Wie Deutschland das Asylproblem löste

Ein Bericht aus der Zukunft

Eine Satire, die am 24.11.2018 von

verbreitet wurde

Manche wundern sich, wieso Deutschland von der Europäischen Kommission ein Strafverfahren wegen unmenschlichen Verhaltens aufgedrückt bekam. Dabei fing das Ganze ganz harmlos an, mit einem Antrag der AfD.

Der deutsche Innenminister hatte, zum Erstaunen aller, festgestellt, man dürfe Asylbewerber nicht nach Syrien zurückschicken, denn Syrien sei ein unsicheres Land. Dies gelte auch für Asylanten, welche sich irgendeiner Straftat schuldig gemacht hätten. Von so viel Toleranz und christlicher Nächstenliebe beeindruckt, stellte die AfD den Antrag, man möge auch Deutschland zum unsicheren Land erklären. Schließlich würden dort Asylbewerber gelegentlich verfolgt (wovon sich die AfD ausdrücklich distanziere), ja, in manchen Asylantenheimen brächen sogar Brände aus, nur weil die (meist aus südlichen Ländern stammenden) Anwohner ihre Heizungen zu stark aufdrehten oder gar (wie in ihrer Heimat üblich) im Zimmer Feuer machten, um den Hammel am Spieß braten zu können.

Der Aufschrei der anderen Parteien war voraussehbar. Alle fanden die Zumutungen und Zuschreibungen unerhört. Doch die AfD legte nach. Ihrer Meinung nach würden ausländische Besucher auch anderwertigen Diskriminierungen ausgesetzt; ja, man könne sagen, sei würden gedemütigt und ihrer Würde beraubt. Als Beispiel nannte die AfD die Hartz-IV-Gesetze. Denen zufolge müssten "unsere ausländischen Mitbürger" Arbeiten annehmen, die weit unter ihrem Nivo lägen und sie in ihrer Menschenwürde verletzen. Man könne von einem Besucher aus dem tiefen Süden schließlich nicht erwarten, den Park zu fegen oder den Küchenboden zu wischen. Wie allgemein bekannt, würden solche Arbeiten in ihren Heimatländern nur von Sklaven oder Frauen ausgeführt. Ein Mann, der so etwas mache, wäre also dieser Personengruppe gleichgestellt, verlöre die Achtung seiner Mitbürger und müsse fürderhin als Ausgestoßener sein tristes Dasein fristen.

Die anderen Parteien fanden diese Argumentationsweise unerhört. Wie üblich, wollten sie den Antrag ignorieren, doch da meldete sich der Vorsitzende der FDP zu Wort. Er lehne solche Worte, wie sie die AfD üblicherweise benutze, entschieden ab, sagte er, doch sei zu bedenken, dass manche Gegenden Deutschlands tatsächlich für Asylbewerber keine sicheren Orte seien, sodass eine Diskussion über dieses Thema (was von der FDP schon vor 20 Jahren gefordert worden war) durchaus statthaft wäre.

Die Grünen empörten sich über derlei Überlegungen, gaben allerdings zu bedenken, dass die Herabwürdigung der ausländischen Bittsucher durch derartige Arbeiten (auch wenn sie freiwillig geschähen) tatsächlich eine Verletzung der Menschenwürde darstellten. Schließlich hätten die Grünen damals, als Asylbewerber freiwillig (wer's glaubt) den Deutschen die Köffer getragen hätten, deutlich dagegen protestiert.

Die CDU sagte nichts und wartete auf ein Wort des Innenministers, der sich schweigend in sein Kellerzimmer mit den elektrischen Eisenbahnen zurückzog, um seine Rede vorzubereiten.

Die Vorsitzende der Linken gab zu Protokoll, sie fände solche Ansinnen unmenschlich. Allerdings gäbe sie zu bedenken, dass auch die Linke schon vor zehn Jahren darauf hingewiesen hätte, man müsse auf andere Kulturtraditionen Rücksicht nehmen, sonst bliebe man immer ein Vasall der USA, und das sei entschieden abzulehnen.

Die SPD schließlich meinte - aber wen interessierte die Meinung der SPD.

Die AfD legte noch nach. Ausländische Besucher seien hier, so ihr Argument, besonderen, weil unbekannten Gefahren ausgesetzt. Mit Bombenabwürfen und Terroranschlägen seien sie vertraut, sie wüssten, wie man damit umgehen müsse. Aber die Demütigung, eine Frau als Lehrerin oder gar als Vorgesetzte zu respektieren und ihr womöglich zur Begrüßung sogar die Hand zu geben, das sei zuviel für ihre empfindliche Psyche.

Der Rest der Entwicklung ist bekannt. Nach heftigen Protesten gegen die Unverschämtheiten der AfD brachte die FDP einen Antrag ein, Deutschland zum unsicheren Hinkunftsland zu erklären, jedenfalls, bis es eine europaweite Regelung der Zuwanderung gäbe. Die Parteien stimmten dem mehrheitlich zu. Fortan wurden Flüchtlinge, auch aus angrenzenden Staaten, zur eigenen Sicherheit, wieder zurückgeschickt. Das brachte die deutsche Regierung naturgemäß in Konflikt mit der Europäischen Union, die ein Strafverfahren gegen Deutschland einleitete, wegen Missachtung des Asylrechts und der Menschenrechte. Weil aber so manches andere europäische Land die Argumentation der deutschen Politiker gut fand und ähnliche Gesetze verabschiedete, wurde daraus eine europäische Regelung.

Seitdem ist Europa mehr oder weniger flüchtlingsfrei, im Namen der Menschenrechte. Der deutsche Innenminister (immer noch im Amt) hat sich zu der neuen Lage allerdings immer noch nicht geäußert. Daraufhin angesprochen teilte er mit: Solange die eine Weiche meiner Modelleisenbahn klemmt, kann ich nichts sagen - ein Ausspruch, der sicherlich in die Geschichte eingehen wird.