Mit dem Start des James-Webb-Weltraumteleskops Ende Dezember ist die Suche
nach Leben im Weltall wieder einmal ins öffentliche Interesse gerückt. Doch
wie wird die Menschheit reagieren, wenn wir tatsächlich auf Außerirdische
stoßen? Wie jetzt bekannt wurde, unterstützte die NASA bereits 2015 ein 24-köpfiges
Fachteam, das dieser Frage aus theologischer Sicht nachging. Einer von ihnen
war der Theologe Andrew Davison, der sich durch einen Erstkontakt mit ET einen
Boom religiöser Glaubenslehren in der Bevölkerung erhofft.
Davisons Vorhersage könnte schon bald auf die Probe gestellt werden. Nach Ansicht
von Fachleuten ist es weniger eine Frage, ob wir Lebensspuren außerhalb der
Erde finden, sondern lediglich, wann. "Vielleicht dauert es noch über
100 Jahre, oder es geschieht schon nächste Woche", zitiert die britische
Times hierzu eine namentlich nicht genannte Person von der NASA.
Die US-Weltraumbehörde steckte von 2015 bis 2017 rund 1,1 Millionen Dollar
Fördergelder in ein Programm, das die gesellschaftlichen Auswirkungen der Astrobiologie
- also der Erforschung von Leben im Universum - untersuchen sollte. Angesiedelt
war es am Center for Theological Inquiry (CTI) in der Stadt Princeton, nicht
zu verwechseln mit der renommierten Princeton-Universität.
Mit seinen Projekten gibt das CTI Theologinnen und Theologen ein Podium, um
sich zu aktuellen Debatten zu äußern und entscheidet auch, welche Personen
jeweils zu den Projekten hinzugezogen werden. Dem NASA-geförderten Programm
"The Societal Implications of Astrobiology" gehörte zeitweise auch
Andrew Davison an, Priester an der Universität Cambridge und promovierter Biochemiker,
dessen Buch "Astrobiology and Christian Doctrine" dieses Jahr erscheinen
soll.
Die Möglichkeit von intelligentem Leben außerhalb der Erde wirft für die
christliche Theologie zahlreiche Probleme auf. So debattierte man bereits darüber,
ob die Entdeckung außerirdischer Intelligenz mit der Doktrin von der Menschwerdung
Gottes vereinbar sei und ob Christi Opfertod auch die Sünder auf anderen Planeten
miterlöst habe.
Davisons Ansatz liest sich erheblich entspannter, wie kurze, nun in der Times
veröffentlichte Auszüge zeigen. Darin erklärt er, jegliche "Schöpfung"
zu einer "großzügigen Gabe Gottes", worunter er ausdrücklich auch
außerirdisches Leben versteht. Damit steht er nicht alleine da. Papst Franziskus
hatte sich 2014 in einem Gedankenspiel für die Taufe auch von "Marsmännchen"
ausgesprochen.
Beobachter bezogen die Äußerung des Papstes allerdings weniger auf künftige
reale Alienkontakte, sondern auf ganz irdische Probleme, mit denen sich die
Kirchen herumschlagen. Viele Eltern erziehen ihre Kinder heute säkular, ohne
jeden Bezug auf Religion. Wenn ein solches Kind später doch getauft werden
möchte, dann solle sein Wunsch erfüllt werden, so diese Lesart.
Aus dieser Sicht bleibt auch Davison bei seinen Ausführungen mit beiden Beinen
auf dem Boden der eigenen Interessen: Denn der Nachweis von außerirdischem
Leben würde für viele Menschen grundlegende Fragen zum Stellenwert und zur
Würde des menschlichen Lebens aufwerfen. Und auf der Suche nach Antworten würden
sie - genau! - wieder zu ihren religiösen Überlieferungen zurückfinden. Mehr
Mitglieder, mehr Einfluss, möchte man hinzufügen.