Christen werden auch anderswo weniger

Auch aus Frankreich gibt es schöne Zahlen: Da dort das Religionsbekenntnis nicht wie in Österreich und Deutschland über staatliche Austritte geregelt ist, sind Zahlen über Religionszugehörigkeiten nicht so erfassbar wie hierzulande. Wobei angemerkt werden muss, dass auch Österreich und Deutschland die Angaben über die Mitgliedszahlen anzweifelbar sind, weil es gebietsweise immer wieder vorkommt, dass Personen mit Doppelwohnsitz auch doppelt gezählt werden. Jedenfalls hat das französische Meinungsforschungsinstitut 'IFOP' für die katholische Tageszeitung LA CROIX ("Das Kreuz") die Entwicklung der Kirche in Frankreich in den letzten Jahrzehnten analysiert.

Ein paar bemerkenswerte Daten: Im Jahr 1965 bezeichneten sich 81 Prozent der Franzosen als katholisch. Im Jahr 2009 waren es noch 64 Prozent.
Im Jahr 1952 besuchten 27 Prozent der Franzosen jeden Sonntag die Messe. Um 1970 waren es noch 20 Prozent. 1978 beim Dienstantritt von Papst Johannes Paul II. noch 14 Prozent, 1987 schließlich nur mehr sechs Prozent, im Jahr 2006 gingen gerade 4,5 Prozent zur Messe.
Aber auch die wenigen noch praktizierenden Katholiken wollen neue Positionen: 75 % kritisieren die katholische Haltung zur Empfängnisverhütung, 69 % die zur Ehescheidung, 68 % die zum Schwangerschaftsabbruch und 49 % kritisieren die katholische Einstellung zur Homosexualität.

In Frankreich schaut es also auch gar nicht anders aus als hierzulande.
Man wird getrost sagen können, in Europa befindet sich der Christenglaube zunehmend im Abstieg. Zwar gibt es auch überall religiöse Neubildungen, diverse Evangelikale haben durchaus Zulauf. Aber das sind Kleingruppen, die vielleicht öffentlich auffallender in Erscheinung treten, jedoch zahlenmäßig mit den Verlusten der Großkirchen in keiner Relation stehen. Die wirklich Christgläubigen sind eine kleine Gruppe. Viele Menschen haben sich irgendeine esoterisch-mystische Privatreligion gebastelt, noch mehr haben für Notfälle das berühmte "höhere Wesen", über das man nichts Genaueres weiß, in der Hinterhand und die Leute, denen Religion einfach egal ist, werden zunehmend immer mehr.

Für die großen Christenkirchen wird daher der Zugang zur Masse der Menschen fortgesetzt schwieriger. Einem Esoterisch-Religiösen was vom Jesus zu erzählen, wird höchstens Herablassung ernten, solche Leute haben ja eine viel "spirituellere" Sicht der Dinge, jemand mit einem Reserve-"Höheren-Wesen" benutzt dieses im Alltag nicht und hat keinen Bedarf, sich noch einen Jesus dazuzukaufen. Und die Areligiösen interessiert das ganze Thema nicht. Wie sollte man auch einem religionsfernen Erwachsenen erklären können, dass er Jesus lieben und anbeten sollte, weil dieser ihn so liebt und erlösen möchte?
Also nicht viel Potential für eine Neuevangelisierung Europas!