kath.press: Der Skandal des sexuellen Missbrauchs durch Priester
zeugt nicht nur von einer "Kirchenkrise", sondern reicht weitaus tiefer
und kann als "Gotteskrise" bezeichnet werden. Das hat der Wiener Theologe
Wolfgang Treitler bei einem Vortrag am Montagabend an der Universität Wien
betont. "Die Krise um Gott ist fundamental, ein kirchliches Erzeugnis durch
den Missbrauch", so Treitler. Der Missbrauch lenke schließlich den
Blick nicht nur auf einzelne Missbrauchstäter, sondern auf eine Theologie,
in der ein "billiges, dogmatisch aufgeblasenes und Gott und Mensch missbrauchendes
Gerede von einem Gott, der die Geschichte der Satten und Zufriedenen zur Heilgeschichte
gemacht hat", aufleuchte. Eine solche Theologie, die ihre Wurzeln im Platonismus
habe, sei letztlich unbiblisch und blasphemisch.
Atheistische Anmerkungen:
Es ist ja schließlich nicht so einfach, über nichtexistierende Götter
Gotteslehren zu entwickeln, weil das Gerede von einem Gott geht nur durch Aufblasen
leerer Luft. Die Theologie kann aber wohl nix für den Missbrauch, daran
ist der Umstand schuldig, dass man angeborene menschliche Triebe nicht durch
Verbote stilllegen kann. Zwecks Vermeidung der Entwicklung von innerkirchlichen
Feudalstrukturen samt feudalen Erbschaften an erstgeborene Knaben von Kirchenfunktionären
wurden den Priestern legale Nachkommen untersagt. Dabei hatte doch der Jesus
ganz klar verkündet (Mt 19,12), dass Ehelosigkeit nur für Kastrierte
zulässig sei!
kath.press: Treitler referierte im Rahmen
der von ihm initiierten Ringvorlesung "Sexueller Missbrauch von Minderjährigen:
Verbrechen und Verantwortung". (...) Es habe sich in der Theologie eine
"platonisierende Denkweise" eingeschrieben, die sich in der fatalen
Unterscheidung von körperlicher Existenz auf der einen Seite und hehrem
geistlichen Leben auf der anderen Seite zeige. Dieser Dualismus habe schließlich
dazu geführt, dass das vermeintlich hehre das vermeintlich unwürdige
leibliche Leben unterwarf und damit auch Tür und Tor für den Missbrauch
öffnete, führte Treitler weiter aus. "So wurde und wird katholisches
Christentum zur systematischen Kollaboration mit Missbrauchsverbrechen, dogmatisch
abgesichert".
Atheistische Anmerkungen: Ja, da hat der Treitler
völlig recht, das leibliche Leben zu entwürdigen verhindert klarerweise
keine leiblichen Bedürfnisse! Und das ganze Leben lang nur zu wichsen,
das schaffen eben längst nicht alle Priester!
kath.press: Kritik
übte der Theologe in dem Zusammenhang auch an dem zuletzt unter dem Titel
"Ja, es gibt Sünde in der Kirche" publizierten Text von Benedikt
XVI. über die Quellen sexuellen Missbrauchs. Der emeritierte Papst hatte
darin u.a. die 68er-Bewegung als Ursprung einer Krise ausgemacht, in deren Folge
Missbrauch begünstigt wurde und sich ein Niedergang priesterlichen Lebens
vollzog. Die Argumentation Benedikts sei letztlich ein "Missbrauch Gottes
aufgrund kirchenpolitischer und dogmatischer Interessen", so Treitler.
Atheistische
Anmerkungen: Auch da hat der Treitler recht, seit es den Zölibat gibt,
gibt es eben auch den Missbrauch in allen Formen! Z.B. die kirchlicherseits
mit dem Wort "Solizitation" bezeichnete sexuelle Bedrängung von
Frauen bei der Beichte! Dazu bedurfte es keiner 68er-Bewgung, dafür genügte
die Zölibatsvorschrift völlig! Auch da sieht Treitler die Sache richtig!
kath.press:
Die von Treitler attestierte "Gotteskrise" sei indiziert worden
durch die Peiniger selbst und durch deren Kalkül im Umgang mit den "Unterworfenen".
Indem sie sich in herausgehobener Position und in Vertretung Gottes Handelnde
mit einem exklusiven Heilszugang empfänden und ihre Opfer durch geistliche
Einschüchterung, durch Denunziation und Isolation gefügig machten,
werde der sexuelle Missbrauch an Minderjährigen "theologisch gesehen
Blasphemie im religiösen Erziehungs- und Betreuungsraum". Treitler:
"Das Unfassliche dieses Gottesspiels liegt also im Erfolg, mit dem der
Missbrauchstäter alle theologischen Bestände eines handelnden und
rettenden Gottes liquidiert und damit, selbst auf lange Sicht, recht hat: Der
Unterworfene blieb ohne Gott, und er blieb hilflos ausgeliefert."
Atheistische
Anmerkungen: Im Judentum hatten die Priester verheiratet zu sein, ein Rabbi
hatte Frau und Familie zu haben! Und zur Gottesbetrachtung Treitlers lässt
sich sagen: es gibt einen Sexualtrieb, der sich nicht abschalten lässt,
einen Gottestrieb gibt es nicht und kein Gott greift handelnd und rettend ins
Geschehen ein, weil es eben nicht einen Gott, sondern keinen Gott gibt! Und
durch die Jahrhunderte haben die geistlichen Hirten ihre Allmacht eben auch
sexuell ausgenutzt, die Schafe mussten sich fügen, wenn der Hirte sie bespringen
wollte! Meine Mutter hat mir die Geschichte des Pfarrers in ihrer Volksschulzeit
in den 1920er-Jahren erzählt, der geschlechtsreife Mädchen beim Beichtgespräch
gefügig machte, die ganze Pfarre wusste darüber Bescheid und die längste
Zeit traute sich niemand dagegen was zu unternehmen. Bis schließlich die
Tochter eines größeren Bauern ihrem Vater ihr Leid klagte und der
Vater es wagte, zum Bischof zu gehen. Und was passierte? Der Pfarrer wurde weit
weg in eine andere Pfarre versetzt, Verfahren oder gar eine Strafe gab es für
den hochwürdigen Herrn Kinderschänder nicht!
kath.press:
So gesehen gehöre es zu den "Perversionen christlicher Überlieferung,
dass sie das tabuisierte Kindesopfer reaktiviert und darüber hinaus im
Zwang zur Überbietung alles Jüdischen dieses zu einem göttlichen
Vorgang der Erlösung macht: Der Untergang Jesu am Kreuz wird zum zentralen
Motiv der Rettung". Wolle man also der durch den Missbrauchsskandal augenscheinlich
gewordenen "Gotteskrise" theologisch etwas entgegensetzen, brauche
es theologische Basis-Arbeit und eine Erneuerung der dogmatischen Christologie:
"Weg mit der Hybris von dogmatischen Sätzen, die der Bevormundung
durch antike Denker in einer darüber längst hinausgekommenen, auch
innerkirchlichen Bildungsgesellschaft sich ergeben". Der "mentale
Missbrauch" bereite schließlich den Boden für den körperlichen
Missbrauch.
Atheistische Anmerkungen: Die Perversion liegt im
Zölibat! Warum sagt das der Treitler nicht, er hat doch sonst die Realität
des Missbrauchs gut im Blick! Wenn der Sexualtrieb normal gelebt werden kann,
dann werden Missbrauchsfälle wohl nicht zu 100 % verschwinden, aber zum
großen Teil! Und es gibt ja im Priesterleben nicht nur
den Missbrauch von Kindern, sondern sicherlich viel häufiger ein Undercoverliebesleben
das nicht strafbar ist! Dazu ein alter Witz: Ein Mann möchte in die Kirche
gehen. Die Kirchtür ist verriegelt. Enttäuscht dreht er um und sieht
durch ein Fenster des Pfarrhofs den Pfarrer, wie er gerade mit seiner Haushälterin
vögelt. Da klopft der Mann ans Fenster bis es der Pfarrer öffnet.
"Entschuldigung", sagt der Pfarrer, "ich hatte gerade ein Nickerchen
gemacht". "Ja", sagte der Mann, "ich habe es durchs Nensterchen
gesehen".
kath.press: Zu einer solchen theologischen Kehrtwende
bedürfe es jedoch eines starken "Willens und Mutes zur grundlegenden
Negation", so Treitler. Die Theologie müsse ihre Rede von Gott wieder
stärker an das jüdische Erbe rückbinden und vor diesem Hintergrund
auch reinigen. Es gehe um eine Theologie, die von "Gott im Nichts"
rede - also nicht affirmativ und selbstsicher, sondern tastend und "am
Abgrund": "Wer weiß, wer oder was Gott ist, weiß zu viel
und weiß das Verkehrte, weil damit Identifikationen totalitären Charakters
geschaffen werden." Es gebe Zeiten, "in denen die affirmative Gottesrede
falsch ist. Solche Zeiten durchleben wir angesichts des realisierten Kalküls
der Sexualverbrecher an Minderjährigen."
Atheistische Anmerkungen:
Ja, da hat er recht, der Treitler, eine stärkere Rückbindung an das
jüdische Erbe ist sehr zu empfehlen! Eine wichtige Norm der jüdischen
Religion ist das biblische Gebot "seid fruchtbar und mehret euch".
Von einem Rabbiner wird erwartet, dass er Frau und Kinder hat! Und ein Priester,
der Frau und Kinder hat, wird normalerweise auch ein normales Sexualleben führen!
So einfach ist das! Keine Gotteskrise, sondern eine Zölibatskrise!
PS:
Die Gotteskrise gibt's natürlich trotzdem! Weil in der heutigen Zeit
in den entwickelten Staaten Religion eine rückläufige Rolle spielt,
man braucht sie im Alltag kaum noch...