Kreationistische "Wissenschaft" tagte

Die Wissenschaft will mit Schöpfergöttern und persönlichen ins Weltgeschehen eingreifenden Göttern herzlich wenig zutun haben. Darum wird von religiösen Gruppen immer wieder versucht, wenigstens den Anschein erwecken zu können, als ob der Widerspruch zwischen Glauben und Wissenschaft ein lösbarer, ein überbrückbarer wäre.

Vom 3. bis 6. Juni 2010 fand in Rehe (Rheinland-Pfalz) eine Tagung der "Studiengemeinschaft Wort und Wissen" statt, Das "Wort" ist natürlich das "Wort Gottes", das "Wissen" soll von einigen religiös gehemmten Wissenschaftlern vertreten werden. Z.B. der Professor für angewandte Physik, Thomas Schimmel, von der Uni Karlsruhe, der seine religiöse Unterfutterung mit dem Spruch "Je mehr wir von der Natur entdecken, desto größer wird Gott" kundtat.

Es herrscht bei dieser Art von der Gelehrten immer derselbe grundlegende Denkfehler: sie verwechseln im elementaren Herangehen Ursache und Wirkung: die bis ins kleinste Detail abgestimmten Gesetzmäßigkeiten in der Natur weise auf das Wirken eines Schöpfers. Somit sei die physikalischen Funktion so eingerichtet worden, dass genau das herauskommt, was eben existiert. Der weitaus einfachere und weitaus näher liegende Schluss, dass das Existierende eben so ist wie es ist, die Folge der herrschenden Gesetzmäßigkeiten ist und nicht das Ergebnis die Voraussetzung für die Ursache, das überfordert offenbar einen religiös konditionierten Physiker völlig. Immerhin muss auch der Herr Schimmel zugeben, einen Gott kann er physikalisch nicht beweisen, er kann ihn nur religiös vermuten. Was aber - wie er meint - egal sei, weil wir nicht Gott suchen müssten, weil Gott uns finde. Demnach hätten sich die weitaus meisten Wissenschaftler wohl deutlich besser versteckt als der Herr Professor Schimmel.

200 Leute tagten in Rehe, dreizehn als Professoren bezeichnete Personen wurden in den neu geschaffenen "wissenschaftlichen Beirat" des Vereines aufgenommen. Darunter natürlich auch Theologen. Theologie gilt zwar als akademisches Wissensstudium, gar als "Geisteswissenschaft", aber es ist doch nur eine "Geisterwissenschaft" und bloß aus traditionellen Gründen immer noch akademisch. Vorsitzender ist eine Mediziner namens Henrik Ullrich aus Riesa, der meinte, der neue Beirat solle die Arbeit von "Wort und Wissen" kritisch begleiten und als respektable Gesprächspartner im Dialog mit der säkularen Wissenschaft fungieren. Der Verein, der sechs hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt, betreibe "eine solide wissenschaftliche Arbeit unter der Prämisse, dass die Welt einen Schöpfer hat". Mit nimmt also eine in keiner Weise belegbare Prämisse an und glaubt dann dennoch "wissenschaftlich" zu arbeiten und die Welt der wirklichen Wissenschaften damit beeindrucken zu können. Dafür brauchst einen starken Glauben!

Der Geschäftsführer namens Reinhard Junker sieht als Hauptaufgabe der Organisation, wissenschaftliche Erkenntnisse biblisch deuten. Also z.B. die Evolutionstheorie kritische zu hinterfragen, weil diese davon ausgeht, dass sich das Leben ohne Schöpfer entwickelt hat. Die Darwinisten würden behaupten, dass Kreationisten gefährlich viel Zulauf hätten. Aber das sei gar nicht wahr: "Das Interesse an unserer Arbeit ist leider bestenfalls gleich bleibend auf einem relativ niedrigen Niveau."

Ja, das stimmt sicher. Dieser evangelikale Verein schickt zwar regelmäßig 10.000 Botschaften an entsprechend bibeltreue Christen aus, aber dieser "wissenschaftliche" Kreationismus wird nirgendwo ein Leiberl reißen, außer bei Leuten, die sowieso besonders religiös konditioniert sind. Und das werden in Europa immer weniger.