Für die Rehabilitation der Klerikalfaschismus-Opfer!

In den letzten Jahrzehnten wurde in Österreich die nationalsozialistische Zeit nimmer verdrängt, sondern intensiv aufgearbeitet. Unaufgearbeitet blieb die Zeit davor: der Klerikalfaschismus. Weder die von ihm verübten Verbrechen, noch seine unfreiwilligen Beiträge zum Erstarken der Nazis wurden bisher entsprechend behandelt.
Was weiters kein Wunder ist. War doch die römisch-katholische Kirche die ideologische Anstifterin dieses Verbrecherregimes und die ÖVP die Nachfolgepartei der Christlichsozialen, von denen die klerikalfaschistische Diktatur errichtet wurde. Darum ist dieses Thema immer noch tabu!

Hin und wieder hört man allerdings doch noch was zu diesem Geschichtsthema.
Anfang Februar 2010 forderten 97 Geschichtsforscher, Soziologen und Politologen die vollständige Rehabilitierung für Dollfuß-Opfer!

Am 5. Februar richteten sie ein Schreiben an die Mitglieder der Bundesregierung, an den Bundespräsidenten und die Abgeordneten. Man wolle nicht den Stab über andere zur eigenen moralischen Erbauung brechen, aber das "öffentliche historische Bewusstsein" und die wissenschaftlichen Erkenntnisse über diese Zeit klafften auseinander. Die ÖVP-These von der "geteilten Schuld" ist nicht haltbar, die SPÖ müsse das Thema aufgreifen und sich für die Rehabilitierung von Dollfuß-Opfern einsetzen, meint der Sozialwissenschaftler Emmerich Talos. Wenn die SPÖ das Thema aus Rücksicht auf die ÖVP nicht aufgreife, dann hielte er das "für den größten Skandal der Sozialdemokratie" und für unverzeihlich.

Es sollen alle Opfer des Austrofaschismus bedacht werden, es ginge nicht nur um die Verurteilten der Standgerichte, sondern auch um die tausenden Menschen, die in Anhaltelager eingesperrt wurden, und die vielen, die man nach ihrer Flucht ins Ausland kurzerhand ausgebürgert hat. Natürlich mit einer klaren Ausnahme: es geht nicht um die Rehabilitierung von Nationalsozialisten, die im Klerikalfaschsimus inhaftiert worden waren.

Am 17. Februar tagt im Parlament der Justizausschuss, dieser Sitzung liegt ein Antrag der Grünen zu diesem Thema vor, Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser hofft, dass dann "ohne Scheuklappen an das Thema herangegangen wird".

Man kann gespannt sein, ob sich die SPÖ traut und ob die ÖVP weiterhin dem Klerikalfaschismus in christlicher Nächstenliebe gegenüber steht ...


Josef Ahrer und Anton Bulgari, zwei oö Opfer des Klerikalfaschismus


Engelbert Dollfuß und sein Vorbild, der Prälat und Kanzler Ignaz Seipel


Dollfuß-Bild in der Parteiobmänner-Ahnenreihe im ÖVP-Parlamentsklub

Siehe dazu: Der Weg in den Faschismus, Österreich 1933 - 1938 (6 MB)