Theologe Küng fordert Revolte gegen den Papst

Der Tübinger Theologe Hans Küng hat die Bischöfe dazu ermuntert, auch gegen den Willen des Papstes Reformen in der katholischen Kirche einzuleiten.

Der Tübinger Theologe Hans Küng hat die Bischöfe zum Widerstand gegen den Papst aufgerufen. Am Tag vor dem 83. Geburtstag von Benedikt XVI. an diesem Freitag (16. 4.) schrieb Küng in einem offenen Brief an die Bischöfe, sie dürften nicht wie "Statisten ohne Recht und Stimme wirken". Es sei dringend nötig, dass Reformen in der Kirche notfalls gegen den Willen des Papstes angeschoben würden. Küngs Brief wurde am 15.4. unter anderem in der "Süddeutschen Zeitung" und der "Neuen Zürcher Zeitung" veröffentlicht. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wollten Küngs Schreiben nicht kommentieren.

Küng mahnte die Bischöfe, sie hätten zwar einen Gehorsamseid gegenüber dem Papst abgelegt - sie wüssten aber auch, "dass uneingeschränkter Gehorsam nie einer menschlichen Autorität, sondern Gott allein geschuldet ist". Er appellierte:: "Schicken Sie keine Ergebenheitsadresse nach Rom, sondern Reformforderungen!"

Zudem könnten die Bischöfe gemeinsam mit Priestern und Laien in einzelnen Gemeinden bewusst gegen den Willen des Papstes verstoßen. Als Beispiel nannte Küng das Zölibat: "Ein Priester, der nach reiflicher Überlegung zu heiraten gedenkt, müsste nicht automatisch von seinem Amt zurücktreten, wenn Bischof und Gemeinde hinter ihm stehen."

Benedikt XVI., der an diesem Montag (19.4.) fünf Jahre im Amt ist, finde nicht die Wege, um die Kirche aus ihrer tiefsten Vertrauenskrise seit der Reformation zu führen, schrieb Küng. Der Papst wende sich mit seiner Politik gegen die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und präsentiere sich als einen "absolutistischen Stellvertreter Christi".

Auch der Regensburger Professor und Papst-Freund Wolfgang Beinert sieht die Kirche vor epochalen Umwälzungen. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa sagte er, die Kirche sei zuletzt durch die Missbrauchsfälle zu einem Überdenken ihrer Sexualmoral gezwungen worden. "Die Anordnung, Missbrauchsfälle in der Kirche der Staatsanwaltschaft zu übergeben, ist der faktische Verzicht auf die traditionelle "societas perfecta"-Lehre, wonach die Kirche eine in sich geschlossene vollkommene Gesellschaft sei."

Auch der Stellenwert der Gläubigen, die in der Kirche kein geistliches Amt haben, müsse "neu umschrieben werden", forderte Beinert. Benedikts Pontifikat wachse vermutlich eine "Scharnierfunktion" zu. Spätestens seine Nachfolger werden der Kirche einen besseren Zugang zur modernen Welt verschaffen.

APN/DPA

Die Kirchenkrise hat einen hohen Unterhaltungswert. Man kann hoffen, dass das noch einige Zeit so fort geht. Antiklerikale Homepages schreiben sich quasi von selber.

Innerkirchlich debattiert man darüber, wer den schöneren Jesus auf die Bühne stellen könnte, aber es ändert ja nichts, ob mit oder ohne Zölibat, ob mit oder ohne weibliche Priester: Die Geschichte vom Gottessohn Jesus, der zwecks Erlösung der Menschen von ihrem sündhaften Leben ans Kreuz genagelt hätte werden müssen, ist eine Geschichte, die in unseren Breiten für immer weniger Leute Bedeutung hat.