Stephan Kramer, der Generalsekretärs des Zentralrats der
Juden in Deutschland, äußerte sich kritisch über die Absichten des Vatikans, den mehr als umstrittenen Papst Pius XII. trotz seiner Haltung zum
Holocaust "selig" zu sprechen. Er forderte vom Papst mehr Respekt
gegenüber anderen Religionsgemeinschaften.
Kramer sagte, Benedikt XVI. sollte
"die Form seines bisherigen Umgangs" überdenken. Er kritisierte, im
Jahr 2009 habe vor allem die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen
der Piusbruderschaft das Verhältnis der jüdischen Religionsgemeinschaft zum
Vatikan sehr belastet. "Die Erklärungs- und Beschwichtigungsversuche
verschiedener Vatikanvertreter und seitens des Papstes selbst waren inhaltlich
wenig überzeugend". Sie seien nicht nur häppchenweise auf Druck
nachgeschoben worden, sondern hätten auch den Ergebnissen des bisherigen
vertrauensvollen jüdisch-katholischen Dialogs teilweise widersprochen. "Allein
die Art und Weise des Umgangs war für uns nicht nachvollziehbar und nicht
gerade der Ausdruck eines vertrauensvollen Verhältnisses unter Geschwistern,
wie der verstorbene Papst Johannes Paul II. das Verhältnis überzeugend
umschrieben hat."
Kramer zur geplanten Seligsprechung von Pius XII.: "Die
Zuerkennung des heroischen Tugendgrades an Papst Pius XII., die ein weiterer
Schritt auf dem Weg seiner Seligsprechung ist, kann man nicht gerade als
vertrauensbildende Maßnahme im Verhältnis Vatikan und Judentum, sondern
allenfalls als erneute Provokation bewerten." Aus jüdischer Sicht sei dies
ebenso besorgniserregend wie ärgerlich. Versicherungen, dass der Vatikan aus
der Debatte um die Piusbruderschaft gelernt habe, seien offensichtlich nichts
wert. "Unwissenheit über die Kontroverse um die Rolle von Papst Pius XII.
während des nationalsozialistischen Holocausts kann niemand in Rom - so wie bei
der Causa Piusbruderschaft - ernsthaft vortäuschen." Soweit Auszüge aus
einer ddp-Meldung.
Eine Antwort auf diese Kritik ließ der Regensburger Bischof
Gerhard Müller vom Stapel. Laut Bericht der Zeitung Die Welt
meinte Müller, das Verhältnis zwischen Kirche und dem Judentum sei auf einem
guten und unumkehrbaren Weg in eine Zukunft freundschaftlicher Beziehungen und
der Zusammenarbeit. Leider gebe es aber "unqualifizierte Äußerungen, ja
Hassausbrüche jenseits aller Vernunft und der natürlichen Sympathie, die
zwischen Menschen guten Willens und gemeinsamen Grundüberzeugungen nicht
akzeptiert werden" könnten. Der Weg der Piusbrüder zurück in die Kirche
führe nur über das Zweite Vatikanische Konzil, der Verdacht, der Papst wolle
die Kirche hinter das Konzil zurückführen, entspringe blankem theologischen
Unverstand und bedürfe keiner weiteren Kommentierung.
Eine Kommentierung
der Kritik an der geplanten Seligsprechung von Papst Pius XII. blieb der Bischof
jedoch schuldig. Aber er hat es dem jüdischen Funktionär hineingesagt, die freundschaftlichen
Beziehungen sind unumkehrbar und die Juden sollen sich ihre Hassausbrüche und
theologischen Unverstand sparen! Amen.