Katholischer "Teufelskreis"

In Sachen katholischer Kinderschändung zwei Meldungen und ein Leserbrief:

Papst: Verlust des Sündenbewusstseins auch in der Kirche

Kathpress-Meldung vom 11.03.2010:
Vatikanstadt (KAP) Papst Benedikt XVI. hat einen "Teufelskreis" von Glaubensschwund und Verlust eines Sündenbewusstseins beklagt. Priester müssten sich ihrer Grenzen und ihrer Vergebungsbedürftigkeit bewusst sein, um auf dem "Weg der Heiligkeit" zu bleiben, so der Papst.
Die lustbezogene Gegenwartskultur helfe keineswegs bei einer Unterscheidung zwischen Gut und Böse oder bei der Reifung eines Sinns für die Sünde, sagte Benedikt XVI. am Donnerstag bei einem Empfang für die Apostolische Pönitentiarie. Dieses Vatikangericht ist für Gnadenerlasse bei Vergehen innerhalb der katholischen Kirche zuständig.
Der Papst erinnerte die Priester an den hohen Anspruch ihrer Berufung. Nur wer täglich selbst zur "lebendigen und klaren Präsenz Christi" werde, könne in den Menschen einen Sinn für Schuld und den Wunsch nach Vergebung wecken.
Nötig seien dafür eine dauernde asketische Haltung, ermahnte Benedikt XVI. Es gehe um die Fähigkeit, Anpassung und Kompromisse zu vermeiden, betonte der Papst.

Schweigegebot

OÖNachrichten vom 11.3.2010:
Ehemaliger Mehrerau-Schüler packt aus: "Befehl, Eltern kein Wort zu sagen"
Im Internat des Privatgymnasiums des Bregenzer Zisterzienser-Klosters Mehrerau könnte es offenbar noch weit mehr als die in den vergangenen Tagen öffentlich bekanntgewordenen Missbrauchsfälle gegeben haben. Ein ehemalige Mehrerau-Schüler schilderte heute in einem ORF-Interview den Missbrauch mehrerer seiner Mitschüler und ging auch auf die Rolle des damaligen Abts Kassian Lauterer ein: "Dieser hat - man muss fast sagen - uns befohlen, darüber den Eltern ja kein Wort zu sagen".
Der heute 57-Jährige war von 1964 bis 1972 Schüler des Privatgymnasiums. Ein Pater, der wegen sexueller Übergriffe über Nacht vom deutschen Kloster Birnau nach Bregenz versetzt worden sei, habe sich an gut einem Drittel seiner Mitschüler vergangen. "Das ist das ganz Fatale an dieser Geschichte: Er wurde als Präfekt bei den Erstklässlern eingesetzt", sagte der Mann, der anonym bleiben wollte. Er selbst sei wegen seiner Unattraktivität nicht missbraucht worden. Als einer der Schüler plötzlich während einer Zeichenstunde sein Schweigen gebrochen habe, hätten auch die anderen Opfer von ihrem Missbrauch erzählt. Daraufhin sie "die halbe Klasse" zum Abt gegangen, sagte der 57-Jährige im Rundfunk.
"Am nächsten Morgen ist dann der damalige Abt Kassian Lauterer vor uns getreten und hat - man muss fast sagen - uns befohlen, darüber den Eltern ja kein Wort zu sagen, also volles Stillschweigen darüber zu bewahren", so der Mann. Der Pater sei nach Spanien geschickt worden, die Schüler aber habe man mit ihren traumatischen Erfahrungen allein gelassen. "Es gab keine psychologische Unterstützung für die Opfer, im Gegenteil. Man hat uns sozusagen ein Gelübde abgefordert". Darüber zu sprechen sei damals unmöglich gewesen. "Die Macht des Klosters Mehrerau und überhaupt dieser ganzen Institution Kirche war so groß. Das ganze Leben hätte man darunter zu leiden gehabt und wäre von allen Seiten angefeindet worden", sagte der 57-Jährige.

Mir wird übel

Leserbrief OÖN, 12.3.2010:
Die Übergriffe, die zurzeit an die Öffentlichkeit gelangen, haben sich anscheinend in Klöstern und ihren Schulen abgespielt. Das verzerrt die Sicht meiner Meinung nach doch entscheidend.
Ich bin heute 53 Jahre alt und weiblich. Zur Erstkommunionsvorbereitung unterrichtete uns damals der "ehrwürdige Herr Dechant". Bei den Prüfungen mussten wir Mädchen uns auf seinen Schoß setzen und er streichelte unsere Oberschenkel bis hin zu unseren Genitalien. Als wir diese Tatsachen unseren Eltern erzählten, bekamen wir zur Antwort, dass uns der Herr Dechant sehr lieb hat.
Ich fragte mich damals schon: Hat er die Buben den nicht lieb? Die Tragweite dieser Vorfälle wurde mir erst viel später bewusst, aber zu diesem Zeitpunkt war der "ehrwürdige Herr Dechant" schon verstorben. Mir wurde damals geraten, diese alten Geschichten nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. Aber heute geht mir der Hut hoch, über die scheinheilige und verlogene "Kirche" und ihre "Ehrenmänner", die noch immer, obwohl manche von deren Veranlagung wissen, Kinder unterrichten dürfen. Mir wird übel, wenn ich daran denke, wie viel Schaden diese Herren anrichten.
Wäre es nicht an der Zeit, dass auch die Frauen, die begrapscht und auch missbraucht wurden, endlich ihr Schweigen brechen?
Es gehört viel Mut dazu, aber ich denke die Zeit ist gekommen, wo endlich auch auf Kinder gehört wird und wir betroffenen Erwachsenen nicht mehr schweigen dürfen.
Karin Mössl, per E-Mail

Atheistische Kommentare wären dazu eigentlich schon überflüssig. Aber ich kann's mir nicht verkneifen, auch wenn jetzt das x-te Mal dasselbe dasteht.
Der Papst hat die "Schuldigen" gefunden:
Täter Nummer 1 ist der "Glaubensschwund",
Täter Nummer 2 ist die "lustbezogene Gegenwartskultur".
Lösung des Problems daher vermutlich: Glaubt wieder katholisch und kasteit auch katholisch.

Dass der Glaubensschwund mit dem Glauben zusammenhängt, fällt dem Herrn Ratzinger nicht auf. Dass also die inhaltliche Absurdität des christkatholischen Glaubens Menschen immer weniger anspricht. All die Sachen wie Vertreibung aus dem Paradies, Erbsünde, jungfraugeborener Gottessohn, Kreuzestod, Auferstehung, Himmel & Hölle, Lebenshilfe durch Gebete usw. haben keinen Bezug zur Lebenswirklichkeit mehr. Die Leute sind großteils zwar nicht bewusst atheistisch, aber sie leben atheistisch.
Und sie wollen im wirklichen Leben etwas Spaß an der Freude haben! Sich an einem leeren Versprechen jenseitiger himmlischer Freuden zu orientieren, ist nicht mehr das aktuelle "Opium des Volkes".
Die seit 1000 Jahren offiziell zum Alleinleben gezwungenen Kleriker haben sich in ihrer Masse nie daran gehalten, heimliche Verhältnisse, "Konkubinen", sexuelle Übergriffe auf Beichtende, Sexorgien in Klöstern, Kinderschändungen usw., irgendwas davon hat es in der ganzen Geschichte des Zölibats immer auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen gegeben.

Die "lustbezogene Gegenwartskultur" hat ihre Auswirkung auf das aktuelle Geschehen nicht dadurch, dass sie die Täter hervorgebracht hätte, sondern dass durch die Enttabuisierung der Sexualität die Opfer sich zu sprechen trauen.

Die katholische Kirche als Institution will und kann das nicht begreifen.