Der Humor Jesu

Ergänzt am 13.3.2019, siehe unten!

Darüber schrieb der emeritierte Theologie-Professor Klaus Berger ein Buch mit dem Titel "Ein Kamel durchs Nadelöhr? Der Humor Jesu", Berger bemüht sich, Humorstellen in der Bibel zu finden, hat aber bereits bei der Titelwahl bloß vorgeführt, dass man vermeintliche Humorstellen auch gänzlich missverstehen kann!

Auf pro-medienmagazin.de heißt es dazu:
"Eines der berühmtesten scherzhaften Äußerungen ist vielleicht Jesu Aussage, die auch Titelgeber für Bergers Buch war: 'Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.' (Markus 10,25). Im Grunde sei Jesus jemand, der althergebrachte Begebenheiten umdreht und Autoritäten nicht so ernst nimmt, stellt der Theologe fest. Vielleicht versteht man die Linie zwischen Humor und ernster Theologie besser, wenn man sich mit Berger bewusst wird: 'Berechtigtes Lachen setzte Souveränität voraus.' Denn: 'Der quasi-göttliche Anspruch von Scheinriesen wird unterminiert, seien es nun Scheinriesen als Menschen oder Scheinriesen als Besitz, Prestige, Macht'."

Der Herr Theologe weiß wohl nicht so recht, was ein "Nadelöhr" ist. Googeln wir das Wort! In Wikipedia steht dazu: "Das Nadelöhr ist eine meist länglich-ovale, manchmal auch kreisförmige Durchlassöffnung am Anfang einer Nähmaschinenadel oder am Ende einer Handnähnadel."
So hat es wohl der Herr Berger auch verstanden. Bei Wikipedia steht aber dann noch: "Im übertragenen Sinne spricht man von einem Nadelöhr, wenn ein Engpass gemeint ist, so zum Beispiel im Straßenverkehr, wenn an einer engen Stelle besonders viele Fahrzeuge passieren müssen, so dass ein Stau kaum zu vermeiden ist. In einem großen Stadt- oder Burgtor ist das Nadelöhr eine als Schlupfpforte bezeichnete kleine, separate Tür für den Fußgängerverkehr."

Und diese Schlupfpforte für den Fußgängerverkehr hat der Jesus wohl gemeint, weil durch so eine schmale und niedrige Tür zu gehen, ist für ein Kamel eine recht schwierige Aufgabe. Und das war mit diesem Satz gemeint und das war kein Scherz, sondern ein Gleichnis!

Hier ein Nadelöhr, Südtor der Burg Friedestrom, links Schlupfpforte für Fußgänger:
(Bildrechte: Sir Gawain / Wikimedia Commons - CC BY-SA 3.0)

Dort würde sich ein Kamel beim Durchgang sehr abmühen müssen. Wenn der Herr Jesus tatsächlich keine solche Pforte, sondern wirklich ein Nadelöhr gemeint haben sollte, dann hätte er ja kein Kamel zum Durchgehen gebraucht, weil durch ein echtes Nadelöhr geht eben nur ein Faden und kein Kamel und kein Armer und kein Reicher durch. Der Vergleich heißt also offensichtlich bloß, ein Reicher kommt schwerer in den Himmel als ein Kamel durch ein Tor für Fußgänger. Daran ist nix witzig...

Ergänzung vom 13.3.2019:

Ein Site-Besucher hat meineneinen darauf aufmerksam gemacht, dass es zum Nadelöhr noch weitere Interpretationsmöglichkeiten gibt, danke lieber Alfred, hier die Fortsetzung:

Es gibt nämlich in der altgriechischen Sprache zwei sehr ähnliche Wörter, hier in lateinischer Umschrift: kamilos und kámêlos! Das erste Wort bedeutet "Schiffstau", "Seil", das zweite "Kamel", "Karawane".

Es wurde dazu nun der Markustext 10,25 griechisch gegoogelt: eukopôteron estin kamêlon dia tês trumalias tês raphidos dielthein ê plousion eis tên basileian tou Theou eiselthein

Es wurde dort das Wort für Kamel verwendet, was natürlich ein Abschreibfehler sein kann und wohl auch sein wird, weil "Seil" ist vom Material und von den Proportionen her sicherlich vernünftiger als "Kamel".

Die Nadelöhr-Schlupfpforte wäre zwar das am besten passende Stück, aber ist es wohl doch nicht, sondern bloß eine Verwechslung zwischen den beiden griechischen Wörtern kamilos und kámêlos! Der Jesus zugeschriebene Text wird aber auch mit einem Seil statt einem Kamel nicht witziger und der Buchverfasser hat sich mit dem Kamel und dem Nadelöhr offenbar gar nicht befasst, aber sein Buch "Ein Kamel durchs Nadelöhr? Der Humor Jesu" damit betitelt...