"Alle Wahlerfolge von Sebastian Kurz beruhen darauf, dass ihm Hunderttausende Ex-Wähler der FPÖ in Scharen zugelaufen sind. Die muss er um jeden Preis halten. Dafür nimmt er in Kauf, dass ein Teil der bürgerlich-liberalen Österreicher sich häufiger von der ÖVP abwendet und vermehrt - das beweisen Wählerstromanalysen - zu den NEOS oder Grünen geht."
Heute ist der 1.9., schauen wir uns das einmal praktisch an! 2017 wurde
bei der Nationalratswahl Kurz mit der ÖVP erstmals stärkste Partei.
Das sah so aus:
2013
hatte auch der österreichisch-kanadischer Industrielle und Milliardär
Frank Stronach mit der populistischen Liste "Team Stronach" kandidiert
und dabei 5,73 % (268.679 Stimmen) und elf Mandate erreicht, die Neos sind 2013
auch erstmalig angetreten. Verloren hat 2013 die ehemalige Jörg-Haider-Partei
BZÖ über sieben Prozent, nicht mehr kandidiert hatten das Liberale
Forum und die Liste Fritz, zusammen knapp vier Prozent, es gab also rund elf
Prozent neu zu verteilende Stimmen und 390.000 frei gewordene Grünstimmen
(8,6 %), die Grünen verloren wegen ihrer Pro-Asylpolitik und den Auseinandersetzungen
mit Peter Pilz Zweidrittel der Stimmen von 2013 und flogen aus dem Parlament,
somit wurden 2017 insgesamt fast 20 % der Stimmen von 2013 neu verteilt. 6.384.308
Wahlberechtigte gab es 2013, die Wahlbeteiligung lag bei rund 75 %, im Jahre
2017 waren es 6.400.993 Wahlberechtigte und eine Wahlbeteiligung von 80 %, daher
stiegen die abgegebenen gültigen Stimmen um 377.000. Hauptgewinner davon
waren ÖVP und FPÖ, ein Gewinner war auch die neue von den Grünen
abgespaltene Liste Pilz.
Und wie schaute es dann 2019 aus?
Die
Wahlberechtigten waren mit 6.396.812 geringfügig weniger, die Wahlbeteiligung
sank auf 75,6 %. Es gab zwei große Verlierer, die FPÖ und die SPÖ,
der zweite Start der Liste Pilz als "Jetzt" scheiterte an der Vierprozentklausel.
Die SPÖ hatte sich schon seit der Vranitzky-Zeit nicht mehr um ihre Stammklientel
gekümmert, 2018 zeigte ein Bericht des Rechnungshofes die Lage der arbeitenden
Bevölkerung in Österreich auf, seit 20 Jahren gab es praktisch keine
Reallohnerhöhungen mehr, hier wieder einmal der Screenshot aus dem Bericht:
Dieser
Bericht wurde von den Medien praktisch geheimgehalten, der ORF erwähnte
ihn nur ein einziges Mal in einem Mittagsjournal, die Information der arbeitenden
Klassen über die ansteigende Ausbeutung ist in der demokratischen Republik
Österreich nicht statthaft! Der Arbeitsdruck stieg aber weiter und
speziell die Arbeiter hatten vielfach aufgehört, die SPÖ zu wählen
und gaben schon längere Zeit lieber der FPÖ Proteststimmen. FPÖ-Häuptling
Strache hatte darauf praktisch nicht reagiert und schaffte es durch den im Mai
2019 aufgeflogenen Ibiza-Skandal von 2017 seine Wähler massiv zu vertreiben,
zusammen mit den Pilzverlusten standen mehr als eine Million Wähler anderweitig
zur Verfügung!
Die Grünen hatten nach der Wahl von 2017 aufgehört,
sich für den Asylzustrom zu engagieren, die neue Parteiführung sprach
dieses Thema überhaupt nicht mehr an, es gab daher eine massive Wählerrückkehr!
Wahlsieger
war auch Sebastian Kurz, er gewann mit seiner ÖVP sechs Prozent dazu! Die
ÖVP hatte 37.5 % der Stimmen erhalten!
Und wie schaut es heute aus? Der Herr Filzmaier schreibt, Kurz wäre
durch FPÖ-Stimmen groß geworden, 2017 war das nicht der Fall, da
hatte ja die FPÖ rund 5,5 % und 354tausend Stimmen dazugewonnen. Dann meint
er gar, dem Kurz liefen nun die Wähler davon. Die ÖVP hatte zwar
heuer im Frühjahr manchmal um die 45 Umfrage-%, im Winter aber auch oft
nur 38 oder 39 %. Schauen wir uns das einmal auf Wikipedia aktuell an, seit
Ende Juni 2020 liegt die Partei aber jeweils bei 41 bis 42 % - hier ein
Screenshot der dort veröffentlichten Wahlumfragen vom 11.6. bis zum 27.8.:
Ein
ÖVP-Wählerstrom zu den Grünen und den Neos ist nicht zu sehen,
den sah der Filzmaier vielleicht im Traum. Im ersten Halbjahr 2020 lagen die
Parteien bei 30 Umfragen im Schnitt so: ÖVP 41,7 %. SPÖ 17,7 %,
FPÖ 12,2 %, Grüne 17,1 % und Neos 8 %. Wieso schaute der Filzmaier
die jederzeit greifbaren Daten nicht an? Hat er davon geträumt, dass
bei Umfragen ÖVP-Stimmen zu den Grünen und Neos strömen? Und
beim Aufwachen gegalubt, das wäre wahr? Auf der Datentabelle strömt
das gar nicht!
Die ÖVP liegt also insgesamt fast gleich wie in den ersten fünf Monaten, die SPÖ geringfügig besser, aber immer noch sehr schlecht (Rendi-Wagners Vorgänger Christian Kern verabschiedete sich 2018 mit einem Umfragestand von 28 %), die FPÖ hat sich leicht verbessert, die Grünen liegen um ein bis zwei Prozent niedriger, die Neos sind ziemlich gleichgeblieben.