Rehabilitierter Pius-Bischof verurteilt

Die Geschichte vom Vatikan, den Piusbrüdern und deren Holocaustleugner-Bischof Williamson ist ja bekannt, hier eine Zusammenfassung aus dem Jänner 2009:

Wie Kathpress am 24.1.2009 meldete, hat der Papst die Exkommunikation der vier lefebvrianischen Bischöfe aufgehoben, die 1988 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) illegal geweiht worden waren.
Die Lefebvrianer lehnen zahlreiche Reformen und verpflichtende Festlegungen des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, so das Selbstverständnis der Kirche, die Haltung zu den anderen christlichen Kirchen und zu den nichtchristlichen Religionen sowie die Aussagen zur Religionsfreiheit. Lefebvre und seine Anhänger waren 1988 von Papst Johannes Paul II. exkommuniziert worden.
Die in der so genannten Pius-Gemeinschaft organisierten Lefebvre-Anhänger gelten selbst für katholische Verhältnisse als extrem konservativ bis rechtsextrem. So war etwa (bis zur Williamson-Affäre) der FPÖ/BZÖ-Politiker Ewald Stadler diesbezüglich engagiert.
Einer der jetzt begnadigten vier Lefebvre-Bischöfe, der Brite Richard Williamson, hatte in einem Interview im Dezember 2008 in Deutschland geführten mit dem schwedischen TV-Sender SVT bestritten, dass die Nazis sechs Millionen jüdische Menschen ermordet haben. "Ich denke, dass 200.000 bis 300.000 Juden in NS-Konzentrationslagern starben, aber keiner von ihnen in Gaskammern". Der Bischof berief sich dabei auf den amerikanischen Holocaust-Leugner, Fred Leuchter. Das Interview wurde kurz nach der Aufhebung der Exkommunikation im schwedischen Fernsehen ausgestrahlt.

Hier das Video mit dem Interview (auf englisch mit deutschen Untertiteln):

Würde er solche Äußerungen in Österreich machen, hätte er mit einem Verfahren wegen NS-Wiederbetätigung zu rechnen.

In der Folge drückte sich Willamson vor einer Distanzierung, er entschuldigte sich im Februar 2009 in dem er am Thema vorbeiredete:
".. In Anbetracht dieser Folgen kann ich wahrheitsgemäß sagen, dass es mir leid tut, diese Bemerkungen gemacht zu haben, und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich im Vorhinein um den ganzen Schaden und den Schmerz gewusst hätte, die diese verursachen würden, besonders der Kirche, aber ebenso den Überlebenden und den Verwandten der Opfer der Ungerechtigkeit unter dem Dritten Reich. Im schwedischen Fernsehen habe ich nur die Meinung ( "Ich glaube", "Ich glaube") eines Nicht-Historikers geäußert, eine Meinung, die sich vor 20 Jahren auf Grundlage der damals verfügbaren Beweise herausgebildet hat und seither selten in der Öffentlichkeit geäußert worden ist. Nichtsdestoweniger haben mich die Ereignisse der letzten Wochen und der Rat von älteren Mitgliedern der Bruderschaft des hl. Pius X. von meiner Verantwortung für die verursachten großen Schwierigkeiten überzeugt. Ich bitte alle, die sich aufgrund meiner Worte aufrichtig entrüstet haben, vor Gott um Vergebung. Wie der Heilige Vater gesagt hat: Jeder Akt ungerechter Gewalt gegen auch nur einen Menschen verletzt die gesamte Menschheit."

Er bedauerte es also nur, dass sein neonazistischer "Glaube" Schwierigkeiten erzeugt habe. Als Ausrede diente ein Papstzitat: "Jeder Akt ungerechter Gewalt gegen auch nur einen Menschen verletzt die gesamte Menschheit." Demnach ist es somit egal, ob in den NS-KZs ein Jude ungerechte Gewalt erlitt oder - wie es die Neonazis propagieren - 300.000 oder in Wahrheit sechs Millionen Juden umgebracht wurden.

Ein gutes Jahr später:

Bischof Williamson wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe verurteilt

ORF: Das Amtsgericht Regensburg hat den zur traditionalistischen Piusbruderschaft gehörenden Bischof Richard Williamson am Freitag (16.4.) wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro verurteilt.

Der 70-jährige Brite hatte in einem nahe Regensburg aufgezeichneten TV-Interview den Massenmord an den Juden in den Nazi-Gaskammern bestritten. Mit dem Urteil blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Strafe in Höhe von 12.000 Euro gefordert hatte. Einen Strafbefehl über diese Summe hatte Williamson im Vorfeld abgelehnt, weshalb es zu dem Prozess kam. Der Verteidiger des britischen Bischofs Matthias Loßmann plädierte auf Freispruch. Loßmann bestritt zwar nicht, dass der Bischof den Holocaust verharmlost habe. Aber er habe nicht vorsätzlich gehandelt, da er in dem Interview überraschend nach diesem Thema gefragt worden sei.

Anschließend habe er den schwedischen TV-Mitarbeitern gesagt, dass dieser Beitrag nicht in Deutschland gezeigt werden dürfe. Ausgestrahlt wurde das Interview erst Monate später, nachdem der Papst die Exkommunikation der vier von dem verstorbenen Konzilsgegner Erzbischof Marcel Lefebvre unerlaubt geweihten Traditionalisten-Bischöfe - Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Galaretta - aufgehoben hatte.

Auch die drei als Zeugen geladenen Fernsehjournalisten aus Schweden blieben der Verhandlung fern. Vorgelesen wurde ein Schreiben der Rechtsabteilung des Senders, aus dem klar hervorging, dass die Reporter keine Aussage vor Gericht machen würden. Das schwedische Justizministerium lehnte ein Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Regensburg ab. In dem ebenfalls vor Gericht verlesenen Brief beruft sich das Ministerium auf die in Schweden geltende Meinungs- und Mitteilungsfreiheit im Fernsehen, durch die sich niemand für etwas strafbar mache, das er in einem Interview gesagt habe. Dementsprechend sei Schweden nicht bereit, die deutsche Strafverfolgung zu unterstützen.

In dem Interview war es fast nur um Kirchenthemen gegangen. Williamson hatte aber bereits 20 Jahre vorher in der kanadischen Provinz Québec den Völkermord an den Juden angezweifelt. Deswegen konfrontierte der schwedische Reporter ihn mit diesen früheren Aussagen. Williamson erklärte daraufhin: "Ich glaube, es gab keine Gaskammern... Ich glaube, dass zwei- oder dreihunderttausend Juden in Nazi-Konzentrationlagern umkamen, aber nicht so." Er glaube nicht, "dass sechs Millionen Juden vergast wurden". Loßmann erklärte, dass Williamson von dem Fernsehteam quasi überrumpelt worden sei. "Er ist in eine Falle getappt."

Oberstaatsanwalt Edgar Zach ging hingegen von einem Vorsatz aus. Williamson habe ein erstrebtes Ziel gehabt: "Er wollte seine wirren Ansichten an den Mann bringen." Zach sagte, bei solchen Holocaust-Leugnern gebe es einen "pathologischen Drang" dazu. Ein Fernsehinterview vor einem Millionenpublikum sei dazu das geeignete Mittel. Die Amtsrichterin Karin Frahm schloss sich der rechtlichen Bewertung der Staatsanwaltschaft an. Ihrer Meinung nach ging es gar nicht darum, ob das Interview für den deutschen Medienmarkt gedacht war. Auch eine Ausstrahlung in Schweden reiche aus, dass die strafbaren Inhalte in Deutschland bekannt würden. Frahm sprach davon, dass Williamsons Überzeugungen in "Verblendungen abgleiten" würden. In dem Prozess war erörtert worden, dass der 70-Jährige auch bei den Anschlägen vom 11. September 2001 Verschwörungstheorien unterstütze, wonach die US-Regierung mit den Terrorakten etwas zu tun habe. (ORF-Meldung vom 16.4.2010)

Warum Williamson nicht am Prozess teilnahm? Der Pius-Generalobere hatte es ihm verboten. Er dürfe keine öffentlichen Gespräche führen, die sich nicht ausschließlich um religiöse Themen drehten, das umfasse auch die Teilnahme am Prozess in Regensburg, er solle sich dem Gericht nicht stellen und es den Anwälten ermöglichen, "die Lage zu Ihrem Vorteil zu rekonstruieren" hieß es dazu in einem von der "Süddeutsche Zeitung" am 15.4. Artikel, der Zeitung lag das diesbezügliche Schreiben des Oberpius Bernard Fellay vor. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Rechtsvertreter Williamsons kündigten Berufung an.

Ratzinger und Vatikan haben zur Angelegenheit der Piusbrüder seit dem Frühjahr 2009 offiziell nichts mehr verlauten lassen. Inoffiziell gingen allerdings die Bemühungen weiter, die Abspalter zurück in die römisch-katholische Kirche zu bekommen. Denn katholisch sind die Piusbrüder, zumindest weitaus katholischer als 99 Prozent der Katholiken in Österreich. Allerdings man wird für weitere Schritte jetzt vermutlich warten, bis sich der 70-jährige Herr Willamson aufs Altenteil zurückzieht. Die von Ratzinger im Zuge Bemühungen um die Aussöhnung mit den Piusbrüdern wieder allgemein zugelassene lateinische Messe hat übrigens beim Publikum keine nennenswerte Nachfrage gefunden.