforderungen unserer Zeit, von der Klimakrise über geopolitische Konflikte und Handelskriege bis hin zur Migration, können nicht auf nationalstaatlicher Ebene alleine gelöst werden. Wir brauchen dazu die multilaterale Zusammenarbeit.
Ich begrüße den von Österreich mitausverhandelten UN-Migrationspakt, der keine bindende Wirkung für Einzelstaaten entfaltet, aber zahlreiche vernünftige Vorschläge beinhaltet, wie den Herausforderungen der weltweiten Migration mit Augenmaß, Menschlichkeit und Kontrolle begegnet werden kann.
Auch wenn sich die Bundesregierung in diesem Punkt anders entschieden hat: Österreichisch ist es jedenfalls, im Gespräch zu bleiben. Österreichisch ist es, den konstruktiven Dialog zu suchen. Das gilt gerade auch dann, wenn es auf internationaler Ebene unterschiedliche Positionen zu wichtigen Fragen gibt. Ich werde in meinen Gesprächen mit dem Bundeskanzler und der Außenministerin ausloten, was wir tun können, damit wir angesichts der vielen globalen Herausforderungen die gute Gesprächsebene mit unseren internationalen Partnern in Zukunft beibehalten.
Der österreichische Weg des Dialogs hat uns in der Vergangenheit groß gemacht und wird uns, da bin ich zuversichtlich, auch in Zukunft helfen.
Ich hoffe sehr, dass die österreichische Bundesregierung alles daransetzen wird, den drohenden Verlust von Ansehen und Glaubwürdigkeit Österreichs auf internationaler Ebene abzuwenden. Schließlich ist die 'Stärkung eines effektiven Multilateralismus' auch als Ziel im Regierungsprogramm festgeschrieben und Österreich trägt gerade als EU-Vorsitzland besondere Verantwortung."

Was soll man dem van der Bellen dazu antworten?

Multilateral bedeutet vielseitig. Österreich hat nach dem von Merkel 2015 ausgelösten Migrantenstrom einseitig schwer daran zu tragen gehabt, von 2015 bis 2017 war Österreich unter den drei nach der Einwohnerzahl meist betroffenen Staaten, Schweden, Österreich und Deutschland, die Zahlen der Asylwerber pro Million Einwohner betrugen bei diesen drei Staaten 22.124, 17.897 und 17.587. Italien, das Land, das am meisten seine Stimme gegen den Zudrang übers Mittelmeer erhob, hatte in diesen drei Jahren pro Million Einwohner nur 5.498 Asylwerber.

In Österreichs Einwohnerschaft stieß diese massive Migration auf sehr starke Ablehnung, bei den Wahlumfragen stieg die FPÖ empor, als Sebastian Kurz, der die 2016 die Balkanroute geschlossen hatte, 2017 ÖVP-Vorsitzender wurde, stieg die ÖVP, die im Sommer 2016 noch unter 20 % gelegen war, stark auf und erreichte im Sommer 2017 33 %, die SPÖ war im Frühjahr 2017 noch bei 28 % gelegen, im Sommer waren es dann nur noch 24 %, die FPÖ sank durch die Stimmenumverteilung zur ÖVP von 33 % im Sommer 2016 auf ebenfalls 24 % im Sommer 2017. Die Grünen sanken in derselben Zeit von 12 auf 6 %, wozu auch van der Bellen mit seiner Meldung vom April 2017, man werde alle österreichischen Frauen auffordern müssen, zwecks Solidarität gegen die Islamophobie Kopftücher zu tragen, wesentlich beigetragen hatte.

Die Nationalratswahl vom 15.10.2017 gewann die ÖVP dann mit einem Plus von 7,5 % auf 31,5 %, die SPÖ hielt ihre knapp 27 % von 2013, die FPÖ gewann 5,5 % und die Grünen, die im Wahlkampf die Schließung der Balkanroute kritisiert hatten, also weiterhin offene Grenzen wollten, verloren Zweidrittel ihrer Wähler und flogen aus dem Parlament.

Bundeskanzler Kurz war nie ein Moralprediger, sondern ein Politiker, der auf Grundstimmungen in der Bevölkerung reagiert.
Er weiß, dass Zuwanderung ein im Volke sehr negativ besetzter Bereich ist und handelt daher auch weiterhin entsprechend. Die UNO-Vorgabe für die weltweite Migration ist in Österreich beim Volk sehr schlecht angekommen. Die politischen Parteien haben dazu allerdings keine Meinungsumfragen publiziert, aber eine Leserbefragung der Kronenzeitung brachte nach der Bekanntgabe der Regierung über die Ablehnung des UNO-Migrationspaktes dieses Ergebnis:


Was natürlich einen van der Bellen nicht berühren kann, weil was die Menschen im Lande wollen oder nicht wollen, ist für ihn und die anderen Gutmenschen ja keinerlei Maßstab!

Der unpopuläre Moralismus steht über der Realität und darum stehen viele Politiker nehmen der Realität.
Aktuell zeigt sich z.B. bei der SPÖ, dass der Führungswechsel ihr nicht nur keine Vorteile, sondern sogar Nachteile gebracht hat, die aktuellste Umfrage zeigt weiterhin die ÖVP mit 34 %, die SPÖ liegt nur noch bei 25 % und gleichauf mit der FPÖ, die Grünen liegen immer noch am Rande der 4%-Klausel. Die letzte Umfrage vorm Rücktritt von Kern lautete für die SPÖ noch auf 28 %.

Immer wiederum ist darum zu schreiben: Das ist eben der große Nachteil von demokratischen Staaten, dass sich die Wählerschaft nicht nach Moralpredigten von der Realität weit abgehobener Gutmenschen, sondern nach ihren eigenen Ängsten und Wünschen richtet! Und die Nichtteilnahme am UNO-Migrationspakt ist eben ein Wunsch der Menschen!

Es geht somit nicht um das Ansehen Österreichs irgendwo bei ausländischen Institutionen oder Moralisten, sondern um das Ansehen der österreichischen Regierung in der österreichischen Bevölkerung...

PS: Der Kronenzeitung vom 4.11.2018 war zu entnehmen, dass Kanzler Kurz offenbar im Migrationsfeld bereits das erreicht hat, was er offensichtlich anstrebte, nämlich nicht mehr zu den Willkommensländern zu gehören. Die Krone zitiert das Innenministerium in einem Bericht über 20.000 an der kroatischen Grenze wartende Migranten: "Die Migranten wollen nach Deutschland, weiter in skandinavische Länder. Österreich hat für sie mittlerweile einen zu schlechten Ruf."