katholisch.de Auch in schwierigen Zeiten weiter mitwirken
- Kardinal Marx ermuntert Austrittswillige zum Bleiben in der Kirche
Das Münchner Missbrauchsgutachten sei "ein Blick auf eine dunkle Seite
der Vergangenheit und auch der Gegenwart der Kirche, die viele Menschen verstört
und auch empört", so Kardinal Reinhard Marx. Austrittswillige sollten
dennoch bleiben.
Der Münchner Kardinal (und Erzbischof des Erzbistums von München und Freising)
Reinhard Marx ruft die Gläubigen seines Bistums zum Bleiben in der Kirche auf.
Er wolle alle, "die darüber nachdenken, die Kirche zu verlassen, ermutigen,
weiter mitzutun", schreibt der Erzbischof von München und Freising in
einem Brief an die Gläubigen. "Wir und ich brauchen auch die kritischen
Geister, die Zweifelnden und Suchenden." Auch in schwierigen Zeiten gelte
es, in der Kirche mitzuwirken. "Wir alle sind mitverantwortlich, dass das
Evangelium weiter gelebt und verkündet wird", so Marx. Das Schreiben aus
Anlass der Pfarrgemeinderatswahlen am 20. März wird am dritten Februarwochenende
in den Gottesdiensten verlesen. Auch im Internet ist es abrufbar.
Atheistische Ergänzung: Der Herr Kardinal erfasst den Realzustand der
Kirche in keiner Weise! Nachdem etwa nur zehn Prozent der katholischen Kirchenmitglieder
regelmäßig sonntags in die Kirche gehen, vielleicht noch 20 % fallweise an
bestimmten kirchlichen Fest- und Feiertagen, liegt der Stand der tatsächlich
gläubigen und praktizierenden Katholiken nicht sehr hoch, katholisch zu sein,
das ist in den katholischen Gegenden immer noch eine Art gesellschaftlicher
Brauch, man lässt darum die Kinder taufen und firmen, heiratet kirchlich und
lässt sich kirchlich eingraben.
Die Corona-Pandemie spielt natürlich ab 2020 eine Rolle, darum hier die BRD-Zahlen
von 2019 und 2020: Zahl der Taufen 104.610 (2019: 159.043), Zahl der kirchlichen
Trauungen 11.018 (2019: 38.537). Bestattungen 236.546 (2019: 233.937). Die Gesamtzahlen
in der BRD 2019 (jeweils auf 100 gerundet) an Geburten 778.100, Verehelichungen
416.300 und Begräbnisse 939.500. Der Anteil in der Bevölkerung lag bei den
Katholiken bei 27,1%, es müsste also 2019 die Zahl der Taufen bei 27,1% von
778.100 gelegen sein, das wären auf 100 gerundet 210.900 und nicht bloß
159.000! Bei den Heiraten schaut es so aus, 27% sind 112.400 und nicht 38.537.
27,1% der Bestattungen sind 63.400, also sind die Alten Leute weitaus katholischer
als die Jüngeren, die Dezimierung religiös agiernden Leute ist sozusagen alersmäßig
naturwüchsig!
katholisch.de: Der Kardinal dankt weiter allen, die sich einbringen
in den Pfarreien, "die mithelfen in den Gottesdiensten, in der Vorbereitung
der Kinder und Jugendlichen auf die Sakramente, im Pfarrgemeinderat und in der
Kirchenverwaltung, in der Arbeit der Caritas, in Bildungseinrichtungen, in der
Jugendarbeit, in der Sorge um die Kranken und Schwachen". Die Pfarrgemeinderatswahlen
fielen in "stürmische Wochen der Diskussionen, der Wut, des Zweifels,
der Enttäuschungen" und in eine Zeit, "die uns alle im Erzbistum
aufgewühlt hat", schreibt Marx. In vielen Pfarreien, Familien und Gruppen
sei das jüngste Gutachten über den sexuellen Missbrauch durch Kleriker und
kirchliche Mitarbeiter im Erzbistum diskutiert worden.
Atheistische Ergänzung: Da kann man ja auf die Wahlbeteiligung bei den
Pfarrgemeinderatswahlen neugierig sein, sie lag 2018 in der BRD um die 15%,
im ländlichen Bereich waren es mehr, Zahlen waren dazu im Net kaum zu finden.
Die Wählenden sind vermutlich oben ziemlich umfassend aufgezählt. Die Missbrauchsskandale
werden die Wahlbeteiligung wohl eher senken als heben...
katholisch.de: Nach dem ersten Gutachten im Auftrag der Erzdiözese
2010 sowie nach der MHG-Studie über sexuellen Missbrauch im Bereich der Deutschen
Bischofskonferenz (DBK) von 2018 "ist das nun noch einmal ein Blick auf
eine dunkle Seite der Vergangenheit und auch der Gegenwart der Kirche, die viele
Menschen verstört und auch empört". Der Erzbischof erinnert an die Situation
der Betroffenen und auch der Pfarreien, in denen Missbrauchstaten geschehen
sind. Den Betroffenen gelte "unser erstes Augenmerk". Gerade weil
die Erzdiözese deren Leid sehe und sie bestmöglich unterstützen wolle, "und
weil wir auch in der Prävention nicht nachlassen werden, will unser Erzbistum
diese Aufklärung und weicht ihr nicht aus", betont Marx. Der Weg der Erneuerung
und der Veränderung werde konsequent weiter beschritten.
Atheistische Ergänzung: Ja, zu einer Erneuerung müsste man allerdings
die Priesterauswahl neu gestalten. Durch den Zölibat werden eben z.B. Päderasten,
also Knabenliebhaber, eher vom Priestertum angezogen als abgeschreckt. Der Sexualtrieb
lässt sich nur durch Kastration völlig ausschalten, wenn religiöse junge
Leute sich vom weiblichen Geschlecht nicht angezogen fühlten, dann störte
der Zölibat vermeintlich nicht. Heute ist das ja anders, weil Homosexualität
ist kein Geheimthema mehr, aber früher war das eben so, dass dadurch Homos
und Päderasten unter Priestern überproportional waren.
2010 hatte der Pastoraltheologe Paul Zulehner bei Priestern eine Umfrage
gemacht, es gab dort u.a. folgendes Ergebnis: "67 Prozent stimmen in
Bezug auf ihr persönliches eheloses Leben der Aussage zu: 'Ich habe einen eigenständigen
Weg gefunden, den ich verantworten kann!' Es sei aber nicht Aufgabe dieser Studie
gewesen, näher zu erforschen, 'was das im konkreten Lebensvollzug bedeutet',
bzw. welche Formen von Beziehungen damit gemeint sein könnten. "Das kann
alles bedeuten: Ich habe eine Freundin, einen Freund, ich habe gelegentlich
Verhältnisse, ich gehe zu Prostituierten. Sicher nicht heißt diese Antwort:
ich habe keine Liebesbeziehungen und lebe sexuell enthaltsam. Weil das wäre
nicht 'eigenständig', sondern die vorgeschriebene Lebensweise, die ein Priester
nicht extra verantworten muss. Eigenständig verantworten muss er es nur, wenn
er nicht enthaltsam lebt! Zweidrittel pfeifen somit höchstwahrscheinlich
auf die kirchlichen Sexualverbote für Priester, sie halten zwar den Zölibat
ein, haben aber trotzdem irgendeine Art von Liebesleben. 69 Prozent stellen
fest, dass sie mit ihrem ehelosen Leben bisher recht glücklich waren."
Nach Missbrauch hatte Zulehner seinerzeit nicht gefragt. Dass die katholische
Kirche einen Weg der Erneuerung und der Veränderung konsequent weiter beschreitet,
ist bisher nicht aufgefallen! Seinerzeit vor rund 1000 Jahren wurde der Zölibat
deswegen eingeführt, weil man befürchtet hatte, es könnte auch in der Kirche
eine feudale Entwicklung geben, also Söhne von Priestern und Bischöfen die
Pfarre oder das Bistum erben, wie es eben bei Grafen und Herzögen usw. der
natürliche Vorgang war! Die Abschaffung des Zölibats würde heute diesbezüglich
schadenfrei vor sich gehen...