Die rasant steigenden Preise sorgen dafür, dass den ArbeitnehmerInnen immer weniger zum Leben bleibt. Anstatt für Entlastungen zu sorgen, warnen PolitikerInnen und Wirtschaftsforschungsinstitute vor einer drohenden "Lohn-Preis-Spirale". Dabei sind es nicht die ArbeitnehmerInnen, die die Preise in die Höhe treiben. Die steigenden Preise sind zuerst da und werden durch andere Faktoren verursacht, teilweise entwickelt sich sogar eine Gewinn-Preis-Spirale.
Mythos "Lohn-Preis-Spirale"
Neoliberale behaupten ungebrochen, dass steigende Löhne und Gehälter der Grund
für steigende Preise wären, indem sie die Kosten für Unternehmen erhöhten.
Dabei haben die letzten Jahrzehnte gezeigt, dass nicht die Löhne die Preise
treiben, sondern andere Faktoren - aktuell die hohen Energiepreise - diese verursachen.
Die ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen leiden unter den starken Preissteigerungen.
Es gibt aber auch Profiteure, insbesondere Energieunternehmen profitieren von
der aktuellen Situation.
Gewinnmargen lassen Preise steigen
Während den Höhen der Corona-Pandemie waren die Energiepreise sehr niedrig.
Mit Beendigung der Lockdowns und der wachsenden Nachfrage stiegen die Energiepreise
Ende 2021 an. Der russische Angriffskrieg hat die Preissteigerungen noch einmal
deutlich verschärft. Die Preise für Gas und Öl sind in die Höhe geschnellt
und haben damit hohe Mehrkosten für KonsumentInnen verursacht.
Energiekonzerne verdienen an der Krise
Während sich manche fragen müssen, wie sie die nächste Heizrechnung bezahlen,
profitieren einige Energiekonzerne von der aktuellen Situation. Ein Beispiel
für rasant steigende Preise und noch rasanter steigender Gewinnmargen ist der
Energiekonzern "Shell”: Der Energieriese hat seine Gewinne 2021 im Vergleich
zum Vorjahr vervierfacht. Profitieren tun davon die Aktionäre, nicht die ArbeitnehmerInnen.
Mit dem Gaspreis steigen auch die Preise für Strom aus erneuerbaren Quellen,
obwohl die Herstellungskosten nicht gestiegen sind. In einigen Ländern, wie
etwa Spanien, Frankreich oder Italien werden diese sogenannten "Übergewinne”,
wie auch von der EU-Kommission empfohlen, deshalb zurecht besteuert.
"BENYA-FORMEL”: SO ENTSTEHT DIE LOHNFORDERUNG DER GEWERKSCHAFTEN
Um Wohlstand zu garantieren, Preise aber nicht in die Höhe zu treiben, halten
sich Gewerkschaften bei ihrer Lohnforderung an die sogenannte "Benya-Formel".
Anstatt der zu erwartenden Inflation ziehen Gewerkschaften die durchschnittliche
Inflationsrate der letzten zwölf Monate plus der Produktivitätszuwächse der
einzelnen Branchen für die Lohnforderung heran. So garantieren wir, dass ArbeitnehmerInnen
sich trotz steigender Preise für ihr Gehalt bzw. ihren Lohn gleich viel leisten
können wie zuvor und sie ein gerechtes Stück des Kuchens bekommen, der durch
ihre steigende Produktivität entsteht. Eine Lohn-Preis-Spirale wird durch die
Anwendung der "Benya-Formel" verhindert.
ArbeitnehmerInnen bestimmen nicht die Preise
Lea Steininger, Ökonomin am Institut für Internationale Wirtschaft der Wirtschaftsuniversität
Wien, kann über die Theorie der Lohn-Preis-Spirale nur lachen. Im ÖGB-Podcast
"Nachgehört. Vorgedacht” stellt sie klar, dass es nicht die ArbeitnehmerInnen
sind, die die Preise bestimmen, sondern die Unternehmen.
"Auch wenn sich die Kosten für ein Unternehmen etwa durch die Kosten für
den Faktor Arbeit erhöhen, ist es immer noch eine unternehmerische Entscheidung,
die Preise anzuheben. Man könnte auch einfach die Gewinnspanne verringern”,
so Steininger in der aktuellen Folge von "Nachgehört. Vorgedacht”. Erhöhen
Unternehmen hingegen die Gewinnspannen, erhöht das auch die Preise. So zu tun,
als wären Preisentwicklungen eine Spirale, also ein Automatismus, und die Lohnverhandlungen
die Ursache, ist für die Wirtschaftswissenschafterin problematisch.