Ein 53-Jähriger gebürtiger Salzburger beschuldigt im Ö1- Interview zwei frühere
Benediktiner, ihn in seiner Jugend über Jahre hinweg sexuell missbraucht zu
haben. Und er erhebt außerdem Missbrauchsvorwürfe gegen den amtierenden Erz-Abt
von Salzburg St. Peter. Alle drei Beschuldigten haben Missbrauchshandlungen
eingestanden. Der Abt hat am Abend seinen Rücktritt angeboten.
Er wolle
nicht nur den Rücktritt des Erzabts, sondern ein Ende der Vertuschungen erreichen
und andere Opfer zum sprechen bewegen, sagt der heute 53-jährige gebürtige Salzburger.
Auf Kirchturm in Hose gegriffen
Als 11-jähriger Bub, als
Hauptschüler ist er erstmals zum Missbrauchsopfer geworden. Ein ehemaliger Mönch,
Frater Markus, habe ihn unter dem Vorwand der Aussicht auf den 78 Meter hohen
Kirchturm von St. Peter, im Zentrum von Salzburg gelockt. Im Turm sei es zum
Missbrauch gekommen: "Ich konnte mich nicht rühren, er stand vor mir, hat
mir in die Hose gegriffen und hat sich selbst auch befriedigt."
Jahrelange
Misshandlungen
Es folgten sechs Jahre mit wiederkehrenden schweren Missbrauchshandlungen
durch Frater Markus und Pater B., einen Priester, unter anderem in deren Zellen,
so der 53-Jährige.
In Grotte an sich gedrückt
Hat der jetzt
amtierende Erzabt davon gewusst oder es geahnt? Jedenfalls hat er als Priesteramtskandidat
bei einem Radausflug den damals 12-jährigen Buben in einer Höhle am Untersberg
bei der Quelle der Salzburger Wasserleitung missbraucht. "In einer Grotte
musste ich mich dann auf seinen Schoß setzen. Er drückte mich an sich, ich war
von vorneherein wehrlos."
Schweigegeld geboten
Diesen,
wie er sagt, nur einmaligen Missbrauch vor rund 40 Jahren gesteht der Erzabt
im vergangenen November ein. Einen Rücktritt lehnt er da noch ab. Stattdessen
bietet er in einem Brief, der Ö1 vorliegt, 5.000 Euro an und bittet das Opfer,
keine weiteren Schritte zu veranlassen.
Psychische Schädigungen
Für
den 53-Jährigen ein Affront. Seit dem Vorfall fürchte er sich vor Höhlen und
Tunnel. Schlafstörungen, Depressionen und Stimmungsschwankungen nennt er als
Folgen vor allem auch des jahrelangen Missbrauchs durch die beiden anderen Mönche.
Die hatten sich das Vertrauen der Eltern des Buben erschlichen. Und beichten
durfte er nur bei Pater B., so der 53-Jährige: "Und da musste ich beichten,
dass ich eben Unkeusches getan habe... Im Grunde habe ich das gebeichtet, was
er verbrochen hat."
"Geständnis erhalten"
Aus
Scham und wegen des psychischen Drucks durch die Täter habe er erst nach 24
Jahren erstmals über die Vorfälle reden können, sagt der 53-Jährige. Im Vorjahr
hat er dann die mutmaßlichen Haupttäter mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert
"und habe von ihnen auch das Geständnis erhalten".
Auch
andere Opfer
Doch er war nicht das einzige Opfer. Pater B. hat St. Peter
1975 offenbar nach Missbrauchsvorwürfen verlassen: "Es kam sogar einmal
zu Handgreiflichkeiten unter den Patres, weil dieser Pater auch mit Leuten aus
dem Juvenat oder Konvikt Beziehungen begonnen hatte."
Als Sextourist
verurteilt
Frater Markus verlässt den Orden, der Priester Pater B. wechselt
1975, oder wird versetzt, in Pfarren und Klöster in Oberösterreich und Bayern
- unter anderem als Musiklehrer und Priester. Laut der Staatsanwaltschaft Salzburg
wurden beide 2005 als Sextouristen in Marokko festgenommen. Wegen schweren Missbrauchs
an Minderjährigen Marokkanern wird der ehemalige Frater als 68-Jähriger rechtskräftig
in Salzburg verurteilt. Der Pater musste nicht vor Gericht, laut Staatsanwaltschaft
weil er seinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Dort in Altötting soll er bis
zu seinem Tod vor einem Monat Messen gelesen haben.
Der
Bericht aus dem ORF-Morgenjournal vom 9.3. kann hier angehört
werden (ca. sieben Minuten).
Soweit die ORF-Meldung. Auch das Internat Kloster Mehrerau (Vorarlberg) ist von Missbrauchsfällen betroffen. Wie die "Vorarlberger Nachrichten" berichteten, spricht Abt Anselm van der Linde von einem Fall sexuellen Missbrauchs in den 80er Jahren sowie von einem Fall im Jahr 2001. Nach dem Umgang der katholischen Kirche mit der Sexualität befragt, sagte der Abt, dass die Kirche "nicht länger so verkrampft" mit diesem Thema umgehen dürfe. Die Kirche müsse die Sexualität offener und menschenwürdiger behandeln.
Ein wahres Wort:
Ein Ordensbruders - Dominikus Kraschl - leitete
eine Stellungnahme zu den Missbrauchvorfällen mit einer Anekdote ein, die er
erlebt habe: Als einer meiner Mitbrüder einmal die Kirchentür abends zusperrte,
kam ein Ehepaar mit Kind des Weges. Das Kind schaute meinen Mitbruder groß an
und fragte die Eltern: "Wer ist das?" Darauf die Mama: "Das sind
Männer, die kleine Kinder missbrauchen. Von denen musst du dich fernhalten!"
Atheistischer Kommentar: Offenbar ist immer noch das katholische "Heilmittel"
des Verschweigens und Vertuschens sehr beliebt. Man darf ja nicht vergessen,
dass Kleriker, die ihre Sexualität mit Erwachsenen ausleben, dies ebenfalls
auf diese Art machen können: Inoffiziell und ohne darüber zu reden. Man erinnere
sich an die Geschichte von 2009, wo der Pfarrer von Ungenach sich zuerst öffentlich
zu seiner langjährigen Lebensgefährtin bekannte, dann deswegen vom Bischof gemaßregelt
wurde und man schließlich einen Kompromiss schloss: Der Pfarrer und der Bischof
reden nimmer von dieser Sache und man belässt alles wie es vor der vorwitzigen
öffentlichen Verlautbarung des Pfarrers war. Auch als Kirchenferner weiß man:
es ist schwieriger einen Kleriker ohne Beziehungen zu finden als einen mit ...
Die
Kinderschänder sind allerdings die "Auserwählten", die aufgrund psychischer
Probleme keine Beziehungen mit Erwachsenen zusammenbringen. Sie fühlten sich
ursprünglich dem Zölibat gewachsen ...