Gegenkultur offenbart Ohnmacht der Politik

Wilfried Müller am 16.11.2020

Ein beschämendes Beispiel für Staatsversagen lieferte jüngst Anja Karliczek, die deutsche Bundesministerin für Bildung und Forschung, als sie den Druck muslimischer Schüler auf Lehrer beklagte. "Die Ursache beklagt die Wirkung", so formulierte das ein Kommentator im Internet, und er hat leider recht. Die Politik unternimmt ja seit Jahrzehnten nichts gegen die Probleme, außer sie kleinzureden und die Kritiker an den extremistischen Rand zu drängen. Es gibt nur Placebopolitik wie die Ausbildung von 2000 Imamen an 7 deutschen Hochschulen als "ganz wichtigen Grundstein dafür, dass in Deutschland in der Zukunft möglichst überall ein weltoffener und toleranter Islam verbreitet wird“ (Karliczek).

Die unbedarfte Ministerin hat nicht zur Kenntnis genommen, dass der erwünschte weltoffene und tolerante Islam unter Deutschlands Muslimen offensichtlich keinen Zuspruch findet. Die deutschen Imame haben in den Moscheegemeinden keine Anstellungschancen, wie die tonangebende DITIB auf der gegenwärtigen Islamkonferenz sagte. Schon mal nicht, weil die Gemeinden sie gar nicht bezahlen können, und vor allem, weil sie nicht die gewünschten Hardliner sind. Diese Hardliner kommen aus der Türkei oder aus arabischen Staaten und werden von denen auch bezahlt, damit sie hierzulande einen fundamentalistischen Islam verbreiten.

In Koranschulen, im Internet, in Gefängnissen sind Brutstätten einer Gegenkultur entstanden, die unsere freiheitliche, aufgeklärte, emanzipatorische Kultur bekämpft. Sie stellt unsere Kultur an die zweite Stelle hinter der Scharia, sie verachtet sie, verlacht sie, hasst sie, will sie womöglich ausrotten und strebt eine feindliche Übernahme an. Letzteres mag nur unter Extremen gelten, aber die Nachrangigkeit nach der Scharia wurde bei Befragungen deutscher Muslime schon öfter als Mehrheitsmeinung genannt.

Es muss nicht mal der Islam sein, der dahintersteckt. Es kommt weniger auf den Götterglauben an, sondern vor allem darauf, die Feindlichkeit ausdrücken zu können, z.B. dadurch, dass alles anders gemacht wird, andere Kleidung, Sitten, Tabus, Stigmata. Der Islam ist allerdings besonders geeignet für die Gegenkultur, weil er sich schon zu Anfangszeiten durch "Islamisierung" des Alltags vom Christentum abzuheben suchte. Zur Selbststigmatisierung muss noch die Überlegenheitsphantasie kommen: Nur wer dies und jenes glaubt, ist auserkoren, alle anderen sind Untermenschen. Das leistet nicht jede Religion, z.B. dem Fliegenden Spaghettimonster fehlen solche Eigenschaften. Ansonsten könnte es genausogut irgendeine Sekte oder Ideologie sein, die den entsprechenden Kult bietet.

Die Islam/Islamismus-Diskussion ist deshalb nicht wirklich zielführend. Eine Werte-Diskussion um Kultur/Gegenkultur ist eher angebracht.

Von der Politik allgemein und speziell in Form der Bildungsministerin kommen dazu nur dumme Sprüche von "wenn's keine Einzelfälle mehr sind, muss man sehr wachsam sein". Übersetzt heißt das: "weiterschlafen und nichts tun".  Vor allem muss nicht "man" was tun, sondern die Zuständigen, wie etwa Frau Karliczek! Dass bloß geredet wird, darin äußert sich nicht nur Unfähigkeit, sondern es ist Arbeitsverweigerung, ein Teil des deutschen Staatsversagens.

Falls die Ministerin immer noch nicht begriffen hat, was da zu tun ist:
Informationen einholen: Die große Untersuchung ist überfällig. Nicht nur, ob die Imam-Ausbildung das Steuergeld wert ist, sondern das ganze Integrationsproblem muss gründlichst analysiert werden. Das wurde bereits erforderlich, als Susanne Wiesinger das Buch "Kulturkampf im Klassenzimmer" veröffentlichte, wo sie das Scheitern der Integration in den Wiener Brennpunktschulen aufzeigte. Das Buch beschrieb schon das typische Kopf-in-den-Sand-Stecken von Schulbehörden und Kulturpolitik, mit lügnerischer Beschönigung der Misere ("alles Einzelfälle") und ideologisch induzierter Ignoranz, wie es auch schon bei Clans, Ghettos und Parallelgesellschaften gemacht wurde.

Die Lehrer mit Autorität ausstatten und ihre Position gegenüber Schülern und Eltern stärken: Alle Fälle melden, Bußgelder verhängen, Schulausschlussverfahren, sonstige Konsequenzen, z.B. Kopftuchverbot an Schulen. Es ist genau verkehrtrum: Antiautoritäre Ideologen üben Autorität über die Vernünftigen aus, um antiautoritäre Zonen für Vernunftlose einzurichten. Bei Kindern sind das erziehungsfreie Räume, aber es betrifft auch die fundamentalistischen Gläubigen - denen werden quasi rechtsfreie Räume eingerichtet.

Respekt  verschaffen und Grenzen aufzeigen. Das darf nicht länger als reaktionär verunglimpft werden: Wenn Kinder Grenzen antesten, muss eine kompetente Antwort kommen. Wenn die nicht kommt, ist das ein schwerer Fehler. Entsprechendes gilt für autoritär Sozialisierte. Wer gewohnt ist, sich an Grenzen auszurichten und Respekt zu üben, der hält dem Kulturschock der grenzenlosen Freiheit oft nicht stand, und er respektiert dann gar nichts mehr von der freiheitlichen Kultur. Diese Leute fordern dann Toleranz ein, sind aber selber intolerant. Das ist ein Freiheitsmissbrauch, der thematisiert und therapiert gehört.

Die Träumereien vom "weltoffenen und toleranten Islam" gehören auf den Müll, genau wie die Vorstellung der "multikulturellen Gesellschaft". Es ist Realitätssinn gefragt: Wo die Vertreter der Gegenkultur in der Mehrheit sind, wird nicht mehr in die abendländische Kultur integriert. Sondern es wird die Gegenkultur dominant, wie schon Wiesinger beobachtete. In vielen Schulklassen sind die deutschen Kinder schon in der Minderheit. Dass es noch nicht mal eine Untersuchung darüber gibt, wie sich das auswirkt, ist ein schweres Politikversagen.

Die ausbleibenden Reparatur- und Rettungsmaßnahmen machen diese Politik vollends unerträglich.