Der Winter rückt näher und trotz Impfungen und Maßnahmen beherrscht die "vierte Welle" die politische Debatte. Der Virologe Christian Drosten warnte nun vor einem "sehr anstrengenden Winter". Und nicht nur der Mediziner und SPD-Politiker Karl Lauterbach fordert erneut die flächendeckende Anwendung der 2G-Regelung.
Hier dazu die BRD-Corona-Kurve vom Anbeginn bis zum 9.11.:
der tägliche Ansteckungsrekord liegt also bei 35.662, das sind pro Mio. Einwohner
428, der österreichische Ansteckungsrelord liegt bei 9943, das sind 1117 pro
Mio EW. Österreich ist also gut zweieinhalbmal mehr betroffen!
Im Vergleich zum selben Zeitraum des vergangenen Jahres hat sich das Corona-Geschehen trotz massiver Impfkampagne und der von der Politik eingesetzten Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 keineswegs entspannt. Im Gegenteil, es beherrschen aktuell vor allem Fragen nach einer Verschärfung der Teststrategie und Rufe nach bundesweiten Einschränkungen für noch Ungeimpfte die Diskussion. Dies vor dem Hintergrund der wieder steigenden Anzahl positiv auf SARS-CoV-2 getesteter und aufgrund oder mit COVID-19 hospitalisierter Menschen. Es gilt, sich nunmehr der "vierten Welle" zu stellen.
Die BRD ist zurzeit beim zweiten Anstieg der vierten Welle,
die dritte Welle war dort stärker als die zweite und die vierte ist stärker
als die dritte!
In Österreich sieht diese Kurve so aus:
die dritte Kurve war hier niedriger, die beiden vierten Kurven sehen sich ähnlich,
gleich sind sie nicht, weil die österreichischen Kurven proportional zur Einwohnerzahl
viel höher sind!
Die Politik und weite Teile der Ärzteschaft zeigen sich alarmiert
und sehen vor allem die Ungeimpften in der Verantwortung. So plädierten etwa
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund
für eine bundesweit geltende 2G-Regelung (genesen, geimpft). Die Sorge um die
Gesundheit der Bürger zieht sich dabei durch fast das gesamte politische Spektrum.
Durchgreifen ist demzufolge das Gebot der Stunde. SPD-Generalsekretär Lars
Klingbeil sprach sich für schärfere Kontrollen von Maßnahmen aus, insbesondere
in der Gastronomie. "Es muss klar sein: Wer sich an das Kontrollieren der
3G- oder 2G-Nachweise als Betreiber nicht hält, der muss die Konsequenzen spüren",
hieß es vom Sozialdemokraten gegenüber der Rheinischen Post.
Für Linksfraktionschef Bartsch gibt es angesichts des Geschehens nur noch die
Wahl zwischen einem Lockdown oder dem bundesweiten Ausschluss der Ungeimpften.
Der Deutschen Presse-Agentur teilte er mit:
"Es geht um eine Güterabwägung und um die Frage, was ist der größere
Grundrechtseingriff: ein erneuter Lockdown mit katastrophalen Folgen, insbesondere
für Kinder und Familien, oder ein bundesweit geltendes 2G-Modell."
Die Corona-Lage sei wieder außer Kontrolle. Bei der Grundfrage der Pandemiebekämpfung
dürfe es keinen Flickenteppich und keine falsche Rücksichtnahmen geben, wusste
Bartsch mitzuteilen.
Auch der seit eineinhalb Jahren hochfrequentierte Talkshow-Gast, Mediziner und
SPD-Politiker Karl Lauterbach sieht sich in seinen Rufen nach schärferen
Maßnahmen bestätigt und forderte nun erneut die flächendeckende Anwendung
von 2G. Gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) machte
Lauterbach deutlich:
"Wir brauchen entweder einen Lockdown oder eine 2G-Regel, und einen
Lockdown wird es nicht mehr geben."
Schauen wir uns dazu die deutsche Impfrate an:
und auch die österreichische:
man sieht: die Impfrate ist in der BRD etwas besser, aber der Riesenunterschied
bei den Infektionszahlen erklärt sich dadurch nicht!
In der BRD gibt es bisher 4.830,135 Infizierte, das sind pro Mio gut 58.000,
in Österreich gibt es 911.175 Infizierte, das sind 102.380 pro Mio
Eine deutschlandweite Einführung der 2G-Regel sei im Bund
jedoch ohne die Länder nicht durchzusetzen.
"Ich rate daher jeder Landesregierung zur Einführung von 2G."
Er wünsche sie "in allen Bereichen außer in der Grundversorgung",
so Lauterbach, der aus seinen Ambitionen, Gesundheitsminister zu werden, kein
Geheimnis macht.
Der Marburger Bund folgt laut RND der aktuellen
Logik, wonach vor allem die Ungeimpften im Fokus stehen, wenn es um die Vermeidung
von Fehlern bei der Pandemiebekämpfung geht: "Sollten wir keine bundesweite
2G-Regel einführen, wäre das der nächste Fehler in der Pandemiebekämpfung."
Dabei, dass nun 2G statt 3G endlich Besserung verspricht, ist man sich fraktionsübergreifend
einig. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte am Dienstag ebenfalls
für eine bundesweite 2G-Regelung im Freizeitbereich plädiert.
Die Parteien der voraussichtlichen Ampel-Koalition – SPD, Grüne und FDP –
stellen es in ihrem Gesetzentwurf für das künftige bundesweite Corona-Regelwerk,
der ab dieser Woche im Bundestag beraten wird, den Bundesländern offiziell
frei, ob sie 3G- oder 2G-Regeln anordnen, wobei einige Länder bereits 2G-Vorschriften
erlassen und damit den weitgehenden Ausschluss von Ungeimpften aus dem gesellschaftlichen
Leben beschlossen haben.
Gegenüber Gesundheitsökonom Karl Lauterbach gilt wiederum der Virologe Christian
Drosten Beobachtern als der besonnener auftretende, dafür aber in Summe oftmals
keineswegs weniger alarmierte und vielzitierte Fachmann. Der Leiter der Virologie
an der Berliner Charité erwartet nun "einen sehr anstrengenden Winter"
und hält auch erneute Kontaktbeschränkungen für denkbar.
"Wir haben jetzt im Moment eine echte Notfallsituation", sagte Drosten angesichts
der Lage auf den Intensivstationen im eigenen NDR-Podcast ("Das
Coronavirus-Update"). Nun gelte es, erneut das Heft des Handelns in die
Hand zu nehmen: "Wir müssen jetzt sofort etwas machen." Dabei müsse
man auch Maßnahmen diskutieren, "die wir eigentlich hofften, hinter uns
zu haben", stellte Drosten fest.
"Wir müssen also jetzt die Infektionstätigkeit durch Kontaktmaßnahmen
wahrscheinlich wieder kontrollieren – nicht wahrscheinlich, sondern sicher."
Allerdings könnte es juristisch schwer sein, breite allgemeine Kontaktmaßnahmen
durchzusetzen. Derweil hält es Kölns Oberbürgermeisterin, die parteilose
Henriette Reker, bei weiter stagnierender Impfbereitschaft eine Impfpflicht
für angezeigt. Nunmehr ist es die Impfpflicht, die demnach den Weg zur Freiheit
ebnet. Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger gab das Oberhaupt
der Millionenstadt zu Protokoll:
"Ich fürchte, dass wenn wir bis Weihnachten keinen richtigen Schub
bei der Impfquote haben, werden wir über eine Impfpflicht für alle diskutieren
müssen. Es kann ja jetzt nicht auf Dauer so weitergehen mit den Einschränkungen
in unserem Leben."
Der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
an der Universität Bielefeld, Andreas Zick, warnte im RND allerdings
vor einer zunehmenden Radikalisierung "bestimmter Gruppen": "Wir
können über einen Impfzwang diskutieren. Doch der Preis dafür wird sein,
dass bestimmte Gruppen unter den Impfgegnern noch sehr viel aggressiver vorgehen."
Man habe gehofft, dass die Herdenimmunität einen Ausweg biete und man damit
jede Form von Zwangsmaßnahmen umgehen könne. Jetzt werde sich die Lage weiter
verschärfen. "Wir rennen immer weiter in ein Dilemma hinein, das dramatisch
ist. Mit der vierten Welle geht die nächste Welle der Radikalisierung einher."