Unter obigem Titel schrieb Urs Buhlmann über: Fünf Erklärungshilfen, die von atheistischen Irrwegen befreien und vor der Entkernung des Christentums durch Aufgabe von Glaubensinhalten warnt.
Tagespost: Atheismus ist eine ernsthafte Angelegenheit. Das ist
jedenfalls zu hoffen, weil sonst der Aufwand, der darum betrieben wird, verschwendet
wäre. Winfried Schröder, Philosoph in Marburg, ist einer der führenden
deutschen Atheismus-Forscher. Wenn er zum Thema schreibt, lohnt sich das Lesen
und Mit-Bedenken unbedingt. Er behandelt das Thema mit dem Ernst, der ihm angemessen
ist, referiert unaufdringlich die gesamte Sekundärliteratur, tut dies aber
mit abgeklärtem, gelegentlich ironischem Blick. So gerät die Lektüre
zum Vergnügen, was man nicht von jedem philosophischen Buch sagen kann.
Atheistischer
Kommentar: Atheismus ist irgendwie dem Nichtrauchertum ähnlich, Theisten
sind den Rauchern ähnlich, weil sie sind auch abhängig. Meinereiner
hat in früheren Zeiten auch geraucht, aber geglaubt hat meinereiner nie!
Aber durch die damals in den Vierzigerjahren gesellschaftlich kaum vermeidbare
katholische Taufe wurde meinereiner gezwungen zwölf Jahre lang den Religionsunterricht
zu besuchen, ohne jemals auch nur eine Silbe davon zu glauben, aber deswegen
ständig heucheln und lügen zu müssen, das hat u.a. auch zu dieser
Homepage geführt, die 2009 gestartet wurde - 41 Jahre nach dem Kirchenaustritt!
Tagespost: Wer sich vor wem verantworten muss - der Atheismus vor
den Gottgläubigen oder der Glaube an einen Gott angesichts des Leids in
der Welt - ist mehr als eine Präliminarfrage. Schröder: "Ist
die Annahme der Existenz eines allmächtigen und allgütigen Gottes
überhaupt ernsthaft in Betracht zu ziehen, solange das Theodizeeproblem
ungelöst ist?" Dieses Problem ist aber nicht zu lösen, wenn man
den Vorgaben dessen treu bleibt, was der Autor den Standardtheismus nennt. Dieser
setzt auf eine transzendente göttliche ,Ursache von allem‘, die die Prozesse
im Kosmos lenkt. Diese philosophische Form von Metaphysik kennt keine Offenbarung
- etwa in Gestalt heiliger Bücher - die zusätzlichen Sinn-Aufschluss
liefern.
Atheistischer Kommentar: Die Frage nach der ersten Ursache
des Universums ist einfach zu beantworten, hier schon wieder das Standardzitat
von Bertrand Russell: "Wenn alles eine Ursache haben muss, dann muss auch
Gott eine Ursache haben. Wenn es etwas geben kann, das keine Ursache hat, kann
das ebenso gut die Welt wie Gott sein." Das Theodizee-Problem (warum eine
von einem allmächtigen und allgütigen Gott geschaffene Welt oft so
viel Unglück bringt) ist natürlich religiös nicht lösbar,
das geht nur atheistisch: Es gibt eben keinen Gott, damit ist auch die Frage
weg, warum Gott Böses zulässt. Gott tut das nicht, weil es ihn nicht
gibt! So einfach ist die atheistische Erklärung!
Tagespost: Atheismus hat keine lange Geschichte - Das, was man
,rationale Theologie‘ oder ,theologia naturalis‘ nennt, ist der Versuch, mit
,bloßer Vernunft‘, ohne jeden Rekurs auf religiöse Offenbarung, wahre
und begründete Aussagen über Gott, seine Existenz und seine Eigenschaften
zu treffen. Wie etwa Richard Swinburne hält auch Schröder dieses Unterfangen
für möglich, wobei man über die Existenz und basale Eigenschaften
Gottes wie Allwissenheit und Allmacht nicht hinauskomme. Fazit: "Aussagen
über die Bedingungen der Erlösung oder über das Schicksal der
Menschen nach dem Tode können allenfalls aus übernatürlicher
Offenbarung bezogen werden."
Atheistischer Kommentar: Na
klar, Erlösung und Schicksal nach dem Tode sind was Übernatürliches.
Übernatürliches gibt's aber nur in manchen Menschenköpfen, aber
nicht in der Wirklichkeit!
Tagespost: Schröder informiert darüber, dass Atheismus
noch keine übermäßig lange Geschichte habe, jedenfalls als "verfasster"
Teil der Philosophie. Das anonyme Traktat "Theophrastus redivivus"
von 1659 stehe am Anfang, aber auch Jean Meslier, der 1729 verstorbene französische
Landpfarrer, der ein umfangreiches Manifest hinterließ, das Religions-
und Herrschaftskritik miteinander verband und seinen Autor als rabiaten Atheisten
zeigte, gehöre in die Ahnenreihe. "Wir haben es hier (...) mit radikal
revolutionären Umdeutungen des Christentums zu tun, die den Kern des Glaubensbestandes
angreifen, der beinahe 2000 Jahre lang Geltung besaß".
Atheistischer
Kommentar: Schon die Antike kennt den Atheismus in Form des Denkens einiger
Vorsokratiker, Sophisten, Epikurs, der Kyniker und Skeptiker. Atheismus war
im Christentum jahrhundertelang verboten und stand unter Todesstrafe am Scheiterhaufen
(Bild > Wikipedia PD)!
Meslier schrieb atheistische Texte, sie wurden aber erst nach seinem Tode bekannt,
zu Lebzeiten konnte er eine Veröffentlichung nicht wagen!
Hier Mesliers
acht Beweise für die Eitelkeit und Falschheit aller Religionen:
1.
Die Religionen "sind allesamt nur menschliche Erfindungen, nichts als Irrtümer,
Einbildung und Betrug";
2. "Blinde Gläubigkeit" ist das
Prinzip allen Irrtums und aller Illusionen;
3. Falschheit der "angeblich
göttlichen Visionen und Offenbarungen";
4. "Eitelkeit
und Falschheit der angeblichen Prophezeiungen des Alten Testamentes";
5. "Irrtümer
der Lehre und Moral der christlichen Religionen";
6. "Die
christliche Religion duldet die Missbräuche und Tyrannei der großen
Herren";
7. Falschheit der angeblichen "Existenz von Göttern";
8. Falschheit
der Idee der Spiritualität und der Unsterblichkeit der Seele.
Mit
dem Zeitalter der Aufklärung kam auch die Religionskritik und damit der
Unglaube.
Tagespost: Zu der gerne geäußerten Vermutung, der moderne
Atheismus sei ein Kind der französischen Aufklärung, weist Schröder
nach, dass die meisten dieser Schule, Robespierre und Voltaire vorneweg, Deisten,
nicht Gottesleugner waren. Ebenfalls nicht gelten lässt der Autor die gerne
von Atheismus-Gegnern verbreitete Behauptung, Atheist könne man nur sein,
wenn man zugleich Materialist ist. Zwar hat eine solche Haltung prominente Vertreter
- Holbach im 18. Jahrhundert, Ludwig Büchner, Feuerbach und Marx hundert
Jahre später - doch verweist der Autor auf eine Reihe ontologisch neutraler
Varianten des Atheismus. So wie die Existenz des Leids in seinen vielfältigen
Ausdrucksformen zum "Fels des Atheismus" wird, an dem jedes Reden
von einem gütigen Gott verstumme, so ist die Frage nach der Entstehung
des Lebens als Schwachstelle im atheistischen Gedankengebäude anzusehen.
Atheistischer
Kommentar: Ein Deist unterscheidet sich von einem Theisten dadurch, dass
er zwar einen Schöpfergott akzeptiert, aber dieser greift nach der Schöpfung
nicht mehr ins Geschehen ein, er ist also kein Bestandteil des Menschenlebens.
Die materielle Existenz des Universums hat evolutionär die Naturgesetze
geschaffen und diese schufen auch das Leben und dadurch die Menschen. Und die
Menschen schufen in den vorwissenschaftlichen Zeiten die Götter als Erklärung
für Unständliches, meinereiner führt dazu immer den unüberhörbaren
Donnergott an, der entstand zur Erklärung von Gewittern, von Elektrizität
wusste man nichts, also schuf man den Blitz- und Donnergott, der auch in der
Gegenwart noch eine Rolle spielt, wie hier auch schon oft geschrieben: Bei der
Zwangschristianisierung Europas ließ man im germanischen Bereich Götter
in den Wochentagen, der Donnergott Thor oder Donnar schuf den Thursday und den
Donnerstag.
Tagespost: Biologie und Biochemie alleine haben bisher nicht erklären
können, wie Leben entstand, so dass Argumente, "die von der lebenermöglichenden
Feinabstimmung der Naturkonstanten (fine-tuning) auf die Existenz eines planenden
Schöpfergottes schließen" nicht leicht von der Hand zu weisen
sind. Die atheistische Seite hilft sich dann etwa mit der 'Multiversen-Theorie':
"Danach existieren zahllose Universen mit ganz unterschiedlichen, zumeist
lebensfeindlichen Naturkonstanten, von denen eines - unser Universum - lebensfreundliche
Naturkonstanten aufweist". Hier braucht es keinen göttlichen Urheber
des fine-tuning, alles sei Zufall: Sagen die einen, aber die anderen glauben
nicht an Zufall.
Atheistischer Kommentar: Leben entsteht eben
auf Planeten, die dafür geeignet sind, am Jupiter gibt's wohl kein Leben.
Die Lebensentwicklung ist nicht zufällig, sondern passiert, wenn es möglich
ist. Ein Gott, dessen Herkunft nicht erklärlich ist, erklärt nichts,
er verlängert nur die Argumentenkette um ein unerklärbares Glied.
(...) Tagespost: Einen Ratschlag für das Christentum hat Winfried
Schröder auch: Zu seinen "Basics" zu stehen nämlich. Denn
wenn Paul Tillich alle klassischen Gottesattribute aufgibt und vom Höchsten
nur sprechen kann als "das, was uns unbedingt angeht", ist der Weg
nicht weit zum jüngst in den Niederlanden entstandenen "ietsism".
Holländisch "iets" bedeutet "irgendetwas", "und
so steht ,ietsism‘ für eine nicht-säkulare, religiöse Einstellung
zu einem unbestimmten außerweltlichen ,Etwas‘, einem irgendwie ,Sinnstiftenden‘,
das an die Stelle des traditionellen Gottes tritt".
Atheistischer
Kommentar: Ja, der Irgendwasgott ist heute wohl weiter verbreitet als es
die Götter der organisierten Religionen sind, der Weltenschöpfer "Irgendwas"
ist ein deistischer Gott, siehe oben.
Tagespost: Nicht geheuer: ein abgespecktes Christentum - Ist das
nun Theismus oder Atheismus? Einerlei, "bei dem Versuch, diesen Pudding
an die Wand zu nageln, müssen Atheisten, wie es scheint, den Hammer aus
der Hand legen". Auf das Christentum bezogen, ist dem Autor ein "abgespecktes
und reduziertes Christentum" nicht geheuer, "eine verwässerte
Spiritualität, die so vage ist, dass sie mit nichts mehr im Widerspruch
steht und infolgedessen gar nichts aussagt". Dann werde Gott zur Worthülse,
deren Inhalt abhandengekommen ist.
Atheistischer Kommentar: Der
Normalzustand in den entwickelten Ländern ist es heute, dass die Religion
im Alltag der Menschen keine besondere Rolle mehr spielt, die meisten gehen
nimmer in die Kirche, sprechen keine Gebete, sondern eher Flüche mit religiösen
Teilen (z.B. "Himmelherrgottkruzifixnocheinmal!") usw.
Tagespost: "Auch wenn es eigentlich das Ziel von Atheisten
ist, den Theismus zu widerlegen, könnten sie mit dem selbst erklärten
Bankrott, auf den die Preisgabe seiner Kernaussagen hinausläuft, schon
halbwegs zufrieden sein". Schröder schließt sich dem von ihm
zitierten Benedikt XVI. an, der 2011 in Erfurt präzise formulierte: "Ein
selbstgemachter Glaube ist wertlos. Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken
und aushandeln." Eine Offenbarungsreligion, wie das Christentum sie darstellt,
sei eben gerade nicht selbstgemacht, "sie wird von ihren Anhängern
als Kundgabe Gottes verstanden".
Atheistischer Kommentar: Ja
und gerade das ist das Problem! Die Menschen haben die Religionen erschaffen
und dazu auch die göttlichen Botschaften, die Offenbarungen sind reines
Menschenwerk, das in alten Zeiten zu Menschenpflichten gemacht wurde. Im alten
Römerreich gab es jedoch schon Religionsfreiheit, da konnte jedes von den
Römern unterworfene Volk seine Götter in Rom platzieren.
Tagespost: Eine Warnung an die christliche Religion - Schröder
fragt nach dem "soteriologischen Angebot" des Christentums und meint
es ernst, wenn er den Modus der Entsorgung des Glaubensgutes kritisiert: "Wir
haben es hier (man denke nur an die Preisgabe der Erbsünden- und Satisfaktionslehre
oder der Lehre von der Ewigkeit der Höllenstrafen) mit radikal revolutionären
Umdeutungen des Christentums zu tun, die den Kern des Glaubensbestandes angreifen,
der beinahe 2000 Jahre lang Geltung besaß."
Atheistischer
Kommentar: Mit Soteriologie bezeichnet man die Lehre von der Erlösung aller
Menschen im christlichen Kontext. Ja, die Christenkirchen sind vorsichtig geworden
mit den gemeingefährlichen Teilen der Christenlehre. Mit dem ewigen Höllenfeuer
drohen meist nicht einmal mehr katholische Prediger. Aber das ewige Höllenfeuer
war lange Zeit das wesentliche Argument für den Christenglauben, siehe
Pascalsche
Wette - jetzt glaubt die Mehrheit der Leute schon länger nimmer
an die Hölle...
Tagespost: Hier wird aus unverdächtigem Munde der christlichen Religion
eine Warnung zugerufen - im gegenwärtigen Pontifikat wohl weniger von Interesse
-, deren Berechtigung aber angesichts leerer Kirchen und Seminare mehr als handgreiflich
ist. Aufgabe der Philosophie ist es, dem Menschen beim Denken zu helfen, Aufgabe
der Kirche ist es, ihnen Gott zu geben - so wie er sich uns gezeigt hat. Winfried
Schröder hat sein äußerlich schlankes, innen überreiches
Buch nicht auf diese Erkenntnis hin geschrieben. Aber das ist ein Ertrag dieses
elegant formulierten, sehr viel Wissen verarbeitenden Traktates, das zum ersten
Mal eine veritable Kritik des Atheismus vorlegt.
Atheistischer Kommentar: Den Atheisten wurde beim Denken schon geholfen,
meinereiner ist in einem religionsfreien Elternhaus aufgewachsen, aber die Eltern
wagten es damals nicht, aus der Kirche auszutreten oder die Kinder nicht taufen
zu lassen, die gesellschaftliche Macht der Kirche war damals eben noch weitaus
höher als jetzt! Die Kirchen haben heute diese Macht nimmer, den Menschen
Gott zu geben, darüber denkt man in den Kirchen zwar immer noch nach, aber
es wirklich in der Masse der Menschen zu versuchen, das traut man sich gar nicht
zu probieren. Es sei wieder einmal an die vom Vatikan für 2012 geplanten
Versuche einer Neuevangelisierung Europas erinnert, die dann nicht etwa abgesagt
wurden, sondern einfach stillschweigend nicht stattfanden!
Gegen
Atheismus hilft echte Religion bestimmt nicht! Und um unreligiös zu sein,
dazu braucht man gar keinen Atheismus, es reicht völlig aus, die Religionen
einfach zu ignorieren, weil einen das Zeugs nicht interessiert...