STANDARD vom 20. März 2010:
Für die Kirche in Österreich wird es eng: Entweder man greift tief in
die Klingelbeutel, oder es droht der Gang vor den Kadi
Missbrauchsopfer haben
sich jetzt erstmals zusammengeschlossen und planen rechtliche Schritte gegen
die Kirche: Ihr Anwalt fordert bis zu 80.000 Euro Entschädigung pro Opfer
Für
den Wiener Anwalt Werner Schostal ist es "einfach eine Schweinerei, was
da in den letzten Jahren und Jahrzehnten innerhalb der katholischen Kirche passiert
ist". Die deutlichen Worte machen schnell klar, warum der Advokat derzeit
intensiv an den rechtlichen Details zu einem Präzedenzfall feilt: Erstmals haben
sich jetzt kirchliche Missbrauchsopfer aus ganz Österreich zusammengeschlossen,
um gemeinsam rechtliche Schritte gegen die katholische Kirche hierzulande zu
unternehmen.
Konkret wurde der Verein "Opfer kirchlicher Gewalt"
gegründet, dem aktuell zehn Mitglieder angehören. Der Hintergrund der Vereinsgründung
ist ein rechtlicher. Schostal: "Es gibt zwei Varianten: ein 'Sammelklage-Verein',
wobei die Mitglieder ihre Ansprüche an den Verein abtreten und dieser dadurch
klagslegitimiert ist. Oder es klagen Einzelpersonen nebeneinander, und diese
Klagen werden aber letztlich, etwa aus Gründen der Verfahrensökonomie, gemeinsam
geführt." Prinzipiell wolle man aber die katholische Kirche in Österreich
nicht mit unzähligen Klagen "in die Knie zwingen". Schostal: "Zunächst
machen wir einmal die Ansprüche außergerichtlich geltend. Zeigt sich die Kirche
nicht kompromissbereit oder sind die angebotenen Zahlungen zu gering, dann bringen
wir die Klage ein."
Diese würde sich primär gegen die Schädiger,
aber auch gegen die katholische Kirche als "übergeordnete Organisation"
richten.
Vonseiten des Vereins "Opfer kirchlicher Gewalt"
hat man jedenfalls konkret auch eine Klage gegen zwei Bischöfe ins Auge gefasst:
den Eisenstädter Diözesanbischof Paul Iby und den Grazer Altbischof Johann Weber.
Hintergrund dürfte sein, dass auch Opfer jenes obersteirischen Pfarrers, der
in den späten 1970er- und 1980er-Jahren bis zu zwanzig Kinder und Jugendliche
sexuell missbraucht oder belästigt hatte und bis Anfang März im Burgenland tätig
war, unter den klagswilligen Vereinsmitgliedern sind.
"Die besten
Chancen rechne ich mir aber beim unmittelbaren Schädiger aus. Spannend wird
da die Frage der Verjährung: Die strafrechtliche Verjährung, wenn es bei einem
sexuellen Missbrauch zu einem Geschlechtsverkehr kam, beträgt 20 Jahre. Wenn
jemand strafrechtlich verurteilt wird, dann nur, wenn es noch nicht verjährt
ist. Und dann kann man gegen die Person auch zivilrechtlich vorgehen - da verjährt
der Anspruch erst nach 30 Jahren". Schostal geht aber davon aus, dass sich
unter den "hunderten Opfern", die sich dem Verein anschließen werden,
etliche Fälle sind, die noch nicht verjährt sind.
Und es muss vonseiten
der Kirche ordentlich Geld fließen, um eine drohende Klage abwenden zu können.
Schostal: "Wir lassen uns nicht mit 20.000 Euro abspeisen. Das wäre schlicht
und einfach lächerlich. Was diesen Leuten widerfahren ist, ist einfach ein absoluter
Wahnsinn. Das muss der Kirche entsprechend Geld wert sein. Im Fall eines jahrelangen
Missbrauchs sind 80.000 Euro mehr als angemessen."
Markus Rohrhofer
Eine ausgezeichnete Idee! Der katholischen Kirche für ihr Verhalten finanziell
auf den Pelz zu rücken, hat sich in den USA ausgezeichnet bewährt!
Vielleicht
besteht auch in Österreich die Chance, dass Kirchengelder statt für mythische
"Seelsorge" für konkrete irdische Opferfürsorge ausgegeben werden!