Schwere Vorwürfe werden gegen den ehemaligen Familienbischof Klaus Küng erhoben. Dieser wurde 2004 zum Apostolischen Visitator bestellt, um in dem wegen des Verdachts von Homosexualität und Kinderpornografie in Verruf geratenen St. Pöltener Priesterseminar für Ordnung zu sorgen. Ein damaliger Priester und Subregens wollte eine Aussprache mit seinem neuen Chef Bischof Küng. Der Priester musste zuvor von seinem Amt als Subregens zurücktreten, weil Küng ihn für die Zustände im Seminar mitverantwortlich machte, was später weder die Justiz noch der Vatikan bestätigten.
Medikamente und Vergewaltigungsversuch?
Doch das Gespräch
verlief für den jungen Mann anders als erwartet. Schließlich erlitt
er in der für ihn außerordentlich belastenden Situation beim Verlassen
des Bischofshauses einen Kreislaufkollaps. Der Bischof (er studierte auch Medizin)
ließ ihn dann auf ein Sofa im Bischofshaus zurückbringen und verabreichte
ihm ein Medikament. Wie eine Laboruntersuchung später zeigte, handelte
es sich dabei um ein rezeptpflichtiges, medizinisch nicht indiziertes Medikament
(Benzodiapezin, welches sedierend und hypnotisch wirkt). Bischof Küng habe
dann alle anwesenden Personen aus dem Raum geschickt und soll begonnen haben,
den Priester unsittlich zu berühren. Der Bischof soll ihm, während
er den Priester am Rücken und im Gesäßbereich streichelte, immer
wieder gesagt haben "Fügen Sie sich, fügen Sie sich, dann wird
alles wieder gut." Küng, er gilt auch als prominentes Mitglied des
Opus Dei, soll dabei erregt gewesen sein.
Sturz aus dem Fenster
Schließlich ergriff der Priester die
Flucht. Zu Hause trank er zur Beruhigung ein Glas Rotwein, wodurch es womöglich
zu einer gefährlichen Wechselwirkung mit dem von Bischof Küng verabreichten
Medikament gekommen sein könnte. Denn der Priester stürzte später
von seinem Balkon fünf Meter in die Tiefe. Den Sturz überlebte er
leicht verletzt.
Die Justiz ermittelte
Später sah der Priester 2019 im Fernsehen
ein Gespräch der aus dem Kloster ausgetretenen Ordensschwester Doris Wagner
mit Kardinal Schönborn und beschloss, Kardinal Schönborn die Vorfälle
mit Küng schriftlich zu berichten. Dieser verwies ihn an die Ombudsstelle
der Erzdiözese Wien, die damit quasi gegen ihren eigenen ehemaligen Chef
ermitteln sollte. (Küng war bis vor kurzem Chef der kirchlichen Stiftung
Opferschutz für Missbrauchsfälle). Durch eine Indiskretion dürften
die Vorfälle auch der Polizei berichtet worden sein. Danach ermittelte
die Justiz in NÖ gegen Bischof Küng. Der Vorwurf könnte nicht
massiver sein: Sexuelle Belästigung und versuchte Vergewaltigung durch
den Familienbischof.
Einstellung wegen Verjährung
Die
Ermittlung wurden dann wegen Verjährung eingestellt. Ein vom Opfer angestrengtes
Verfahren im Vatikan hat indes noch gar nicht begonnen. "Wir fordern jetzt
eine uneingeschränkte Aufklärung der Vorfälle. Auch Priesterseminare
dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Und es ist unhaltbar, dass sich ranghohe
Kirchenfunktionäre systematisch durch die Verjährung einer gerechten
Bestrafung dokumentierter Fälle von sexuellem Missbrauch entziehen können"
erklärt dazu Sepp Rothwangl, Obmann der Plattform Betroffener Kirchlicher
Gewalt. Mit diesem neuen Vorwurf ist die kirchliche Opferschutzkommission massiv
angeschlagen. Im letzten Jahr wurde bekannt, dass Waltraud Klasnic als "Opferschutzbeauftragte"
ihre Buben frohgemut gezüchtigt hatte ("Klasnic-Detschn-Affäre").
Daneben wurde Erhard Rauch, ein weiteres prominentes Mitglied der Stiftung Opferschutz,
wegen übler Nachrede strafrechtlich verurteilt. Alt-Bischof Küng bestreitet
indes die sexuellen Übergriffe, gibt aber die illegale Medikamentenverabreichung
zu (Kurier, 25.1.20). Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.