Eine deutsche Familie bekommt politisches Asyl in den USA, weil sie ihre
Kinder nicht der Schulpflicht in der Bundesrepublik unterwerfen will:
Die Familie Romeike aus Bissingen in Baden-Württemberg wollte ihre fünf Kinder
zu Hause unterrichten, weil an den staatlichen Schulen "anti-christliches
Weltbild" vermittelt würde. Sie ließen ihre Kinder nicht zur Schule gehen
und wanderten 2008 nach jahrelangem Streit mit den Behörden in die USA aus.
Dort stellten sie im April 2009 einen Asylantrag - dem jetzt stattgegeben worden
sei, teilte die evangelikale Lobbygruppe "Home School Legal Defense
Association" (HSLDA) am 27.1.2010 mit.
Der zuständige Richter
habe bei der Urteilsverkündung in Memphis, Tennessee festgestellt, dass die
Romeikes Anspruch auf Asyl hätten. Er sah in Deutschland grundlegende Menschenrechte
der Familie Romeike verletzt. In den USA sind Familien mit Hausunterricht eine
eigene soziale Gruppe, diese werde in Deutschland unterdrückt. Die Familie habe
"gut begründete Angst vor Verfolgung" und darum das Recht, in den
USA Asyl zu finden.
Gemäß des HSLDA-Anwalts habe das Gericht endgültig festgestellt,
dass "Homeschooler" eine gesellschaftliche Gruppe seien, die in Deutschland
verfolgt werde. In Deutschland ginge es in Sachen Schulpflicht darum, "ideologische
Konformität zu erzwingen".
Der für den Südosten der USA zuständige
deutscher Generalkonsul widersprach den Vorwürfen der Lobbyisten. Deutschland
verfüge über ein großes Angebot an Bildungsmöglichkeiten. Die Eltern könnten
zwischen öffentlichen, privaten und religiösen Schulen wählen, einschließlich
alternativer Einrichtungen wie Waldorf- oder Montessorischulen. Die Schulpflicht
sichere einen hohen Bildungsstandard für alle Kinder.
Hausunterricht,
wie ihn bibeltreue Christen wollen, ist in Deutschland untersagt - die Verfassungen
der Bundesländer sehen eine allgemeine Schulpflicht vor. Österreich, Frankreich,
Großbritannien und andere Staaten kennen dagegen nur eine Unterrichts- oder
Bildungspflicht. In den USA gilt Homeschooling als klassisches Elternrecht.
Ein bis zwei Millionen Kinder lernen Schätzungen zufolge bei den Eltern. Nicht
immer sind die Gründe dafür religiös, einige Eltern kritisieren auch starre
Lehrpläne und hohe Kosten für Privatschulen. Besonders verbissen führen aber
die evangelikalen Christen den Kampf für das Homeschooling. Sie wollen
ihre Kinder von weltlichen Einflüssen fernhalten und versuchen, sie im Weltbild
ihres streng ausgelegten Glaubens zu erziehen.
Der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte stellte im September 2006 fest, dass die deutsche Schulpflicht
und das damit verknüpfte Heimunterrichtsverbot mit europäischem Recht genauso
vereinbar ist wie mit der Menschenrechtskonvention.